Steuer- und Zollblatt für Berlin 15. Jahrgang Nr.54 3. September 1965 1341
geschlagen oder Löcher gebohrt und Dübel eingesetzt wer-‘ besonders ungünstige Wandverhältnisse) abgesehen — eine
den, um bei einem Standautomaten die Verbindungskette leichte Arbeit, die handwerkliche Spezialkenntnisse oder
oder -stange und bei einem Hängeautomaten das Haltekreuz -fähigkeiten nicht voraussetzt.
daran zu befestigen. Die Maßnahmen am Automaten selbst 25 :
— das Anlegen der Verbindungskette oder -stange bzw. das In den Fällen der Urteile des Bundesfinanzhofs V 150/56
Verschrauben des Haltekreuzes mit den Dübeln und das U und V 187/50. waren. die Bearbeitungsmaßnahmen Schr
Aufschrauben des: Automaten auf das Haltekreuz + sind erheblicher Art. Das Anbringen von Maschinen, Geräten
; 2 x n und dergleichen kann schon bei wesentlich einfacher liegen-
Eatah He N DOT In sOn NE nn des Auto- den Sachverhalten eine umsatzsteuerlich schädliche Bear-
PS et nic nr 5 N UELIG t Ann N Enlic A Tetra beitung darstellen. Wenn aber — wie im Streitfalle — das
eistungen zur Hauptleistung, nämlich der LieLeruNS A npringen des Liefergegenstandes auf dem Boden, an der
eines betriebsfertigen Warenautomaten. Erst Maßnahmen, Wand oder an der Decke eines Gebäudes oder Raumes
die stärker auf den Liefergegenstand einwirken und sich (copne Bildung einer Sacheinheit oder Sachgesamtheit) den
nicht mehr als bloße Nebenleistungen darstellen, sind ge- 7 ;efergegenstand selbst in keiner Weise verändert, das An-
eignet, die Wesensart des Liefergegenstandes zu ändern. bringen mit einfachen Mitteln erfolgt, die eine handwerk-
Die vom Senat bisher entschiedenen Fälle des Aufstel- liche oder technische ‚Schulung nicht. voraussetzen, und
lens von Liefergegenständen, in denen eine steuerlich schäd- dadurch der Liefergegenstand einerseits und der Boden bzw.
liche Bearbeitung angenommen wurde, sind mit dem Streit- die Wand.oder Decke andererseits weder in tatsächlicher
falle nicht vergleichbar. So wurden in dem Falle des Urteils noch in wirtschaftlicher Hinsicht zu einer ‚einheitlichen
des Bundesfinanzhofs V 150/56 U vom 17. Oktober 1957 Sache werden, liegt — wenn nicht besondere Umstände eine
(BStBl. 1957 III S. 437, Slg. Bd. 65 S. 532%) ortsfeste Melk- andere Beurteilung erfordern — eine „Bearbeitung“ des
anlagen mit Rohrleitungen geliefert. Die Montage der An- Liefergegenstandes im Sinne des $ 12 Abs.1 UStDB nicht
lagen und das Verlegen der Rohrleitungen waren umfang- VOr.
reiche und schwierige Arbeiten, die zwei Tage in Anspruch Zu demselben Ergebnis gelangt man, wenn man nicht die
nahmen. Die zu liefernde Melkanlage mußte den örtlichen Bearbeitung als solche, sondern den Bearbeitungserfolg ins
Verhältnissen angepaßt werden. In dem Falle des Urteils Auge faßt und prüft, ob eine Werklieferung im Sinne des
des Bundesfinanzhofs V 187/59 vom 18. April 1962 (Höchst- s 3 Abs. 2 UStG vorliegt. Diese Vorschrift setzt voraus, daß
richterliche Finanzrechtsprechung 1962 S. 318 Nr. 305) der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung (mei-
hatte der Steuerpflichtige an Ärzte, Krankenhäuser und stens sogar Herstellung) eines Gegenstandes aus selbst-
Sanatorien komplette Röntgenanlagen und medizinische beschafftem Hauptstoiff übernimmt, mithin ein „Werk“
Badeeinrichtungen geliefert und nach eigenen Leitungs- „liefert“, das vorher nicht vorhanden war. Der vom Unter-
plänen und Zeichnungen zusammengesetzt und aufgestellt, nehmer gelieferte Gegenstand ist im Falle des $ 3 Abs.2
was zum Teil 100 und mehr Montagestunden erforderte. In UStG ein anderer als der von ihm erworbene. Die Lieferung
beiden Fällen handelte es sich um Zusammensetzungs-, Auf- schließt die Leistung als wesentlichen Bestandteil des Lie-
stellungs- und Montagearbeiten größeren Umfanges, die ferungsgeschäfts mit ein. Die Leistung ist keine bloße
nur mit Hilfe handwerklich oder technisch vorgebildeter Nebenleistung, die das steuerliche Schicksal der Haupt-
Fachkräfte ausgeführt werden konnten. leistung teilt.
Demgegenüber waren die Arbeiten im Streitfalle ganz Im Streitfalle scheidet die Annahme einer Werklieferung
einfacher Art. Ein Finanzgericht hat sich in einem ähnlich aus. Der Warenautomat ist nach der Verkehrsauffassung
gelagerten Falle das Anbringen eines Gefach-Automaten dasselbe Verkehrsgut, gleichgültig, ob er sich noch auf dem
mit zwei Reihen zu zehn Fächern ohne Sockel an einer Lager des Großhändlers befindet oder bereits in den Ge-
Wand vorführen lassen. Die Arbeit wurde von den Ver- schäftsraum des Abnehmers befördert ist oder schon an
kaufsfahrern des Großhändlers (Kraftfahrer und Beifah- seinem endgültigen Platz steht bzw. hängt. Der vom Groß-
rer), die die Automaten zu den Abnehmern bringen, vor- händler an den Abnehmer gelieferte und an der Wand
genommen. Sie dauerte nach den Feststellungen des Fi- befestigte Automat ist derselbe Gegenstand wie der vom
nanzgerichts vom Aufreißen der Verpackung bis zum Zu- Unternehmer erworbene. Die Befestigung an der Wand hat
schließen des an der Wand hängenden Automaten keine vier ihn nach der Verkehrsauffassung in seinem Wesen nicht
Minuten. Es mag sein, daß bei größeren Automaten der verändert.
Zeitverlust größer ist. Aber auch in diesen Fällen ist das x . x
5 . . Zn Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts war daher mit
Anbringen der‘ Automaten — von Ausnahmefällen (zZ. B. der Kostenfolge aus 88 307, 309 AO als unbegründet zu-
2) StZBl. Bln..1958 S. 519 rückzuweisen.
Umsatzsteuer Das Finanzamt bejahte diese Frage und lehnte daher die
A \ & Anwendung des Großhandelssteuersatzes ab. Der Einspruch
Urteil des BFH vom 22. April 1965 — V 157/64 U der Steuerpflichtigen wurde als unbegründet zurückgewie-
(StZBl. Berlin 1965 8. 1341) sen. Dagegen hielt das Finanzgericht die Voraussetzungen
des 8 7 Abs.3 UStG für gegeben. Es wandte daher den
Das Anbringen von Hausbriefkästen an den Hauswänden Steuersatz von 1 v. H. an und setzte die Umsatzsteuer der
der Abnehmer durch den Großhändler ist in der Regel keine Steuerpflichtigen entsprechend herab.
die Großhandelsvergünstigung des $ 7 Abs,3 UStG aus- Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts hat keinen Erfolg.
schließende Bearbeitung des Liefergegenstandes, Der Senat hat im Urteil V 155/64 U vom heutigen Tage
UStG 88 3 Abs.2, 7 Abs.3; UStDB 88 12 Abs. 1, 57 Abs.1 (BStBl. 1965 III S. 469%”) entschieden, daß das Aufhängen
Ziff. 3. eines Waren-Hängeautomaten an der Wand oder an der Tür
x N A : des Ladens des Käufers durch den Automaten-Großhändler
nie Steuerpflichtige beisieh in den Jahren 1988 bis 1980 iX, “die Großhandelsvergünstigung des S 7 Abs.3 USIG
x 3 x . A eTAn ausschließende Bearbeitung des Liefergegenstandes nicht
zur dere U Briefträger Handel mit Hausbriefkästen. darstellt. Durch das Anbringen an der Wand werde der
Die Bundespost zahlte an Hauseigentümer, die an ihren Automat in.seiner Wesensart nicht geändert. An .d Aut
Häusern Hausbriefkästen anbrachten, einen Zuschuß. Die s Re EeHNdErt AN CEM AULO-
Briefkästen wurden von der Steuerpflichtigen an die Haus- De at LE NE Aa dien BP Done En
eigentümer geliefert und entweder von ihr selbst oder von : a a
damit beauftragten Handwerkern an den Hauswänden be- gericht durch Augenscheineinnahme festgestellt habe — nur
festigt wenige Minuten in Anspruch nehme und handwerkliche
S Spezialkenntnisse oder -fähigkeiten nicht voraussetze. Nach
Streitig ist für den Veranlagungszeitraum 1960, ob das der Verkehrsauffassung behalte der Automat seine Markt-
Anbringen von Hausbriefkästen an den Hauswänden eine gängigkeit, gleichgültig, ob er sich noch auf dem Lager
Bearbeitung im Sinne des $ 12 Abs.1 Sätze 1 und 2 UStDB des Großhändlers befindet oder bereits zum Abnehmer
ist, die die Anwendung des Großhandelssteuersatzes von transportiert sei oder schon an seinem endgültigen Platz
1v.H. (8 7 Abs. 3 UStG) ausschließt. hänge. Der Senat hat in dem genannten Urteil den Grund-
satz aufgestellt, daß eine „Bearbeitung“ des Liefergegen-
1) BStBl. 1965 III S. 470 2) StZBIl. Bln. 1965 S. 1340