Steuer- und Zollblatt für Berlin 14. Jahrgang XNr.39 26. Juni 1964 781
spricht auch, daß die späteren Versorgungsbezüge des Bf. verhältnis. Dieses Ergebnis wird vermieden, wenn hinsicht-
und seiner Ehefrau nach Auffassung aller Beteiligten Ar- lich der Erstattungsbeträge ein Zufluß nicht angenommen
beitslohn im Sinn von $ 19 EStG sein werden. Der Senat hat wird. Das ist eine nach $ 4 des Anstellungsvertrags min-
hiergegen nach dem Akteninhalt keine Bedenken. Der Bf. destens mögliche, nach Auffassung des Senats aber auch
weist mit Recht darauf hin, daß nach der vom Finanzamt zutreffende Vertragsauslegung.
und vom Finanzgericht vertretenen Ansicht eine doppelte Die angefochtene Entscheidung, die auf einer anderen
Besteuerung eintreten würde, nämlich zunächst eine Be- rechtlichen Beurteilung beruht, wird aufgehoben. Der Senat
steuerung der sogenannten Erstattungsbeträge als laufen- pält es für zweckmäßig, die Sache zur erneuten Entschei-
der Arbeitslohn und später eine Heranziehung der Versor- gung unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen an
gungszahlungen als Zuwendungen aus dem früheren Arbeits- qas Finanzamt zurückzuverweisen.
Einkommensteuer EStR 1958 werde bei einer Zusammenveranlagung von Ar-
Mm beitnehmer-Ehegatten der in $ 46 Abs.2 Ziff.1 EStG 1958
Urteil des BFH vom 21. Februar 1964 — VI 193/62 U') genannte Betrag von 800 DM auf die Summe der den Ehe-
(StZBI. Berlin 1964 S. 781) leuten zugeflossenen nicht lohnsteuerpflichtigen Einkünfte
E Eheleute. die beıde Arbeitnehmer sind, und die keine. ge- bezogen. Dieser Betrag sei kein echter Freibetrag, sondern
trennte N Desteuerun » un g®- eine aus Vereinfachungsgründen eingeführte Freigrenze.
A g nach 8 46 Abs. ? Ziff,4 EStG 1958 be- wenn die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unter-
antragen, sind nach 8 46 Abs. ? Ziff. 1 EStG 1958 zusammen ];egenden Einkünfte von Eheleuten zusammen höher seien
zu veranlagen, wenn ihre nicht lohnsteuerpflichtigen Fin- als 800 DM, müßten alle Einkünfte in die Zusammenver-
künfte zusam m en mehr als 300 DM betragen haben. anlagung der Eheleute einbezogen werden.
EStG 1958 8 46 Abs. 2 Ziff. 1. Die Rb. führt zur Aufhebung der angefochtenen Entschei-
Die Steuerpflichtigen sind im Betrieb des Vaters der Ehe- dung.
frau beschäftigt. In den Jahren 1956 bis 1959 wurden ihnen Es ist nicht zu beanstanden, daß das Finanzgericht die den
von den versteuerten Löhnen nur Teilbeträge ausgezahlt. Steuerpflichtigen gutgeschriebenen Zinsen als. Einnahmen
Der größere Teil wurde ihnen gutgeschrieben und vom Vater aus Kapitalvermögen behandelt hat. Da das Einkommen der
verzinst, und zwar für den Ehemann von 1956 bis Ende 1959 Steuerpflichtigen in den beiden Streitjahren weniger als
insgesamt 10 705,76 DM, für die Ehefrau in der gleichen Zeit 24 000 DM betrug, kommt eine Veranlagung nach $ 46 Abs. 1
insgesamt 2672,34 DM. Die Zinsen für diese stehengebliebe- mMStG 1958 nicht in Betracht.
nen Gehaltsteile betrugen im Jahr 1958 zusammen 1318 DM
und 1959 1248 DM. In ihren Steuererklärungen gaben die Es braucht nicht festgestellt zu werden, in welcher Höhe
Steuerpflichtigen an, die Zinsen entfielen zu gleichen Teilen die gutgeschriebenen Zinsen.dem Ehemann und der Ehefrau
auf sie, eine Veranlagung komme aber nicht in Betracht, zuzurechnen sind. Die Erwägungen des Finanzgerichts über
weil die nicht lohnsteuerpflichtigen Einkünfte aus Kapital- die Aufteilung der Zinsen auf die beiden Eheleute sind zwar
vermögen jedes Ehegatten weniger als 800 DM betragen nicht zu. beanstanden, sie sind aber ohne Bedeutung für die
hätten. Das Finanzamt veranlagte trotzdem die Steuer- Entscheidung des Rechtsstreits.
pflichtigen, da nach seiner Auffassung die Voraussetzungen Da die Steuerpflichtigen keine getrennte Veranlagung nach
Ne 8 46 Abs. 2 ba 1 EStG DU En waren. Der Einspruch s 96a EStG 1958 beantragt haben, sind sie zusammen zu ver-
jergegen wurde als unbegründet zurückgewiesen, anlagen; dabei sind ihre sämtlichen Einkünfte zusammen-
Die Berufung der Steuerpflichtigen hatte zum Teil Erfolg. zurechnen.
N SSR VOR REGIE RC DC Zr Es geht nicht an, die Zinseinnahmen der Ehefrau bei dieser
EStG 1958 seien bei einem Arbeitnehmerehepaar nach den Veranlagung außer Ansatz zu lassen. Hierfür fehlt eine ge-
Verhältnissen jedes Ehegatten zu prüfen. Es komme also S°tzliche Grundlage. Die Erwägungen des Finanzgerichts,
darauf an, in welcher Höhe jedem Ehegatten Zinsen zuzurech- das sich auf die Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts
nen seien. Bei dem großen Unterschied zwischen den stehen- Zur Besteuerung von Eheleuten beruft, treffen nicht zu. Der
gebliebenen Gehaltsteilen beider Eheleute sei ihrer Ansicht, V°M Finanzgericht angeführte Beschluß des Bundesverfas-
auf jeden von ihnen entfalle die Hälfte der Zinsen, nicht zu SUNgsgerichts 1 BvL 4/54 vom 17. J anuar 1957 (BGBl. 1957 I
folgen. Die Zinsen seien vielmehr auf die Eheleute im Ver- S- 186, BStBl. 1957 I S. 193) betraf die frühere Form der Zu-
hältnis ihrer Gehaltsguthaben aufzuteilen. Die Zinseinkünfte SAMmenveranlagung nach $ 26 EStG 1951, die zuletzt dem
der Ehefrau lägen danach für beide Streitjahre unter 800 DM. #5tG 1955 zugrunde lag. Nachdem $ 26 EStG 1957 eine Über-
Für sie komme infolgedessen eine Veranlagung nach $ 46 gangsregelung für die Ehegattenbesteuerung getroffen hatte,
Abs. 2 Ziff.1 EStG 1958 nicht in Betracht. Dem Ehemann durch die der Gesetzgeber die durch den Beschluß des Bun-
seien für 1958 1120 DM und für 1959 1000 DM von den Zin- desverfassungsgerichts entstandene Lücke im Gesetz ge-
sen zuzurechnen. Nach Abzug des Werbungskosten-Pausch- Schlossen hatte, führten die 88 26 ff. EStG 1958 die für die
betrags von 150 DM verblieben für beide Jahre 970 DM und Streitjahre maßgebende, auf dem Grundsatz des Splittings
850 DM, so daß für den Ehemann die Voraussetzungen für beruhende Zusammenveranlagung ein, statt deren Eheleute
eine Veranlagung nach 8 46 Abs.2 Ziff.1 EStG 1958 vor- jedoch die getrennte Veranlagung wählen können. Einen
jägen. Da die Steuerpflichtigen keine Erklärung über eine “Antrag auf getrennte Besteuerung haben die Steuerpflichti-
getrennte oder eine Zusammenveranlagung abgegeben hät- SCN nicht gestellt. Er hätte übrigens nach $ 46 Abs. 2 Ziff. 4
ten, seien sie nach $ 26 Abs. 3 EStG 1958 zusammen zu ver- EStG 1958 zur getrennten Veranlagung der beiden Steuer
anlagen. Wenn auch nach 8 26b Satz 2 EStG 1958 bei einer Pflichtigen geführt, bei der für jeden von ihnen jeweils die
Zusammenveranlagung alle Einkünfte der Eheleute zusam- Sämtlichen Einkünfte, also auch die Zinseinkünfte in voller
menzurechnen seien, hätten trotzdem die weniger als 800 DM Höhe ZUBE unde Cr yegcn gewesen wären; die Kinkommen-
betragenden Zinsen der Ehefrau bei der Zusammenveranla- Steuer wäre dann für jeden Ehegatten nach $ 32a Abs. 1 EStG
gung außer Ansatz zu bleiben; denn der Steuervorteil, der 1958 festzusetzen gewesen, was vermutlich zu einer höheren
sich für die Ehefrau aus 8 46 Abs. 2 Ziff, 1 EStG 1958 ergebe, “esamtsteuerbelastung der Eheleute geführt hätte.
dürfe ihr nach den vom Bundesverfassungsgericht über die Daß die gesamten Zinsen der Steuerpflichtigen bei der An-
Besteuerung von Ehegatten aufgestellten Grundsätzen durch wendung des 8 46 Abs. 2 Ziff. 1 EStG zugrunde zu legen sind,
N OreRGS hen. Das habs alle HOLE zur POlES dR DU Non ergibt sich aus dem System des seit 1958 geltenden Einkom-
Zinsemnahmen des hemannes nur Gin We rbudSSKOSten- mensteuer- und Lohnsteuerrechts, Die Lohnsteuer der Steuer-
p hbet. 150 DM und nicht 300 DM h 89a Ziff. 2 pflichtigen wurde für 1958 und 1959 nach einer Lohnsteuer-
anschoeirag von NA UNO NIC nach $ 9a Ziff. 2 tapelle einbehalten, die nach den gleichen Grundsätzen auf-
EStG 1958 abzuziehen sei. gestellt war wie die auf dem System des Splittings beruhende
Der Vorsteher des Finanzamts rügt unrichtige Anwendung Einkommensteuertabelle ($ 39 EStG 1958). Die Steuerpflich-
der 88 26 b und 46 Abs. 2 Ziff, 1 EStG 1958. In Abschn. 218 tigen wurden also bei der Lohnsteuer wie zusammen ver-
ES anlagte Eheleute behandelt. Das ist für die Auslegung des
1) BStBl. 1964 III S. 244. 3 46 EStG 1958 von entscheidender Bedeutung; denn dieser