Steuer- und Zollblatt für Berlin 15. Jahrgang Nr. 77 30. Dezember 1965 „859
als Sonderausgaben abziehen. Für dauernde Lasten gilt aus 88 825 und 847 BGB zu entscheiden, zu deren Abfindung
dagegen diese Einschränkung nicht; sie können in vol- eine lebenslängliche Geldrente zugesagt. war. Es führte
lem Umfang als Sonderausgaben abgesetzt werden. aus: Grundlage für die Ansprüche der Klägerin sei, daß
Das Finanzgericht hat — entgegen der Auffassung des durch die .Abrede ein aus unerlaubter Handlung hergelei-
Finanzamts — die Zahlungen des Bg. nicht als Leibrenten teter Schadensersatzanspruch geregelt werde. Während bei
gewürdigt. Dem ist zuzustimmen. In der Entscheidung VI Leibrentenverträgen die rechtliche Bedeutung der Einzel-
105/61 U.vom 29. März 1962 (BStBl. 1962 III S. 304, Sig. bezüge sich durch die Nutzung eines besonderen Renten-
Bd. 75 S. 96%) hat der Senat zum Begriff „Leibrente“ rechts erschöpfe, blieben hier die Einzelbezüge zufolge ihrer
in 8 10 Abs. 1 Ziff. L und 8 22 Ziff. La EStG ausgeführt, gesetzlichen Grundlage. Schadensersatz aus unerlaubter
daß, wenn in Steuergesetzen Begriffe verwendet werden, Handlung. Ebenso hat das. Oberlandesgericht Hamburg
die im bürgerlichen Recht einen bestimmten Inhalt haben, („Recht“ 1916 Nr. 1106) entschieden. Dieser Rechtsaus-
sie steuerrechtlich wegen der Einheit der Rechtsordnung legung tritt der Senat bei, Sie gilt besonders für die Fälle,
und im Interesse der Rechtsklarheit und der Rechtssicher- in denen die Rentenform des Schadensersatzes nicht, wie
heit ebenso auszulegen sind, sofern sie nicht nach dem in den Er ar er den EEE Un Sem Ver-
erkennbaren Willen des Gesetzgebers im Steuerrecht rag, sondern unmittelbar auf dem Gesetz beruht.
anders aufzufassen sind. Der Senat hat deshalb den Begriff a
Leibrente im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichs- Bei einer Schadensren te nach $ 844 Abs. 2 BGB fehlt
gerichts und des Bundesgerichtshofs bestimmt als: „ein CS aD SION selbständigen ACT EOS OSLE das nach
einheitliches nutzbares Recht, das dem Berechtigten für die der Eat De Zivi nr N UWE Grundlage
Lebensdauer eines Menschen eingeräumt ist, und dessen rar en Penn ten je einze'nen “ah ungen müssen Er-
Erträge aus fortlaufend wiederkehrenden gleichmäßigen Tag ‚dieses SH enstammrechts en, und dürfen von dem
Leistungen in Geld oder vertretbaren Sachen bestehen“. rechtlichen und wirtschaftlichen Hintergrund des Stamm-
n T rechts nur noch mittelbar abhängen. In der Gewährung
AHCEr Grund eübe BE SE 2. BGB ae REDE des Rentenstammrechts liegt schon der erste Erfüllungs-
jebenen gegenüber dem Bg. einen Schadensersatz akt, der dann seinerseits neue Ansprüche in Form der ein-
spruch, der „durch Entrichtung einer Geldrente‘“ zu eF- „zelnen Rentenleistungen schafft (RGZ Band 67 S. 210, 211).
füllen ist. Es handelt sich um einen echten Schadens- Bei Schadensersatzleistungen aus $ 844 BGB beruht aber
ersatzanspruch, nicht um einen Unterhaltsanspruch (Ent- jede einzelne Zahlung unmittelbar auf dieser gesetzlichen
N TUR ra ES BA nach Pu Se0- 50 ar OS der Vorschrift und ist unmittelbare Schadensersatzleistung.
Reichsversicherungsordnung (RVO) an die Hinterbliebenen den T N HIE DCR N Org clean Pte er AS
eine Witwen- und Waisenrente gezahlt hatte, gingen die Rente in Kapital abgefunden wird, sei es auf begründetes
Schadensersatzansprüche der Hinterbliebenen gegen den Verlangen des Geschädigten nach $ 843 Abs. 3 BGB, sei
Bg. gemäß $ 1542 RVO auf die B£A über. Durch diesen Über- os auf Vereinbarung der Beteiligten, so handelt es sich nur
gang ändert sich das Wesen des Anspruchs als Schadens- {m einen rechnerischen Vorgang, dessen wesentlicher Inhalt
ersatzanspruch CN: ; | Zinsrechnungen sind. Gegenstand der Ablösung ist aber
Die gegenwärtige Streitfrage, ob die aus $ 844 BGB auch dann nicht ein zwischen den ursprünglichen Zahlungs-
geschuldete Rente eine „Leibrente‘“ ist, ist ebenfalls nach grund und die Einzelzahlung getretenes selbständiges Ren-
bürgerlichem Recht zu beurteilen. Dort wird sie allerdings tenstammrecht, sondern der durch eine Geldrente zu erfül-
Eher desnan (Hecht dr BUG WARaRE SoMck Balkan 200 26. A 266 1 in Sei
CC = mn erhältnisse, notarielle Beurkundung vom 16. Juli ist im übrigen
15. Bearbeitung, 1958, S. 774); Soergel-Siebert (Kommentar die Rechtslage nicht geändert worden. Die Urkunde sollte
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. schaffen S. iff. er Zivilprozeßordnung).
offenbar verneint). Keine Leibrente nehmen z. B. an Planck P g
(Kommentar zum BGB, 4. Auflage, 1928, vor $ 759 unter Ist demnach die Schadensrente aus $ 844 BGB keine
I); Achilles-Greiff (Kommentar zum BGB, 21. Auflage, Leibrente, so kann der Bg. die Zahlungen als dauernde
1958, vor $ 759); Kommentar von Reichsgerichtsräten Last ungekürzt als Sonderausgaben DE wie das
und Bundesrichtern zum BGB (11. Auflage, 1960, $ 759 Finanzgericht zutreffend angenommen hat.
Anm. 7); Palandt (Kommentar zum BGB, 24. Auflage, 1965, Beim Streitwert war zu berücksichtigen, daß das Finanz-
$ 759 Anm. 2c). Das Reichsgericht hat eine Leibrente „mt im Berufungsverfahren seinen Antrag im Sinne der
verneint. In RGZ Band 89 S. 259 hatte es über Ansprüche S8 28, 25 EStDV 1957/1958 gegenüber der Veranlagung
2) StZBl. Bln. 1962 S. 1645 eingeschränkt hat.
Wohnungsbauprämie — Einkommensteuer der Bgin., die im Jahre 1959 geheiratet hat, und ihrem Ehe-
Urteil des BFH vom 19. Februar 1965 — VI 274/63 U!) mann als Wohnung; in den übrigen Wohnräumen wohnen
(StZBI. Berlin 1965 8. 1859) ihre Eltern und. eine ledige Tante. Da etwa 80 v. H. der
1. Es sfeht der Gewährung on Wohnungsbauprämie DEAN ee ag A OD an nn
- 8 as Finanzamt unter Hinweis au schn. s. 2 in
nicht entgegen, wenn ein Bausparer d’e vor Ablauf der Verbindung mit Abschn. 93 Abs. 3 EStR 1957 die bean-
Sperrfrist von der Bausparkasse zugeteilte und ausge- tragte Wohnungsbauprämie von 400 DM für das Jahr 1957
zahlte Bausparsumme unverzüglich einem Bauherrn über- ab. Der Einspruch hiergegen wurde als unbegründet zurück-
läßt, der sie zur Finanzierung des Baues eines Hauses mit- gewiesen.
verwendet, in dem der Bausparer eine Wohnung erhält. Die Berufung der Bein. hatte dagegen Erfolg Das Fi
- 2. Es ist ohne Bedeutung, in welchem Umfang das er nanzgericht billigte ihr die beantragte Wohnungsbauprämie
richtete Haus Wohnzwecken und gewerblichen Zwecken % nn am
dient. Voraussetzung ist nur, daß die Bausparsumme nicht Y°% 400 DM zu. Zur Begründung führte es aus: Die Aus-
höher ist als die Baukosten ’der Wohnung des Bausparers zahlung der Bausparsumme vor Ablauf der fünfjährigen
Ss ” Sperrfrist sei prämienunschädlich, weil die Bgin. das Geld
ST ES 2 Dr le a Abs: 2; EStG 1955 8 10 für den Bau ihrer Wohnung verwendet habe. Wann eine
S. 1. 5 un S, A Verwendung: zum Wohnungsbau anzunehmen sei, habe
Die Bgin. hat im Jahre 1955 einen Bausparvertrag über weder das Wohnungsbau-Prämiengesetz (WoPG) noch die
20000 DM abgeschlossen, auf den sie im Jahre 1957 Durchführungsverordnung rechtsverbindlich festgelegt. Die
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za at. Der Bausparvertrag wurde im Jahre zu- habe und die der Bundesfinanzhof im Urtel
geteilt. Die an die Bgin. ausgezahlte Bausparsumme wurde vom 18. September 1959 (BStBl. 1959.11I 5. 464, Slg. Bd. 69
bei dem Bau eines von der Mutter errichteten Gebäudes S. 546%) als zutreffende Auslegung des Gesetzes anerkannt
verwendet, das im Erdgeschoß eine Gastwirtschaft ent- habe, sei für die Steuergerichte nicht verbindlich. Es komme
hielt, im ersten Stock einen Versammlungsraum und zwei darauf an, ob die Verwendung im Einzelfall dem Zweck
Wohnzimmer mit Bad und WC, im zweiten Stock sechs des Gesetzes entspreche, das das Sparen mit dem Ziele
Zimmer sowie Bad und WC. Ein Teil der Wohnräume dient des Erwerbs oder der Schaffung einer Wohnung fördern
1) BStBl. 1965 III S. 371 2) StZBl. Bln. 1960 S. 33
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