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die Ausdrücke feiner Liebe gaben mir noch unbewußt den legten
Segen. Um Abend vor feinem Ende wurden ihn Hände und
Kopf fehr Kalt und wir fürchteten eine IHlimme Nacht; fein
lepteS Wort zu mir und überhaupt war: Iaß Dir etwas jhönes
träumen, (id) lege mir dieß nun für den vielleicht nod ferneren
Traum des Lebens aus).
rüh um 4 Uhr röchelte er Jhon fehr und Iprach nicht
mebr, jah un8 auch nicht mehr.
Da bemerkte ih, daß feine Zunge fchon erftarrt, diejes
Werkzeug jo Holder Stimme und Kiebliher Töne, der Kampf
dauerte wohl zwei Stunden, war aber nicht Heftig und nach
Scch5 {ftieß er den legten Seufzer au und feine große Seele
war erlöst au8 den Banden diejes gebrechlihen Körpers. Ich
betete den Ver aus dem jHönen Liede: DO Haupt voll Blut
und Wunden — Und wenn ih einft fol {cheiden, fo {Heide
nicht von mir 2. — Seine Todeshülle Jah würdig {Hön aus
wie Dante,
Seine Beftattung war eine angemefjene, erhebende. Ich
Hatte den 1 ©” ir diefen Sänger des Hrühlings dazu ge:
wählt, und denken Sie und fühlen Sie mit mir, im Augenblick,
al$ er Hinuantergefenft wurde, {Hlug eine Nachtigall fo Ichön
und laut, daß eS alle erfaßte.
Seit vierzehn Tagen ift die treue Pflegerin meine8 Vaters
zum Bejuch bei mir, fie ft über zwanzig Fahre in unferem
Haufe, und von ihr Hörte ih denn auch zu meiner, wie gewiß
zu Ihrer Freude, daß mein Vater fi noch fehr über Ihren
theuren Brief wie über die Blüthen gefreut.
och immer fteht Ihr Bild, wie ich e8 in meiner Iugend
in Heilbronn Jah, ganz Iebhaft vor mir; e& war ein fHöner
Zag. Ich habe feitdem viel erlebt, ale meine Lieben geftorben,
und die Vergangenheit liegt, wenn auch nicht im Geilte, doch
im Wefen erftorben Hinter mir.
Darf ih Sie bitten, Ihre verehrte Frau von mir zu grüßen
und ihre Hand zu Kiffen, Gott gebe Ihnen beiden Sejundheit!!
Denken Sie auch in Liebe Ihrer treuergebenen
Nagne8 Alberti.“