1455 Steuer- und Zollblatt für Berlin 15. Jahrgang Nr.60 8. Oktober 1965
die Zukunftsicherung der Tochter Ausgaben gehabt; diese Wenn der Staat bei Vermögenslosigkeit der Eltern seiner-
bestünden in den Bauaufwendungen, Zinsen und Tilgungen seits die Kosten trägt, so können die Bf. daraus kein Recht
für ein im Jahre 1954 errichtetes. Wohnhaus, dessen Ertrag herleiten, daß ihnen ohne weiteres und in vollem Umfang
später dem Unterhalt des Kindes dienen solle. Es sei auch zu über die gesetzlichen Grenzen des $ 33 EStG eine Steuer-
beachten, daß meist der Staat die Kosten der Unterbringung ermäßigung bei der Einkommensteuer gewährt wird, weil
von geisteskranken Kindern ganz oder zum Teil tragen sie in Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht die An-
müsse, während ihr eigener Aufwand nicht einmal voll staltskosten für das Kind selbst tragen.
hach $ 33 EStG berücksichtigt werde. Schließlich rügen sie Der beantragte Pauschbetrag wegen Körperbeschädigung
noch, daß das Finanzgericht ihnen nicht für die Tochter den ger Tochter steht den Bf. nicht zu. Im 8 65 EStDV 1958
Freibetrag des $ 65 EStDV für Körperbehinderte zugebilligt waren auf Grund der Ermächtigung des $ 33 a Abs. 6 EStG
habe, obwohl die Tochter dauernd erwerbsunfähig sowie 1958 für Personen, denen gesetzlich Beschädigtenversor-
hilfs- und wartungsbedürftig sei. gung zusteht, wegen außergewöhnlicher Belastung Pausch-
Der Senat hat den Bundesminister der Finanzen gebeten, beträge vorgesehen; darüber hinaus sollten nach Ab-
wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache ge- Schnitt 194 Abs. 1 und 2 EStR 1958 auch andere körper-
mäß 8 287 Ziff.2 AO dem Rechtsbeschwerdeverfahren bei- beschädigte Personen die Pauschbeträge des $ 65 EStDV
zutreten und besonders dazu Stellung zu nehmen, ob neben 1958 beanspruchen können. War die körperbeschädigte Per-
dem Kinderfreibetrag des $ 32 Abs. 2 Ziff. 1 EStG und einer Son ein Kind unter 18 Jahren, kam der Pauschbetrag als
Steuerermäßigung wegen der Ausgaben für das Kind nach Folge der Zusammenveranlagung nach $ 27 EStG 1958
8 33 EStG den Bf. auch noch der Pauschbetrag von 2880 DM allen zusammenveranlagten Personen, insbesondere also
nach Abschn. 194 Abs. 1 und 2 EStR 1958 in Verbindung mit den Eltern, steuermindernd zugute. Nach der Entscheidung
$ 65 Gruppe 9 EStDV 1958 zustehe. Der Bundesminister der des Senats VI 72/56 U vom 22. November 1957 (BStBl. 1958
Finanzen erklärte, daß nach seiner Auffassung die Über- III S. 44, Sig. Bd. 66 S. 111%) konnte die Bundesregierung
nahme der 2880 DM in die Veranlagung der Bf. die Zusam- die ihr in $ 33 a Abs, 6 in Verbindung mit 8 51 Abs. 1 Ziff. 3
menveranlagung mit der Tochter voraussetze; nachdem EStG (Fassung ab 1955) erteilte Ermächtigung nicht in
aber das Bundesverfassungsgericht den 8 27 EStG für einer Verwaltungsanweisung ausüben. Dieser Mangel wurde
nichtig erklärt habe, sei die Übernahme des Betrags in die durch $ 65 EStDV 1960 behoben. Für die Jahre vor 1960 kann
Veranlagung der Eltern nicht mehr möglich. rn ET U2 a A D08 N ME en getan U
. : - A schn. eine auch die Steuergerichte bin-
Die Rh. ist nicht begründet, dende Übergangs- und Anpassungsregelung der obersten
Außergewöhnliche Belastungen sind nach 8 33 Abs.1 Finanzverwaltungsbehörden sehen (vgl. z. B. die Entschei-
EStG Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen zwangs- gungen des Bundesfinanzhofs I 39/57 U vom 14. August
läufig in größerer Höhe entstehen als der überwiegenden 1958, BStBl. 1958 III S. 409, Slg. Bd. 67 S. 354; VI 134/58 U
Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher wirtschaftlicher und vom 1. April 1960, BStBl. 1960 IIT S. 231, Slg. Bd. 70 S. 621%;
familiärer Verhältnisse. Ausgaben, die normalerweise jedem VI 50/60 U vom 2. Dezember 1960, BStBl. 1961 III S. 73,
Steuerpflichtigen erwachsen, z. B. für den Unterhalt seiner Slg. Bd. 72 S. 1979).
Kinder, sind keine außergewöhnlichen Belastungen. Die w7je Rechtslage hat sich hinsichtlich der Auswirkung von
normalen Kosten für ein Kind werden durch den Kinder- Pauschbeträgen, die einem Kind zustehen, jedoch dadurch
freibetrag nach $ 32 Abs. 2 Ziff. 1 EStG abgegolten. Aus der „munglegend geändert, daß das Bundesverfassungsgericht
Entscheidung des Senats VI 175/56 U (aaO), auf die sich inzwischen durch den Beschluß 1 BvL 16 — 25/62 vom
die Bf. berufen, ergibt sich nichts anderes. Im zweitletzten 80. Juni 1964 (BStBl. 1964 I S. 4887)) den 8 27 EStG 1958
Absatz wird vielmehr gesagt: „Grundsätzlich sind ...., für nichtig erklärt hat. Damit ist der Zusammenveranla-
wenn ein Steuerpflichtiger Kinderermäßigung für ein Kind gung von Eltern und Kindern die gesetzliche Grundlage
erhält, damit alle normalen Aufwendungen für den Unter- Cptzogen; die Einkünfte der Kinder und Eltern sind nun-
halt und die Erziehung des Kindes abgegolten.“ Im gleichen „ehr getrennt zu erfassen. Bei dieser Rechtslage ist es auch
Sinne hat sich der Senat im Urteil VI 144/55 U vom 9. Juli nach dem Steueränderungsgesetz 1964 vom 16. November
1958 (BStBl. 1958 III S. 407, Slg. Bd. 67 S. 346%) aUuSgC- 1964 (BGBl. 1964 I S. 885, BStBl. 1964 I S. 553) geblieben.
sprochen. $ 33 EStG kann also nur eingreifen, soweit einem Das Gesetz berührt die Zusammenveranlagung nur in sei-
Steuerpflichtigen durch das Kind außergewöhnliche „nem Art. 1 Ziff. 20, durch den ein mit „Schlußvorschriften
Kosten entstehen. für die bisherige Zusammenveranlagung mit Kindern“ über-
Das Finanzgericht hat, weil den Bf. ein Kinderfreibetrag schriebener 8 52a in das EStG eingefügt worden ist. Für
gewährt wurde, zu Recht die aufgewandten Anstaltskosten Erstveranlagungen, wie hier, hat die Vorschrift
von 2020 DM unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen keine Bedeutung; insbesondere gibt es auch keine Zusam-
Verhältnisse der Bf. um 100 DM je Monat gekürzt. Diese menveranlagung mit Kindern auf Antrag. Unter diesen
Schätzung war nach dem Akteninhalt rechtlich möglich Umständen kann auch ein in der Person des Kindes beste-
und ist deshalb für den Bundesfinanzhof verbindlich (88 288, hender Anspruch auf einen Pauschbetrag nicht mehr auf
296 Abs. 1 AO). Daß das Finanzamt bei früheren Veranla- die Eltern übertragen werden.
gungen zu Unrecht die vollen Anstaltskosten nach $ 33 Op die obersten Finanzverwaltungsbehörden, weil inzwi-
EStG berücksichtigt hat, gibt den Bf. keinen Anspruch auf schen viele andere Steuerpflichtige für die ‚vergangenen
Wiederholung des Irrtums in späteren Jahren. Daß die Bf. Jahre noch in den Genuß des Pauschbetrags für ihre kör-
zur Zukunftssicherung der Tochter .Vermögensdispositionen perbeschädigten Kinder gekommen sind, zur Gleichbehand-
getroffen haben, ist für die Anwendung des $ 33 EStG un- lung der Steuerpflichtigen im Billigkeitswege gemäß $ 131
erheblich; denn hier geht es nur um Vorgänge innerhalb AO eine Übergangsregelung treffen will, müssen sie nach
des Vermögens der Bf., die das Einkommen nicht belasten. ;pnrem pflichtmäßigen Ermessen entscheiden. Die Steuer-
Nach $8 1601, 1602 BGB sind die Bf. rechtlich verpflich- gerichte sind zu einer solchen Maßnahme nicht berufen.
tet, ihrem kranken Kind den notwendigen Unterhalt zu — m ——
gewähren, d. h. hier die Unterbringung in einer Anstalt. 5 DDr 1609 & On
AO 6) StZEI. Bln. 1961 S. 305
3) StZBl. Bln. 1959 S. 525 7) StZBl. Bin. 1964 S. 1103
Einkommensteuer Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1957,
Urteil des BFH vom 17%. Dezember 1964 — IV 378/61 UD ob die an einen "ausscheidenden Gesellschafter gezahlte
(StZBIl. Berlin 1965 8. 1488) Rente als Kaufpreisrente zu aktivieren oder als betriebliche
Versorgungsrente abzugsfähig ist
Zahlungen zur Abfindung und Versorgung an einen Han- ENTE . X
delsvertreter, die der in die Geschäftsbeziehungen eintre- Der Steuerpflichtige war von 1952 bis 1954 in dem Agen-
tende Handelsvertreter zu leisten hat, sind in der Regel turgeschäft seines Schwiegervaters, das die Vertretung für
keine Aufwendungen für einen Geschäftswert, sondern Auf- drei Firmen zum Gegenstand hatte, als Angestellter, ab
wendungen für ein besonderes, nach 8 7 EStG absetzungs- 1. Januar 1955 als Gesellschafter tätig. Der Schwiegervater
fähiges Wirtschaftsgut. ee das 0 En zum Sa ‚ee 1956.
; m 14. November am ein Auseinandersetzungsver-
ESG 05T SR AS CAPS RT, trag zustande. Danach wurde die Gesellschaft erst zum
1) BStBl. 1965 III S. 170 31. Dezember 1956 aufgelöst, und zwar mit der Maßgabe,
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