D64 Steuer- und Zollblatt für Berlin 15. Jahrgang Nr. 35 4. Juni 1965
Einkommensteuer S. 289%; IV 468/54 U vom 10. März 1955, BStBl. 1955 III
& S. 138, Slg. Bd. 60 S. 361”; IV 583/54 U vom 22. Dezember
Urteil des BFH vom 27. August 1964 — IV 204/62 U’) 1955, BStBl. 1956 III S. 84, Slg. Bd. 62 S. 2249). Davon sei
(StZBl. Berlin 1965 8.964) auch im Streitfalle auszugehen. Wirtschaftlich mache es
keinen Unterschied, ob Geld nachgezahlt oder-ob nur ein
Hat ein Steuerpflichtiger im Rückerstattungsverfahren an entsprechender Teil der von dem Rückerstattungsberech-
Stelle der beantragten Herausgabe des gesamten Aktien- tigten beanspruchten Wirtschaftsgüter herausgegeben
paketes auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs nur einen Werde. Die Anschaffungskosten beliefen sich hiernach auf
Teil der Aktien herausgegeben, so kann bei der Ermittlung 804 000 DM für das am Währungsstichtag vorhanden ge-
des bei der späteren Veräußerung des Restpaketes erzielten Wesene Gesamtpaket und weitere rund 408000 DM für
Gewinns der Wert der herausgegebenen Aktien nicht als die Zukäufe, Nach diesen Grundsätzen kam das Finanz-
nachträgliche Anschaffungskosten des Restpaketes behan- gericht zu einem Veräußerungsgewinn von 559 418 DM.
delt werden. Mit der Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts unrich-
GG Art.3 Abs.1, 105 Abs.2 Ziff. 1, 106; EStG 1958 8 17; tige Rechtsanwendung.
EStDV 1955 $ 53 Abs. 3. Der Stpfl. macht erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1959 die Verfassungswidrigkeit des $ 17 EStG und die Rechts-
die Höhe des Gewinns aus der Veräußerung iner FeSeht. ungültigkeit des $ 53 Abs. 3 EStDV 1955 geltend. Er RE
lichen Beteiligung im Sinn des 8 17 EStG. aus, daß S 17 EStG der Sache nach einen Wertzuwacl S,
; nicht ein Einkommen besteuere. Wertzuwachssteuern seien
Der Steuerpflichtige (Stpfl.) erwarb im Jahre 1939 Aktien aber Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis (Art. 105
der X.-AG (im folgenden AG) im MNennbetrage von Abs.2 Ziff.1 des Grundgesetzes — GG —-) und unterlägen
240 000 RM. Die AG berichtigte in den Folgejahren ihr nicht der Gesetzgebung des Bundes. In der mündlichen
Grundkapital zunächst von 750 000 RM auf 2 250 000 RM, Verhandlung bezog sich der Stpfl. außerdem auf die in
sodann im Zuge der Währungsumstellung auf 3 000 000 DM, einem Teil des steuerrechtlichen Schrifttums unter dem
so daß am 21.Juni 1948 der Nennwert der Aktien des Gesichtspunkte der Gleichmäßigkeit der Besteuerung
Stpfl. 960 000 DM betrug. Das Aktienpaket unterlag der (Art.3 Abs.1 GG) bezweifelte Verfassungsmäßigkeit des
Rückerstattung nach dem Gesetz der britischen Militär- 8 17 EStG. Er wandte sich dagegen, daß die Steuerpflicht
regierung Nr. 59 (REG), die im Jahr 1950 für einen Teil des Veräußerungsgewinns an das Vorliegen einer Beteili-
und im Jahr 1953 für das gesamte Paket geltend gemacht gung von mehr als 25 v. H. des Nennkapitals der Kapital-
wurde, 1953 schloß der Stpfl. mit den Rückerstattungs- gesellschaft anknüpfe und erblickt darin eine willkürliche
berechtigten vor der Wiedergutmachungskammer beim Differenzierung. Der Stpfl. hielt auch die Vorschrift des
Landgericht einen Vergleich, Danach hatte er Aktien im 8 53 Abs. 3 EStDV 1958 für rechtsunwirksam, da sie nicht
Nennbetrag von 576 000 DM (60 v. H. seines Bestandes) auf einer hinreichend bestimmten Ermächtigung. des Ver-
einer Bank zu übereignen, die sich verpflichtete, den Rück- ordnungsgebers, die Berechnung der Anschaffungskosten
erstattungsberechtigten den im Vergleich festgelegten Kurs im Sinne des 8 17 Abs.2 EStG zu regeln, beruhe. Außer-
von 125 v. H. (720 000 DM) zu vergüten. Im Vergleichs- gem macht er geltend, daß als nachträgliche Anschaffungs-
protokoll hieß es dazu:. „Mit der Zahlung dieses Betrages kosten nicht der Höchstwert der zurückerstatteten Aktien
sind alle Rückerstattungsansprüche der Antragsteller und (482400 DM), sondern der tatsächliche Wert im Zeitpunkt
alle Rückgewährungsansprüche der Antragsgegner . in . der Rückerstattung (720 000 DM) anzusetzen sei.
gegeneinander ausgeglichen.‘ Der Stpfl. kaufte von der . &
Bank sofort Aktien im Nennbetrage von 116 000 DM durch Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung,
Zahlung von 119480 DM zurück. In den Jahren 1953 bis I. Der Bundesfinanzhof ist in seiner Rechtsprechung stets
1957 erwarb er weitere Aktien der AG im Nennbetrag von von der Verfassungsmäßigkeit des 8 17 EStG ausgegangen
251000 DM gegen Zahlung von 288 520 DM. Durch diese (vgl. Urteil des erkennenden Senats IV 330/57 U vom
Käufe erhöhte sich sein Aktienbestand auf 751000 DM, 21. Juli 1960, BStBl. 1960 III S. 409, Slg. Bd. 71 S. 4295).
das sind 25,1 v. H. des Grundkapitals. Im Jahre 1959 Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Auffassung
veräußerte der Stpfl. das gesamte Aktienpaket für abzugehen.
1775 751 DM. . x x
1. Die Vorschrift des $ 17 EStG muß im Zusammenhang
‘Der Stpfl. behandelte in der Einkommensteuererklärung des Systems der Doppelbelastung der von einer Kapital-
1959 bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns ($ 17 gesellschaft erzielten Gewinne durch die Körperschaft-
EStG) den Höchstwert, mit dem die zurückerstatteten steuer und, bei Ausschüttung an die Gesellschafter, durch
Aktien in eine steuerliche Eröffnungsbilanz auf den 21. Juni die Einkommensteuer bei den. Gesellschaftern gesehen
1948 hätten eingestellt werden können ($ 53 Abs. 3 EStDV werden. Ohne 8 17 EStG könnte der Inhaber eines Einzel-
1958), als nachträgliche (zusätzliche) Anschaffungskosten unternehmens die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns
der ihm verbliebenen Aktien. (8 16 Abs.1 EStG) dadurch vermeiden, daß er zunächst
; ; SO lratchti 3x. unter Einbringung des Einzelunternehmens zu Buchwerten
1 Te Ninanzamt lehnte die Berbcks echt eunE HaChLTEE eine Kapitalgesellschaft gründete und dann die erworbenen
icher Anschaffungskosten ab. Es ging von einem —-"in : n 5 :
z Er Anteile veräußerte. Zwar hat der Reichsfinanzhof im Ur-
zwischen unstreitigen — Wert des Gesamtpakets zum e a.
21. Juni 1948 in Höhe von 804 000 DM aus. Davon ent- teil VI A 1559/32 oA 12. April 1932 (RStBL. 1934 S. 835)
is ; den nach der Einbringung in die Kapitalgesellschaft bei
fielen auf den zurückerstatteten Teil 482 400 DM (60 v. H.) der Veräuß der Gesellschaftsanteil jelten Gewinn
und auf den: verbliebenen: Teil 321 600 DM (40 v. H.). Dicke ASchiräelehen vewerblichen. Gern SR Da
Anschaffungskosten des 1959 veräußerten Aktienpaketes hin dert den Gi Set. „an en sn NE re rat des
setzten sich nach Auffassung des Finanzamts somit zu- NT NG ei ZgCHEr S es N Fechte Th den. = t =.
sammen aus dem anteiligen Höchstwert von 321 600 DM 8 llschaft zu ie —_—_ N eils ch nn ZUSTANCR: Han En N
und den Anschaffungskosten der späteren Zukäufe in Höhe N eRr en alten. ten DS he SIC Em Ge iche te DONCeH
von 119480 DM und 288520 DM, zusammen 729 600 DM. ee ırgen Der Verzicht auf Ausserittun TÜhFU En
Nach diesen Grundsätzen gelangte das Finanzamt nach SCH eher N a Cu Kenn tele ü ch 7e
Berücksichtigung von Kosten und geringfügigen Ande- One EEE Te Bee kemee en ARE
yungen‘ Zu einem Veräußerungsgewinn ‚von 4 092 501/DM. veräußert werden. Ohne $ 17 EStG würden auch bei Be-
Das Finanzgericht gab der Sprungberufung des Stpfl. teiligungen Gewinne, die von Kapitalgesellschaften erzielt,
statt. Es führte aus, daß nach der Rechtsprechung des aber nicht an ihre Gesellschafter ausgeschüttet wurden,
Bundesfinanzhofs Nachzahlungen auf Grund der Rück- der Einkommensbesteuerung und damit der vom Gesetz-
erstattungsgesetze bei Verzicht des Rückerstattungs- geber allgemein gewollten Doppelbelastung entgehen. Auf
berechtigten auf die Rückgewähr des entzogenen Gegen- das Vorhandensein einer Doppelbelastung sind die Ein-
standes als zusätzliche nachträgliche Anschaffungskosten kommensteuer- und Körperschaftsteuertarife abgestellt.
des der Rückerstattung unterliegenden. Gegenstandes zu
behandeln seien (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs 1110/54 U YOU DT
) StZBl. Bln. 1955 S. 629
vom 15. Februar 1955, BStBl. 1955 III S.111, Slg. Bd. 60 $) SUZEL Bin: 1956 ©. 826
Adnan nn 4) StZBl. Bln. 1956 S. 547.
1) BStBl. 1964 III S. 624. 5) StZBl. Bln. 1960 S. 918 (Leitsatz).