Steuer- und Zollblatt für Berlin 14. Jahrgang Nr.35 5. Juni 1964 717
den ein- bis zweimal wöchentlich stattfindenden münd- nahme der Bfin. — auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß
lichen Besprechungen, in den nach $ 40 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften
? Kenntnisnahme von den täglichen Geldeingängen und Mit beschränkter Haftung jährlich zum Handelsregister
Disposition der Zahlungen, einzureichenden Listen nicht die Bfin., sondern die Gesell-
? Besprechungen mit dem Geschäftsführer über grund- schafter der Bfin. als Anteilseigner angegeben sind.
sätzlich alle Kredite, Wechselausstellungen usw., Was die einkommensteuerliche Behandlung der Bezüge
der gesamte Rohkaffee-Einkauf, Zusammenstellung der angeht, die den persönlich haftenden Gesellschaftern der
Mischungen, zwei- bis dreimal wöchentlich Kontrolle Bfin. von den beiden Gesellschaften gewährt worden sind,
der ausgehenden Kaffeesorten, So ist der Bfin. zuzugeben, daß die Gesellschafter einer
) gemeinsam mit dem Geschäftsführer Kontrolle ‚der Kapitalgesellschaft zu ihrer Gesellschaft in einem Arbeits-
Kaffeepreiskalkulation im Laufe des Jahres verhältnis stehen können. In solchen Fällen können .die
: - } Gesellschafter von ihrer Kapitalgesellschaft zwei Arten
* Zweimal im Jahr Aufstellung von Gewinn- und Verlust- von Einkünften beziehen, nämlich Einkünfte aus Kapital-
rechnungen in Gemeinschaft mit dem Geschäftsführer, vermögen als Gesellschafter (8 20 EStG) und Einkünfte aus
ebenso gemeinsame Aufstellung der Jahresbilanz und nicht selbständiger Arbeit als Arbeitnehmer ($ 19 EStG).
Gewinn- und Verlustrechnung, Der Bfin. ist ferner zuzugeben, daß ein Arbeitsverhältnis
7. Übernahme von Filialen und deren Einrichtung gemein- zu der Kapitalgesellschaft für den Gesellschafter nicht
sam mit dem Geschäftsführer. schon deswegen unmöglich ist, weil er selbst noch einen
Das Finanzamt berücksichtigte die den persönlich haften- Gewerbebetrieb hat und seinen Anteil an der Kapitalgesell-
den Gesellschaftern der Bfin. von den beiden Gesellschaften Schaft in seinen Gewerbebetrieb eingelegt hat. In Fällen
gewährten Bezüge bei den einheitlichen Gewinnfeststellun- dieser Art sind allerdings die Bezüge, die der Unternehmer
gen 1952 bis 1956 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die die als Gesellschafter der Kapitalgesellschaft erhält, Einkünfte
Empfänger als Gesellschafter der Bf£n. bezogen hätten und aus Gewerbebetrieb, weil die Gesellschaftsanteile zum Be-
die ein Vorweg in der Gewinnaufteilung seien; ihre Tätig- triebsvermögen gehören; sie sind keine Einkünfte aus
keit bei den beiden Gesellschaften diene der Verwaltung Kapitalvermögen im Sinne von $ 20 EStG. Ob ein Arbeits-
der zum Betriebsvermögen der Bfin. gehörenden Anteile an Verhältnis zu der Kapitalgesellschaft auch möglich ist,
den beiden Gesellschaften. wenn die Anteile wegen der engen wirtschaftlichen Ver-
a “ ss bindung zwischen der Kapitalgesellschaft und dem per-
Der Einspruch und die Berufung blieben ohne Erfolg. sönlichen Unternehmen des Gesellschafters zum notwen-
Gemäß der Vermutung des $ 344 HGB, daß jede Tätigkeit gigen Betriebsvermögen des Gewerbebetriebs des Gesell-
eines Kaufmannes im Zweifel zu dem Betrieb seines Han- schafters rechnen, kann zweifelhaft sein. Die Frage kann
delsgewerbes gehöre, nahm das Finanzgericht an, daß auch aber hier dahingestellt bleiben. Denn das Finanzgericht
die Tätigkeit der Gesellschafter der Bfin. bei den beiden konnte im Streitfall ohne Rechtsverstoß zu der Annahme
Gesellschaften in den Rahmen des Gewerbes der Bfin. falle. kommen, daß die den persönlich haftenden Gesellschaftern
Mit ihrer Rb. rügt die Bfin. Verletzung des bestehenden der Bfin. von den beiden Gesellschaften gewährten Bezüge
Rechts. Nach ihrer Auffassung können ihr die Bezüge der überhaupt kein Arbeitslohn seien, weil keine Arbeitnehmer-
Gesellschafter aus der Tätigkeit für die beiden Gesellschaf- tätigkeit erbracht worden sei. Wie die Bfin. selbst vorträgt,
ten nicht zugerechnet werden; diese Tätigkeit werde nicht haben die beiden Gesellschaften den Kaufmann X, als
ihr gegenüber erbracht, es handle sich um eine Arbeit- eigenen Geschäftsführer, der auch an den beiden Gesell-
nehmertätigkeit, deren Entgelt mit Recht der Lohnsteuer Schaften beteiligt ist. Die Bfin. weist selbst darauf hin,
unterworfen sei und mit ihren — der Bfin. — einheitlich fest- daß ihre persönlich haftenden Gesellschafter nur ein Be-
zustellenden Einkünften aus Gewerbebetrieb nichts zu tun ratungsrecht hätten und die Entscheidung einzig und allein
habe. bei dem Geschäftsführer X. liege. In der Tat spricht die
” . Art der behaupteten Tätigkeit der persönlich haftenden
Die Rb. kann keinen Erfolg haben. Gesellschafter dafür, daß .sie für die beiden Gesellschaften
Daß die Anteile der Gesellschafter der Bfin. — der per- nicht als Arbeitnehmer, sondern als Gesellschafter, die
sönlich haftenden Gesellschafter und der Kommanditistin — Üblicherweise zum Schutz ihrer kapitalmäßigen Beteiligung
an den beiden Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu Finblick in die Gesellschaft nehmen, tätig geworden sind.
dem Betriebsvermögen der Bfin. gehören, hat das Finanz- Jedenfalls’ kann die Feststellung des Finanzgerichts, daß
gericht ohne Rechtsverstoß festgestellt. Die Anteile wer- die geschäftsführenden Gesellschafter der Bfin. nach der
den in den Bilanzen der Bfin. geführt und müssen dem- hLebenserfahrung nicht den Weisungen des Geschäftsfüh-
gemäß als in das Betriebsvermögen eingebracht gelten. ers X. unterworfen gewesen seien, nicht als dem Sach-
Der Hinweis der Bfin., die Aufnahme in die Bilanzen sei Verhalt oder den Denkgesetzen widersprechend bezeichnet
nur auf Wunsch der kreditgebenden Banken erfolgt, spricht Werden. Nimmt man aber an, daß die Bezüge den Gesell-
gerade für die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen der schaftern nicht auf Grund eines echten Arbeitsverhältnisses
Bfin. Ob die den Banken auf diese Weise zusätzlich ver- ZUgeflossen sind, so können sie nur ein Ertrag aus der
schaffte Sicherheit die Anteile nicht sogar zu notwendigem Kapitalistischen Beteiligung an den beiden Gesellschaften
Betriebsvermögen machte, kann dahingestellt bleiben; denn Sein, der in das Unternehmen der Bfin, geflossen ist und
jedenfalls gehören sie zum gewillkürten Betriebsvermögen bei der einheitlichen Gewinnfeststellung mit zu erfassen
der Bfin. Selbst wenn aber die Gesellschafter ihre Anteile ist.
nicht in das Gesamthandvermögen einbringen, sondern sie Das Finanzgericht geht zwar davon aus, daß die Ge-
nur der Bfin. als Kreditunterlage zur Verfügung stellen sellschafter,. weil die Anteile Betriebsvermögen der Bfin.
wollten, ändert das an der Zugehörigkeit zum Betriebsver- seien, letztlich im Interesse der Bfin. selbst tätig geworden
mögen nichts; denn zum Betriebsvermögen gehört auch, seien. Das Ergebnis ändert sich aber auch nicht, wenn man
was ein Gesellschafter, ohne es in das Gesamthandvermö- die Anteile an ‚den beiden Gesellschaften nicht als in das
gen einzubringen, als Gesellschafter (Mitunternehmer) der Gesamthandvermögen der Bfin. eingebracht ansieht, son-
Bfin. für ihren Betrieb bereitstellt. Die Zugehörigkeit zum dern als Vermögen der Gesellschafter der Bfin., das diese
Betriebsvermögen wird. darum — im Gegensatz zu der An- aber dem Betrieb der Bfin. gewidmet haben.
Reichsabgabenordnung 2. Steht eine in den Steuerakten getroffene Verfügung
“ mit der dem Steuerpflichtigen erteilten Ausfertigung
Urteil des BFH vom 13, Dezember 1963 — VI 105/63 U) in Widerspruch, so ist grundsätzlich die Aktenverfügung
(StZBIl. Berlin 1964 8.717) maßgebend. Verfügt darum das Finanzamt im Einkom-
mensteuerverfahren innerdienstlich „nv“, teilt es aber
1. Zur Auslegung von Erklärungen der Finanzbehörden dem Steuerpflichtigen mit, daß er von der Einkommen-
gegenüber Steuerpflichtigen, besonders wenn ein „Frei- steuer freigestellt sei, so kann die Behörde grundsätzlich
stellungsbescheid“ erteilt wird. jederzeit den Fehler richtigstellen.
3. Nur in Ausnahmefällen kann die Behörde unter dem
1) BStBl. 1964 III S. 167. Gesichtspunkt von Treu und Glauben und des Schutzes