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Die erfte Bekanntjehaft beider Männer fällt in das Jahr
1828. Tieck reifte damalz mit feiner Tochter Dorothea von
Teplik nad) Baden-Baden uns fuchte in Schwaben u. a. die
Bekanntjchaft Iuftinus Kerner8 und Wolfgang Menzel$ zu
machen. Nach Weinsberg 3z0g ihn der Auf des Seifterhaufes,
in dem damals di: Seherin von Prevorft Iebte. Daß er gaft-
lid aufgenommen wurde, ift jelbftverftändlidh; daß die unglück-
liche Fran ihm regeS Interefje einflößte, unzweifelhaft. Beginnt
doch der Brief, welchen IuftinuZ zwei Jahre fpäter an ihn rich:
tete, mit den Worten: „Sie werden fich vielleicht meiner nicht
mehr — aber wohl des Stuhles erinnern, auf dem Sie auf
dem alten Thurme zu Weinsberg faßen und auf die Gebirge
jahen. In diefen ft nun das Grab jener unglücklichen Frau,
die Sie damals mit Ihrem Befuche erfreuten. Ihre Sejhichte,
au8 der ich Ihnen damals einige Blätter vorlas, {ft inzwijchen
auf dem Markte erjchienen.“ Die reichbegabte Dorothea Tief
machte auf die unglücklihe Seherin einen tiefen Eindrud. Kerner
jchreibt in demjelben Briefe: „Sagen Sie ihr (der Dorothea),
daß die verftorbene Fran noch viele von ihr gefprochen, was
ich ihr ger fagen möchte.“ Wie fih Tiek Kerners und Eichen:
mayer3 Seifterglauben gegenüber verhielt, erfahren wir nicht;
wohl nicht völlig abweifend, denn in dem erwähnten Schreiben
bittet ihn Kerner, zur Abwehr der Heftigen Angriffe Wolfgang
Menzel? gegen die Gejchichte der Seherin von Prevorit „Nur
ein Wort über die Gejdhichte öffentlich zu jprechen, nur den
Eindruck zu bezeichnen, den dieje Frau auf Ihn gemacht.“ Der
vorhandene Briefwechfel Läßt nicht erkennen, vb und in welcher
Weije Tiek dem Wunjche Kerners ncHaefommen ift. Der Un-
fang des unten mitzuteilenden Briefe. Tieds an Iuftinus vom
22, Mai 1841 legt aber die Beru..iang nahe, daß jener die
Bitte abgefhlagen hatte. Dazu ftimmt eine Nußerung Kerner?
an Karl Mayer: „Ich glaube an Teufel und SGefjpenfter . . . -
(e8 ift auch nicht ander8, fie eriftiren einmal) und er [Lenau}
dichtet fie nur und glaubt daher nicht an fie, wie feiner an
feine eigenen Schöpfungen glaubt. Das habe ih an Tieck {ehr
chön erlebt (Karl Mayer, Ludwig Ubland (1867) II, 148).