754 Steuer- und Zollblatt für Berlin 14. Jahrgang XNr.37 19. Juni 1964
chende Anwendung“. Damit ist aber das Erbbaurecht auch lich wie der Grund und Boden des beherrschenden Grund-
bürgerlich-rechtlich nicht etwa ohne weiteres ein Grund- stücks zu behandeln war. Das Erbbaurecht ist anderer Art.
stück. Es ist vielmehr ein Recht eigener Art, das wirt- Es kann im Gegensatz zu einer Grunddienstbarkeit, die im
schaftlich zwischen der Miete und dem Eigentum steht. 8 1018 BGB als subjektiv-dingliches Recht zugunsten des
Wenn nach verschiedenen Steuergesetzen die’für Grund- zeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstückes aus-
stücke geltenden Bestimmungen auf das Erbbaurecht gestaltet ist, nur in subjektiv-persönlicher Form für eine
angewendet werden, so beweist das nur, daß auch steuer- natürliche oder juristische Person bestellt werden,
lich Grundstücke und Erbbaurechte nicht ohne weiteres . ” .
gleichgestellt sind, sondern nur, soweit das besonders be- Wenn in dem Urteil des Senats VI 138/55 U a.a.O. bei
stimmt. ist. Da das Erbbaurecht ein Recht ist, das nach Ausführungen über den Eigenbesitz im Sinne des $ 11
Ablauf der vereinbarten Frist erlischt. und’ dessen Wert Ziff. 4 des Steueranpassungsgesetzes und über die tatsäch-
während der Vertragsdauer nach und nach gemindert liche Verfügungsmacht bemerkt ist, daß „die erhebliche
wird, gehört es im Sinne des 8 7 EStG zu den abnutzbaren Dauer des Erbbaurechts von 99 Jahren ... praktisch auf
Wirtschaftsgütern. Die Auffassung des Finanzgerichts, eine unbegrenzte Dauer hinausläuft‘“, so sollte damit keine
daß das Erbbaurecht bei dem Berechtigten ebenso behandelt Entscheidung über die Rechtsnatur des Erbbaurechts ge-
werden müsse wie der Grund und Boden beim Eigentümer, troffen werden, vor allem nicht in dem Sinne, daß das
findet im Gesetz keine Stütze. Erbbaurecht im Sinne des 8 7 EStG ein Wirtschaftsgut sei,
x N das keiner Abnutzung durch Zeitablauf unterliege.
Die Entscheidung des Senats VI 120/60 U a.a.O., auf
die sich das Finanzgericht beruft, stützt die Vorentschei- Die angefochtenen Entscheidungen, die auf anderen
dung nicht. Damals handelte es sich um ein als Grund- rechtlichen Erwägungen beruhen, waren deshalb aufzu-
dienstbarkeit eingetragenes nicht befristetes Wegerecht, heben. Die Sache wird an das Finanzamt zurückverwiesen,
das gemäß 88 1018 und 96 BGB Bestandteil des herrschen- das im Einspruchsverfahren die Einkommensteuer ander-
den Grundstücks war und deshalb auch einkommensteuer- weit zu berechnen hat.
Einkommensteuer Teilwert des entnommenen Wirtschaftsguts zu berechnen.
& In Höhe des Unterschieds zwischen dem Buchwert der
Urteil des BFH vom 31. Januar 1964 — VI 337/62 S') Grundstückshälfte und ihrem Teilwert habe der Vater einen
(StZBl. Berlin 1964 8. 754) Gewinn verwirklicht.
Überträgt ein Vater als Gesellschafter einer Personengesell- Mit der Rb. rügt die Bfin. unrichtige Rechtsanwendung
schaft zur vorweggenommenen Regelung der künftigen und führt aus, die Grundstückshälfte sei nicht zu betriebs-
Erbschaft einen Teil des Betriebsgrundstücks auf seinen fremden Zwecken entnommen, sondern sei vor und nach der
Sohn als Mitgesellschafter, so liegt darin keine Entnahme Übertragung ihr notwendiges Betriebsvermögen gewesen.
des übertragenen Grundstücksteils mit der Folge, daß der Die Übertragung der Grundstückshälfte.sei darum steuer-
Vater die in dem übertragenen Grundstücksteil ent- lich ohne Bedeutung. Der Bundesfinanzhof lehne Über-
haltenen stillen Reserven alsbald als Entnahmegewinn ver- spannungen der Bilanzbündeltheorie ab und betone in
steuern muß. Voraussetzung ist, daß der Sohn den Buchwert Grenzfällen das handelsrechtliche Wesen der Personengesell-
des übernommenen Grundstücksteils fortführt. schaft als gesamthänderisch gebundenes Sondervermögen,
EStG 1953 8 6 Abs. 1 Ziff. 4; EStDV 1953 8 5. z. B. im Urteil I 117/60 S vom 29. November 1960 (BStBl.
. . ei N 1961 III S. 183, Slg. Bd. 72 S. 500”). Im übrigen beruft sich
Am Gewinn der Bfin., einer OHG, waren im Streitjahr qgie Bfin. für ihre Auffassung auf die‘rechtskräftigen Ur-
1953 Vater und Sohn als Gesellschafter mit je 50 v. H. be- teile des Finanzgerichts Münster Ia 135-136/55 vom 5. Ja-
teiligt. Eigentümer des Betriebsgrundstücks war der Vater. nuar 1956 (Entscheidungen der Finanzgerichte — EFG —
In einem notariellen Vertrag übertrug er im Jahre 1953 das 1956 S. 77) und des Finzangerichts Düsseldorf, Kammern
Miteigentum an dem Grundstück im Wege der vorweg- in Köln, VII 130/60 F vom 26. Mai 1961 (EFG 1962 S. 53)
genommenen Erbschaft unentgeltlich zur Hälfte auf den sowie auf Theis („Betrieb“ 1957 S. 728).
Sohn, der dann auch als Miteigentümer. im Grundbuch ein- T N e
getragen wurde. Das Grundstück wurde vor und nach Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
dieser Übertragung ausschließlich für den Betrieb der Bfin. Werden von einem Unternehmer unentgeltlich Wirt-
genutzt. schaftsgüter seines Betriebs auf eine andere Person über-
Das Finanzamt behandelte die Übertragung der Grund- tragen, so tritt dabei eine Gewinnverwirklichung ein, wenn
stückshälfte als Entnahme des Vaters aus dem Betrieb und durch die Übertragung der Gegenstand gemäß $ 6 Abs. 1
nahm in Höhe der Hälfte des Unterschieds zwischen dem Ziff. 4 EStG 1953 aus dem Betrieb „entnommen“ wird, Die
Teilwert und dem Buchwert des Grundnstücks eine Gewinn- „Entnahme“ ist ein Vorgang, durch den ein Wirtschaftsgut,
verwirklichung beim Vater an. Der Einspruch hatte keinen das bisher dem Betrieb gewidmet war, aus dieser Bindung
Erfolg. gelöst und in den außerbetrieblichen Vermögensbereich des
N 7 S ; n Unternehmers überführt wird. Entnahme bedeutet also Ent-
Das Finanzgericht gab im Streitpunkt der Berufung nicht fernung aus dem Betriebsvermögen zu betriebsfremden
statt und führte aus: Handelsrechtlich könne eine OHG Zwecken.
selbständig Trägerin von Rechten und Pflichten sein; sie - n - r
könne daher unter ihrer Firma auch dingliche Rechte _ Hier war der Vater bis zur Übertragung der Grundstücks-
erwerben und als Eigentümerin eines Grundstücks im Grund- hälfte Alleineigentümer; nach der Übertragung sind der
buch eingetragen werden. Einkommensteuerrechtlich sei Vater und der Sohn je zur Hälfte Eigentümer. Daß eine
dagegen eine Personengesellschaft kein selbständiges Änderung der Eigentumsverhältnisse vor sich gegangen
Steuersubjekt; vielmehr würden die Mitunternehmer mit ist, liegt also offen.
den auf sie entfallenden Gewinnanteilen zur Einkommen- Eine andere Frage ist aber, ob diese Änderung der bürger-
steuer herangezogen. Jeder Gesellschafter habe als Mit- ]ich-rechtlichen Eigentumsverhältnisse auch notwendig als
unternehmer einen eigenen Gewerbebetrieb; die Steuerbilanz ‚Entnahme“ des Vaters und „Wiedereinlage“ des .Sohnes
der. Personengesellschaft fasse nur die Bilanzen der Mit- gewürdigt werden muß, wie es das Finanzgericht getan hat.
unternehmer zusammen (sogenannte Bilanzbündeltheorie). Betrachtet man das Ergebnis des Finanzgerichts nicht
Hier hätten also der Vater und der Sohn als Gesellschafter juristisch-konstruktiv, sondern mehr vom wirtschaftlichen
der Bfin. jeder einen eigenen Gewerbebetrieb gehabt. Der Erfolg her, so ist der Bfin. zuzugeben, daß das ganze Grund-
Miteigentumsanteil an dem Grundstück sei dem Sohn in der stück vorher und nachher ausschließlich ihrem Betrieb ge-
Weise übertragen worden, daß der Vater die Grundstücks- dient hat. Die Vorstellung, daß in einem gedachten Augen-
hälfte in sein Privatvermögen überführt, also „entnommen“, plick der Vater die Grundstückshälfte zu betriebsfremden
und außerhalb des Betriebsvermögens dem Sohn geschenkt Zwecken aus seinem Betriebsvermögen entnommen, außer-
habe, der sie dann wiederum aus seinem Privatvermögen in halb des Betriebs dem Sohn übertragen und dieser dann die
sein „Mitunternehmen“ eingelegt habe. Diese Entnahme des Hälfte wieder in sein Betriebsvermögen eingelegt habe, ist,
Vaters sei gemäß 8 6 Abs. 1 Ziff. 4 EStG 1953 mit dem
1) BStBl. 1964 III S. 240. 2) StZBl. Bln. 1961 S. 780.