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Steuer- und Zollblatt für Berlin 14. Jahrgang Nr.38 25. Juni 1964 (LA 1085)
Schenkungen im Sinne des $ 3 ErbStG sind vor allem die der Ungleichwertigkeit bewußt ist und diese wegen der
Schenkungen im Sinne des bürgerlichen Rechts und die so- persönlichen Beziehungen zum Erwerber in Kauf nimmt.
genannten freigebigen Zuwendungen. Die Schenkung im Der in Tz.15 des genannten Erlasses des Bundesministers
Sinne des bürgerlichen Rechts setzt neben der objektiven der Finanzen enthaltenen Auffassung, der Beschenkte
Bereicherung die Einigung der Vertragsparteien über die könne sich in den Fällen des $ 61 Abs. 1'Satz 2 LAG bei
Unentgeltlichkeit der Zuwendung voraus ($ 516 Abs.1 einer objektiv vorhandenen Bereicherung nicht auf den
BGB), die freigebige Zuwendung den Bereicherungswillen mangelnden Bereicherungswillen des Veräußerers berufen,
des Zuwendenden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III kann daher insoweit nicht gefolgt werden, als darin zum
229/52 U vom 25. September 1953, BStBl. 1953 III S. 308, Ausdruck kommt, subjektive Voraussetzungen seien für die
Slg. Bd. 58 S. 43%). Entstehung der Haftung nach 8 61 Abs.1 Satz2 LAG
Ob ein solcher Bereicherungswille auch in den Fällen des überhaupt nicht erforderlich.
$ 61 Abs.1 Satz2 LAG erforderlich ist, erscheint fraglich. An dieser Auffassung ist jedoch richtig, daß eine objektiv
$ 19 Abs. 1 der 14. AbgabenDV-LA, der auf das ErbStG ver- vorhandene Bereicherung, vor allem wenn sie ein gering-
weist, bezieht sich nur auf den unentgeltlichen Vermögens- fügiges Ausmaß überschreitet, ein wesentlicher Anhalts-
erwerb im Sinne des $ 61 Abs.1 Satzı LAG, nicht auch vyunkt dafür ist, daß die Vertragsparteien die wirtschaftlich
auf den Vermögenserwerb im Sinne des $ 61 Abs.1 Satz2 ungleichwertigen Leistungen mit Rücksicht-auf die beste-
LAG. Der Verordnungsgeber hat dazu in ‚der amtlichen henden persönlchen Beziehungen vereinbarten und daß
Begründung auch ausdrücklich ausgeführt, daß durch die gaher in der Regel die Feststellung einer Ungleichwertig-
in $ 19 Abs.1 a.a.O. enthaltene Begriffsauslegung 8 61 Leit von Leistung und Gegenleistung bei Vorliegen persön-
Abs. 1 Satz 2 LAG nicht berührt werde. Wenn eine Haftung licher Beziehungen für die Inanspruchnahme zur Haftung
nach $ 61 LAG in Betracht komme, so liege erbschaft- ausreicht. Nur wenn der Bereicherte darlegen kann, daß
steuerlich in den Fällen des 8 61 Abs.1 Satz 1l LAG in Ver- entgegen der durch die objektive Bereicherung begründeten
bindung mit $ 19 Abs.1 a.a. O. gleichzeitig eine Schenkung Vermutung der Veräußerer sich der Ungleichwertigkeit von
oder Zweckzuwendung vor, die — abgesehen von den Frei- Leistung und Gegenleistung nicht bewußt war, oder daß er
beträgen — zur Festsetzung von Erbschaftsteuer führe gie Ungleichwertigkeit nicht wegen der persönlichen Bezie-
(Bundesrat-Drucksache Nr. 57/55 zu 88 19 und 22 der 14. Ab- hungen, sondern aus anderen Gründen in Kauf nahm, ent-
gabenDV-LA). fällt die Haftung des Erwerbers nach 8 61 Abs.1l Satz2
Die Frage, ob auch in den Fällen des 8 61 Abs.1 Satz2 LAG.
LAG gleichzeitig eine freigebige Zuwendung im Sinne von Das Finanzgericht hat das Vorliegen derartiger Gründe
$ 3 ErbStG vorzuliegen hat, bedarf jedoch im Streitfall kei- ;m Streitfall mit Recht bejaht. Es hat dazu ohne Rechts-
ner erschöpfenden Erörterung, Es ist dem Finanzgericht verstoß festgestellt, daß in den Jahren 1952 und 1953 für
jedenfalls insoweit zuzustimmen, daß auch in diesen Fällen gleichwertige Erbteile Preise von 9000 DM und 12 000 DM
der Veräußerer wissen und in Kauf nehmen muß, daß mit mit Nichtverwandten vereinbart wurden. Auch hat Herr X.
Rücksicht auf seine persönlichen Beziehungen zum Erwer- „unächst die übrigen gleichwertigen Erbteile für 12500
ber die Gegenleistung wirtschaftlich nicht gleichwertig ist. DM erwerben wollen und erst, nachdem dieser Vorschlag
Dies ergibt schon eine Auslegung des $ 61 Abs.1 Satz2 von den Miterben abgelehnt worden. war, seinen Anteil für
LAG. Eine Gegenleistung ist nur dann mehr nach den per- 15000 DM verkauft. Bei dieser Sachlage ist es schon frag-
sönlichen Beziehungen als unter dem Gesichtspunkt ihrer jich, ob überhaupt objektiv die vom Finanzamt angenom-
wirtschaftlichen Gleichwertigkeit „bemessen“, wenn zwi- mene Bereicherung der übrigen Miterben vorliegt. Jeden-
schen der Ungleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen falls ist es nicht zu beanstanden, wenn auf Grund der
und den persönlichen Beziehungen ein innerer Zusammen- gargelegten Umstände das Finanzgericht das Vorliegen der
hang besteht. Der Umstand, daß Leistung und Gegenlei- subjektiven Voraussetzungen für die Inanspruchnahme zur
stung' sich wirtschaftlich nicht ausgleichen, muß auf den Haftung verneint hat.
persönlichen Beziehungen der Vertragsparteien beruhen.
Dazu ist erforderlich, daß mindestens der Veräußerer sich Das Finanzgericht hat daher den Haftuhgsbescheid und
die Einspruchsentscheidung des Finanzamts mit Recht auf-
2) StZBl. Bln. 1954 S. 229, gehoben.
Vermögensabgabe Beschaffung von Hausrat sei als Vermögensumschichtung
% im Sinne von Tz. 22 der Verwaltungsanordnung des Bundes-
Urteil des BFH vom 7. Februar 1964 — II 807/61 UM ministers der Finanzen vom 19. Juli 1954 LA 2831._ 145/54
(StZBI. Berlin 1964 8. 775) (BStBl. 1954 I S. 380) anzusehen.
Verwendet ein Abgabepflichtiger Teile seines Vermögens Die Beschwerde und Berufung blieben ohne Erfolg. Die
zur Anschaffung von Hausrat, so steht eine dadurch ein- Vorinstanz führte im wesentlichen aus: Dem Restvermögen
getretene Vermögensminderung einem Erlaß von Vermö- von 9050 DM. müßten zumindest die Kapitalrückzahlungen
gensabgabe nur dann entgegen, wenn diese Aufwendungen an die Bfin. in den Jahren 1953 und 1956 von zusammen
unangemessen hoch waren. 5132 DM zugerechnet werden, denn zumindest diese Beträge
seien für die Anschaffung der Aussteuer verwendet worden.
LAG $ 203 Abs.5; AO $ 131; Verwaltungsanordnung des Die Erstanschaffung von Hausrat stelle aber eine Vermö-
Bundesministers der Finanzen vom 19. Juli 1954 (BStBl. gensumschichtung dar und schließe einen Erlaß aus. Ob
1954 I S. 380) Tz. 18, 21, 22.‘ eine Abgabepflichtige neue Möbel an Stelle von alten Ein-
Der Bfin. stand am 21. Juni 1948 eine Darlehnsforderung richtungsgegenständen kaufe oder ob sie sich eine Aussteuer
von 17175 DM zu. Sie wurde mit dieser zur Vermögens- anschaffe, stelle keinen Unterschied dar. Die Aussteuer sei
abgabe veranlagt. Nach der unanfechtbar gewordenen Ver- als voller wirtschaftlicher Gegenwert für den Anschaf-
anlagung betragen die Abgabeschuld 6050 DM und der fungspreis anzusehen. Die Wertminderung der Möbel, die
ursprüngliche Vierteljahresbetrag 102,85 DM. sich in einem niedrigeren Wiederverkaufspreis ausdrücke,
N N ., Sei ohne Auswirkung. Hiernach liege "keine Vermögens-
Die Bfin. beantragte im August 1957 Stundung und teil- minderung von mehr als 40 v. H. vor.
weisen Erlaß der Vermögensabgabe ab 1. Januar 1957, weil
die‘ Darlehnsschuldnerin bis einschließlich 1956 8125 DM Mit der Rb. wird vorgetragen, die Vorinstanz habe zu
zurückgezahlt habe und sonach' die Darlehnsforderung am Unrecht dem Zweck der Hausrätsbeschaffung keine Bedeu-
1. Januar 1957 nur mehr 9050 DM betrage. Das Vermögen tung beigemessen. Man könne der Auffassung sein, bei
der Bfin. habe sich mithin um ca. 47 v.H. verringert. Der kleinen Vermögen, wie hier, seien die Ausgaben für Aus-
zurückgezahlte Darlehnsbetrag sei zur Anschaffung einer steuer begünstigt, vor allem dann, wenn das vorhandene
Aussteuer verwendet worden. Vermögen im weitgehenden Maße die Rolle des Einkom-
3 . ar _ Mens spielen müsse wie im Streitfalle, weil das vorhandene
PESUS He N BOT ER Eee SE AS nicht Einkommen nur ungenügend und spärlich sei. Der Staat
gewährt wer den könne. Die Verwendung von Vermö gen zur wolle doch die Gründung von Familien fördern, er sollte
T ) daher die Bereitschaft, Aussteueraufwendungen zu machen,
l) BStBl. 1964 III S. 225, anerkennen. Weiterhin trägt die Bfin. vor, sie habe nach