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Volume Nummer 70, 10. November 1965

Full text: Steuer- und Zollblatt für Berlin (Public Domain) Ausgabe 15.1965,2 (Public Domain)

W712 Steuer- und Zollblatt für Berlin 15. Jahrgang Nr.70 19. November 1965 
Erwägungen anstellt, um sich bei der weiteren Suche nicht ' wenngleich nach dem Gesetzeswortlaut fortgesetzte Tätig- 
ins uferlose zu verlieren, hat für die Frage der Berufs- keiten nicht von vornherein ausscheiden. Es muß sich aber 
ähnlichkeit keine Bedeutung. Die Zwischenschaltung dieser immer um die im 8 18 Abs.1l Ziff.3 EStG genannten 
erbrechtlichen Erwägungen ändert nichts daran, daß die Testamentsvollstrecker und Vermögensverwalter oder um 
Suche nach unbekannten Erben, wie der Bf. sie betreibt, im Tätigkeiten handeln, die denen der Testamentsvollstrecker 
ganzen gesehen für den Rechtsanwaltsberuf nicht charakte- und Vermögensverwalter ganz ähnlich sind (vgl. Urteile 
ristisch ist. Ebensowenig würde es für eine Ähnlichkeit des Bundesfinanzhofs IV 197/50 U vom 16. März 1951, 
ausreichen, wenn die Arbeit des Bf., wie die des Rechts- BStBl. 1951 III S. 97, Slg. Bd. 55 8. 255%; IV 77/53 S vom 
anwalts, im Öffentlichen Interesse läge. Ein allgemeiner 17. Februar 1955, BStBl. 1955 III S. 100, Slg. Bd. 60 S. 25710; 
Grundsatz des Inhalts, daß jede im öffentlichen Interesse IV 404/60 U vom 29. März 1961, BStBl.1961 III S. 306, 
geleistete selbständige Tätigkeit freiberuflicher Art ist, Slg. Bd. 73 S. 1001): Diese Voraussetzungen erfüllt der Bf. 
besteht nicht (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 178/58 U vom bei der Erbensuche nicht. Weder obliegt ihm die Vollstrek- 
17. März 1960, BStBl. 1960 III S. 209; Slg. Bd. 70 S. 561”). kung von Testamenten noch die Verwaltung‘ von Ver- 
" : . mögen. Es kann dahingestellt bleiben, ob, wovon. der Bf. 
Ca hat das Finanzgericht auch in der Art der ausgeht, ein Nachlaßpfleger (8 1960 Abs.2 BGB) unter 
erwertung der Suchergebnisse ein dem Rechtsanwalts- $ 18 Abs. 1 Ziff, 3 EStG einzureihen ist: denn die Tätig- 
beruf fremdes Merkmal gesehen. Die gleiche Rechts- keit des Bf. hat mit derjenigen eines Nachlaß flegers Keine 
auffassung hat bereits der Reichsfinanzhof im Urteil 4° 0 Os . SCHI DIES 
ausreichende Ähnlichkeit. Der Nachlaßpfleger ist gesetz- 
VI718/38 vom 7. Dezember 1938 (RStBl. 1939 S. 215), das licher Vertreter des unbekannten Erben; als solcher hat 
ebenfalls einen Erbensucher betraf, vertreten. Der Reichs- er insbesondere den Nachlaß zu verwalten (8 2017 BGB: 
finanzhof hat darauf hingewiesen, die freiberufliche Tätig- Palandt, Kommentar zum BGB, 24. Aufl 8 1960 Anm. 5C €). 
keit der Rechtsbeistände oder Steuerberater könne nur Nur We: en dieser Ve It ’stäti I it. x : Gl : he 
darin bestehen, ihnen erteilte Aufträge in Rechtssachen en ‚VE WE UNESTATIE Ci Kann eine Gleich- 
N 2 ; x ; stellung mit dem im $ 18 Abs.1 Ziff.3 EStG genannten 
auszuführen, nicht aber ihrerseits Erben zu ermitteln, um Vermögensverwalter in Betracht kommen, nicht aber wegen 
diese dann zu veranlassen, ihnen den Auftrag zur Durch- der Suche nach unbekannten Erben Übris ens gilt hinsicht- 
setzung ihrer Rechtsansprüche zu erteilen. Ein Verfahren, lich der Suchtätigkeit für den Na  Chlaß fe er ähnliches 
in dem jemand Fälle aufspürt und dann an die Beteiligten wie für den N BECHSUNWAI die Täti keit. IS Bf. beruht 
herantritt, um von ihnen Aufträge zu erhalten, sei nicht darauf, daß Nachlaßpfi N a EC ) 
M ; ; z . . ; ; pfleger die Erben nicht selbst suchen, 
mehr Ausübung eines freien Berufs, wie sie bei Rechts- sondern sich seiner Hilfe bedienen 
anwälten usw. vorausgesetzt ist, sondern rein gewerbliches . 
Gebaren. Nach Auffassung des Senats gilt dies auch dann, Die Sucharbeit und Verhandlungen mit den Erben, um 
wenn das Aufspüren der Fälle sich beim Bf. darauf be- von ihnen mit der Durchsetzung der Erbansprüche beauf- 
schränkt, unbekannte Erben mit dem Ziele zu suchen, ihnen tragt zu werden, sind danach nicht als selbständige Arbeit 
seine Dienste anzubieten. im Sinne des Einkommensteuerrechts anzusehen. Es han- 
n Rh : . : . delt sich um eine selbständige, nachhaltige Betätigung, 
Die Suchtätigkeit des BE, ist auch nicht wissenschaftlich die mit Gewinnabsicht unternommen wird. Entgegen der 
schlechthin, Begrifflich ist dafür notwendig, daß eine hoch- Mei : : ni 
ar Er . "x ; einung des Bf. stellt sie auch eine Beteiligung am allge- 
stehende, besonders qualifizierte Tätigkeit ausgeübt wird, . ; : x 
: 21 KO ERS meinen wirtschaftlichen Verkehr dar, so daß die Merkmale 
die dazu befähigt, schwierige Streitfälle nach streng ob- eines Gewerbebetriebs erfüllt sind. (8 2 GewStG 1955, 8 1 
jektiven und sachlichen Gesichtspunkten zu lösen. Der Be- GC 7 815 f Yn 
x $ ak 3 . ewStDV 1955). Die Beteiligung am allgemeinen wirt- 
griff der Wissenschaft ist in besonderem Maße mit den schaftlichen Verkehr zeigt sich darin, daß. der Bf. die 
Disziplinen verbunden, die an den Hochschulen gelehrt Ergebnisse seiner Arbeit E die Kenntnis des Erbfalls und 
werden. Eine wissenschaftliche Tätigkeit setzt zwar kein a Gr rn eneigenschaft — allgemein Erben gegen Entlohnun 
Hochschulstudium, wohl aber wissenschaftliche Kenntnisse Zur Verfü «u stellt Daß im Einz N ra tr rn Destimumnte 
im Sinne dieser ea O Wissenschaft- Personen er N Balza, cht kommen, steht nicht entgegen. Die 
lich tätig ist nicht nur, wer schöpferische oder forschende . : . ? 5 ee 
Arbeit Teistet. (reine Wissenschaft), sondern auch, wer das 5726 des BE ist nicht Von vornherein auf ganz bestimmte 
aus der Forschung hervorgegangene Wissen und Erken- ; ; ; 1 ; . 
senschaft). Von wissenschaftlichen Arbeiten kann aber nur N DEIAt N » DEE ES Tor. m 
gesprochen werden, wenn grundsätzliche Fragen oder kon- sönlichen N rbeishrart uch die Werbung ist kein  Hotwen- 
krete Vorgänge methodisch in ihren Ursachen erforscht, diges Begriffsmerkmal (vgl. Urteil des Bundesnnanrhofs 
begründet und in einen Sinnzusammenhang gebracht wer- IV 178/58 U, aa0) ; 
den, wie z. B. in wissenschaftlichen Gutachten über schwie- ? . 
rige Streitfragen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs Ob der sich an die Erbenermittlung anschließende Teil 
IV 73/52 U vom 30. April 1952, BStBl. 1952 III S. 165, Slg. der Tätigkeit des Bf., nämlich die erbrechtliche Beratung, 
Bd. 56 S. 425%; IV 104/52 U vom 13. November 1952, BStBl. die Bemühungen zur Durchsetzung der Erbansprüche sowie 
1953 III S.33, Slg. Bd. 57 S. 83%). Der Bf. hat nur zwei die Regelung der Erbschaftsteuer und der Devisenangele- 
Semester an einer Universität studiert und sich dabei genheiten, auf wissenschaftlicher Grundlage beruht und 
hauptsächlich mit Geographie, Völkerkunde und Zeitungs- den Tätigkeiten eines Rechtsanwalts ähnelt (vgl. Urteile 
wissenschaft beschäftigt. Er mag sich durch den Hochschul- des Bundesfinanzhofs IV 54/61 U und IV 120/62 U aaO), 
besuch, ferner durch ausgedehnte Auslandsreisen und Be- kann dahingestellt bleiben. Dieser Teil der Tätigkeit hängt, 
schäftigung im väterlichen Büro eine umfassende All- wie das Finanzgericht zutreffend festgestellt hat, mit der 
gemeinbildung und auch besondere Berufskenntnisse an- Erbensuche und deren finanziellen Verwertung eng zusam- 
geeignet haben, um unbekannte Erben mit Erfolg suchen men. Der unlösbare Zusammenhang wird auch durch das 
zu können. Seine Suchtätigkeit beruht auf diesen durch einheitliche Entgelt bewiesen. Die Berufsausübung des Bf. 
langjährige Berufserfahrung vertieften Kenntnissen. Ihrer kann deshalb steuerlich nur einheitlich gewürdigt werden. 
Art nach stellt sie daher keine wissenschaftliche Tätigkeit Da ein recht erheblicher Teil auf die Erbensuche, die ge- 
im Sinne des $ 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG dar. Das ist offensicht- werblicher Art ist, entfällt, unterliegt die gesamte Tätig- 
lich, wenn man bedenkt, daß selbst die übliche praktische keit der Gewerbesteuer (Urteile des Bundesfinanzhofs 
Ausübung eines als wissenschaftlich zu kennzeichnenden I 116/55 U vom 23. Oktober 1956, BStBl. 1957 III 8.17, 
Berufs, z.B. als Arzt, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Slg. Bd. 64 S. 4612); IV 390/55 U vom 28. März 1957, BStBl. 
nicht den Begriff der wissenschaftlichen Tätigkeit im Sinne 1957 III S.182, Slg. Bd. 64 S. 49019). 
SEA DEE ET ae Se OSIDL Mn Sn Heranziehung zur Gewerbesteuer hat das Finanz- 
1957 III S. 129. Slg. Bd. 64 S. 3388). amt nicht den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt. 
Die Gewerbesteuer wird jeweils für einen bestimmten Zeit- 
Der Bf. fällt hinsichtlich der Erbensuche auch nicht unter abschnitt festgesetzt. Das Finanzamt hat deshalb die 
S$ 18 Abs.1 Ziff,3 EStG. Bei dieser Bestimmung ist in Steuerpflicht für jeden Veranlagungszeitraum erneut zu 
erster Linie an mehr gelegentliche Tätigkeiten gedacht, 
= 9) StZBl. Bln. 1951 S. 383 
5) StZBl. Bln. 1960 S. 833 (Leitsatz) 10) StZBl. Bln. 1955 S. 371 
6) StZBl. Bln. 1952 S. 558 11) StZBl. Bln. 1961 S. 1029 
7) StZBl. Bln. 1953 S. 240 12) StZBl. Bln. 1957 S. 646 
3) StZBl. Bln. 1957 S. 756 13) ‚StZBl. Bln. 1957 S. 899
	        
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