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Steuer- und Zollblatt für Berlin 15. Jahrgang Nr.42 3. Juli 1965
für eine gewisse Dauer aufgegeben wird. Die Einstellung darf aber nicht. von vornherein nur als
vorübergehend gedacht sein. Es ist dabei zu beachten, daß bei den sogenannten Saison-
betrieben, insbesondere beim Bauhandwerk, den Bauindustrien, den Kurortbetrieben aller
Art oder den Zuckerfabriken, die Einstellung des Betriebs während der toten Zeit nicht eine
Einstellung in dem eben behandelten Sinn, sondern nur eine vorübergehende Unterbrechung
(Ruhen) des Gewerbebetriebs bedeutet, durch die die Gewerbesteuerpflicht nicht berührt wird.
Vgl. 8 2 Abs. 4 GewStG. Die tatsächliche Einstellung des Betriebs ist anzunehmen mit der völ-
ligen Aufgabe jeder werbenden Tätigkeit. Die- Versilberung der vorhandenen
Betriebsgegenstände und die Einziehung einzelner rückständiger Forderungen aus der Zeit vor
der Betriebseinstellung können nicht als Fortsetzung einer aufgegebenen Betriebstätigkeit an-
gesehen werden. Vgl. die RFH-Urteile vom 29. 6.1938 (RStBl S. 910), vom 24. 8. 1938 (RStBI
S. 911) und vom 14. 9. 1938 (RStBlI 1939 S. 5). Die Aufgabe eines Handelsbetriebs
liegt erst in der tatsächlichen Einstellung jedes Verkaufs, Ein in Form eines Ladengeschäfts
ausgeübter Gewerbebetrieb wird nicht bereits dann eingestellt, wenn kein Zukauf mehr erfolgt,
sondern erst dann, wenn das vorhandene Warenlager „im Ladengeschäft“ veräußert ist. Vgl.
das BFH-Urt. v. 26.9.1961 (BStBl III S.5179). Mit der Verpachtung eines Ge-
werbebetriebs im ganzen erlischt regelmäßig die Gewerbesteuerpflicht des Verpächters
(vgl. Abschnitt 15 Abs. 4). Das gilt jedoch in der Regel nicht bei einer Betriebsaufspaltung (vgl.
Abschnitt 15 Abs. 5).
(2) Die Frage der Beendigung der Gewerbesteuerpflicht (Absatz 1) darf nicht allein
nach äußeren Merkmalen beurteilt werden. Die Einstellung der Werbetätigkeit oder
andere nach außen in die Erscheinung tretende Umstände (z.B. Entlassung der Betriebszugehö-
rigen, Einstellung des Einkaufs) bedeuten nicht immer die tatsächliche Einstellung des Betriebs,
Es mrüssen auch die inneren Vorgänge berücksichtigt werden. Auch wenn ein Unter-
nehmen wesentlichen Einschränkungen unterliegt oder bei einer nur äußerlichen Betrachtung- als
eingestellt erscheint, kann doch gewerbesteuerlich eine Betriebseinstellung nicht anerkannt
werden, wenn sich das Unternehmen in der erkennbaren Absicht, nachhaltige Erträge zu erzie-
len, weiter betätigt. Vgl. die RFH-Urteile vom 19. 5. 1941 (RStBI S. 386), vom 14. 5. 1941 (RStB]
S. 698) und vom 19. 6. 1943 (RStBI S. 605).
(3) Beherbergungsbetriebe, die in vollem Umfang durch deutsche und ver-
bündete Streitkräfte oder durch. andere Behörden vorübergehend in Anspruch‘ genommen wer-
den, gelten als eingestellt im Sinn des Absatzes 1. Mit der Inanspruchnahme endet die Gewerbe-
steuerpflicht, obwohl die laufenden Einkünfte (Entschädigungsleistungen) für die Einkommen-
steuer weiterhin Einkünfte.aus Gewerbebetrieb darstellen. Wird jedoch nur ein Teil des Betriebs
in Anspruch genommen, so wird dadurch die Gewerbesteuerpflicht nicht berührt.
(4) Bei den Kapitalgesellschaften und den anderen Unternehmen im Sinn
des$2 Abs. 2Ziff.2GewStG erlischt die Gewerbesteuerpflicht — anders als bei Einzel-
kaufleuten und Personengesellschaften — nicht schon mit dem Aufhören der gewerblichen Be-
tätigung, sondern mit dem Aufhören jeglicher Tätigkeit überhaupt. Das ist grundsätzlich der
Zeitpunkt, in dem das Vermögen an die Gesellschafter verteilt worden ist.
(5) Bei den sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und
den nichtrechtsfähigen Vereinen ($ 2 Abs. 3 GewStG) erlischt die Steuerpflicht
mit der tatsächlichen Einstellung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.
(6) Die Aufgabe des Betriebs bei Einzelgewerbetreibenden, die Auflösung und die
Abwicklung bei Personengesellschaften und Unternehmen im Sinn des $ 2 Abs. 2 Ziff. 2
GewStG und die Eröffnung des Konkursverfahrens bei Unternehmen aller Art
ändern nach $ 4 GewStDV an der Gewerbesteuerpflicht nichts. Das Erlöschen der Gewerbesteuer-
pflicht beurteilt sich auch in diesen Fällen ausschließlich nach den Grundsätzen, die in den Ab-
sätzen 1 bis 5 behandelt-sind. Vgl. das RFH-Urteil vom 20, 11. 1940 (RStBl 1941 S. 225). Die
Beendigung der Abwicklung und damit das Aufhören der Gewerbesteuerpflicht eines aufgelösten
Unternehmens im Sinn des Absatzes 4 fallen demgemäß regelmäßig mit dem Zeitpunkt zusam-
men, in dem das Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird. Werden jedoch bei dieser Ver-
teilung Vermögensbeträge zur Begleichung von Schulden zurückbehalten, so bleibt das Unter-
nehmen gewerbesteuerpflichtig, bis die Schulden beglichen sind. Das gilt nicht, wenn es sich bei
den Schulden um Steuern handelt, die erst nach der Beendigung der Abwicklung festgesetzt wer-
den können. Vgl. das RFH-Urteil vom 12. 12. 1939 (RStBl 1940. S. 435). Entsprechend ist der
Abwicklungszeitraum einer in Konkurs befindlichen Kapitalgesellschaft als abgeschlossen anzu-
sehen, wenn die förmliche Beendigung des Konkursverfahrens nur dadurch gehindert wird, daß
die Höhe der Steuern, die erst nach dem Ablauf des Abwicklungszeitraums festgesetzt werden
können, noch nicht bekannt ist. Vgl. das RFH-Urteil vom 5. 3. 1940 (RStBI S. 476).
(7) Die Gewerbesteuerpflicht erlischt nicht nur mit dem Aufhören des Gewerbebetriebs (Ab-
sätze 1 bis 5), sondern auch mit dem Eintritt eines Befreiungsgrundes. Vgl. das
RFH-Urteil vom 23. 2. 1943 (RStBI S. 801).
(8) Wegen des Erlöschens der Steuerpflicht beim Unternehmerwechsel vgl. Ab-
schnitt 22 a.
22 a. Steuerpflicht bei Unternehmerwechsel
(1) Ein Gewerbebetrieb, der.im ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht, gilt als durch
den bisherigen Unternehmer eingestellt. Er gilt als durch den anderen Unternehmer neu gegrün-
det, wenn er nicht mit einem bereits bestehenden Gewerbebetrieb vereinigt wird. Der Zeitpunkt
des Unternehmerwechsels wird als Zeitpunkt der Einstellung und Zeitpunkt der Neugründung
angesehen. In diesem Zeitpunkt erlischt die Steuerpflicht des übergegangenen Betriebs. Der
übernommene Betrieb tritt in die Steuerpflicht neu ein, wenn er nicht mit einem bestehenden
Gewerbebetrieb vereinigt wird. Durch die Übernahme dieser Regelung aus $ 5 Abs. 2 GewStG
in $ 2 Abs. 5 GewStG wird klargestellt, daß es sich um eine Regelung zur Steuerpflicht und
nicht zur Steuerschuldnerschaft handelt. Wegen der Steuerschuldnerschaft im Fall des Unter-
nehmerwechsels vgl. $ 5 Abs. 2 GewStG.
(2) Ein Unternehmerwechsel tritt auch im Fall der Anderung der Rechtsform eines Unterneh-
mens ein. Das gleiche gilt für den Fall der Gesamtrechtsnachfolae (val. BFH-Urteil vom 9. 51961
BStBl III S. 3572), und zwar o. Rücksicht darauf, ob d. Gesamtrechtsnachfolger ein Einzel-
unternehmer oder eine Personengemeinschaft (z. B. Erbengemeinschaft) ist. Ein Unternehmer-
wechsel und damit eine Einstellung des Gewerbebetriebs liegt auch vor, wenn ein Einzelunter-
1) StZBl. Bln. 1961 S. 1346
2) StZBIL. Bln. 1961 S. 1078