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Salomon Maimon in Berlin

Full text: Aus Berlins Vergangenheit / Fischer, Leopold Hermann (Public Domain)

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und BZuftände, fowie Darftelungen auZ dem Leben der gebil- 
deten jüdijhen Kreije in Berlin vor 100 Jahren unfere lebhafte 
Teilnahme. Dieje leßteren follen, da Maimons Selbftbiographie 
außerhalb des Kreifes der Fachgelehrten wenig bekannt ift, an 
diejer Stelle al8 ein Beitrag zur Kulturgefhichte Berlin mit: 
geteilt werden. 
Salomon Maimon wurde im Jahre 1754 auf einem Radzi 
wiNjchen Gute bei Mirz in polnifchH Litthauen als der Enkel 
eine8 jitdijhen Güterpächter3 und der Sohn eines Rabbiner 
geboren. Den erften Unterricht erhielt er von feinem Vater, der 
ihm verbot, außer dem Zalmud irgend ein BuchH zu efen. 
WAnein der fiebenjährige Knabe Kieft zur Nachtzeit heimlich ein 
aftronomifdhes Buch und e8 gelingt ihn, obwohl er nie von den 
Elementen der Mathematik etwa3 gejehen und gehört Hatte, fih 
eine Borftellung vom Himmelsglobus zu verfchaffen, ja er ver: 
fertigt fi felbft aus geflochtenen Ruten eine Hamilklarjphäre. 
Der jo befähigte Knabe bewies fi als folcher audH in der 
Talmudijten/hHule zu Imwenez; mit feinem elften Jahre Hätte er 
fchon einen Rabbiner abgeben fönnen. In diefjem Alter wurde 
er auch verheiratet, mit feinem 14. wurde er Vater. AWber Fra 
und Schwiegermutter behandelten ihn IHhlecht, fo daß er das 
HauZ verließ und fihH al? Privatlehrer erhielt. Für feinen 
Wifjensdurft und feine Energie ijft die Art und Weije bezeich- 
nend, auf welche er deutjch lejfen lernte. An einigen fehr um: 
fangreicden hebräijdhen Büchern bemerkte er, daß zur Bezeichnung 
ihrer Bogenzahl da3 Hebräifche Alphabet nicht ausreichend ge- 
wejen war und daß neben den Hebräifhen noch andere Buch 
jtaben, Iateinijhe und Ddeutfche, verwendet waren. Au den 
daneben gefeßten Hebräijchen errät er den Laut der fremben 
Beichen und lernt fo deutfch lejen. 
Um ein fabbaliftijdhes Buch zu {tudieren, welcdheS der Unter: 
rabbiner von NMefjhwig in der Synagoge verborgen Hält, läßt er 
fi in die Synagoge einfchließen und Kieft in dem geliebten 
Buche den ganzen Tag über, ohne zu effen und zu trinken, und 
jeßt dies mehrere Tage fort. Auf feine Bitten leiht ihm der 
Unterrabbiner noch andere kabbaliftijhe Bücher, fo daß Maimon
	        
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