Steuer- und Zollblatt für Berlin 18. Jahrgang Nr. 34 31. Mai 1963 759
Gewerbeertrag wird nur bei dieser zur Gewerbesteuer Besteuerung der Personengesellschaft
herangezogen und ist, auch soweit er auf die GmbH B muß bei der Frage der Mitunternehmerschaft das bürger-
entfällt, nicht Bestandteil der Gewerbesteuerveranlagung liche Recht die Grundlage bilden. Es handelt sich hiernach
bei der GmbH A (88 8 Ziff. 8, 9 Ziff. 2 GewStG). Er be- um zwei juristische Personen und damit um verschiedene
rührt somit das Organverhältnis nicht. Im Rahmen der Unternehmen.
Umsatzsteuer einheitlichen Vorgang gewertet hat, so daß der Steuer-
Urteil des BFH vom 31. Januar 1963 — V 157/60 U pflichtigen die steuerlich schädliche Zerlegung zuzurechnen
sei.
(StZBIl. Berlin 1963 8.759) Nach erfolglosem Einspruch hatte die Steuerpflichtige
Ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang ist nicht gege- 1" Berufungsverfahren Erfolg.
ben, wenn für den Abschluß eines besonderen Bearbei- Die gegen die Zubilligung der Steuerfreiheit gerichtete
tungsvertrages wirtschaftlich beachtliche Gründe vorliegen Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.
und der Liefergegenstand im Zeitpunkt der Bearbeitung op Senat hat in ständiger Rechtsprechung die Aufspal-
durch den Großhändler noch nicht „ar DEE Cr tung eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorganges, zum
war, so daß zu MOSE Zeit ie TEN N nr be CN VE Beispiel in eine Lieferung und in eine Werkleistung, unge-
gungsmacht noch nicht auf den Großhändler übergegangen unter der bürgerlich-rechtlichen Gestaltung ‚abgelehnt. Er
WAT: hat diese Auffassung zuletzt in dem Grundsatzurteil
UStG 8 4 Ziff. 4; UStDB 1951 $$ 2, 12, 29 Abs.1 und Abs.2 v 87/60 S vom 13. Dezember 1962 (BStBl. 1963 III S. 722)
Ziff. 9) Buchst. b und Ziff. 13 Buchst. d. vertreten. Der Senat hat aber die bürgerlich-rechtliche Ge-
A - SO Ras staltung nicht völlig beiseite geschoben, sondern hat ihre
Streitig ist, ch die Steuerpflichtige für die Entgelte aUS ‚wirtschaftliche Bedeutung zu rtüsseh gesucht (vgl. insbe-
Großhandelslieferungen mit Eisenschrott, den sie zuvor sondere das ‚Urteil des Bundesfinanzhofs V 5/58 U vom
auf Grund eines besonderen Vertrages mit der Deutschen 17. Oktober 1958, BStBl. 1958 III S. 475 Sig. Bd. 617
Bundesbahn (DB) durch Zerlegung unbrauchbar gewor- Ss. 5299) - ) ? ) °
dener Lokomotiven gewonnen und sodann käuflich erwor- Y . nn .
ben hatte, Steuerfreiheit nach 8 4 Ziff. 4 UStG in Anspruch Das Finanzamt hat sich für seine Auffassung unter an-
nehmen kann. derem auf Urteile des Reichsfinanzhofs berufen, die jedoch
N ; tatbestandlich in wesentlichen Punkten anders liegen und
Nach den Feststellungen der Vorinstanz liegt dem geshalb auch eine andere rechtliche Beurteilung erforder-
Rechtsstreit folgender Sachverhalt zugrunde: ten. So hat im Urteilsfalle V 667/37 vom 24. August 1938
Die Zerlegung der Lokomotiven und der spätere Erwerb (RStBl. 1938 S. 917, Slg. Bd. 44 S. 331) der Steuerpflich-
eines Teiles des daraus gewonnenen Schrotts sind auf der tige zweifelsfrei die Gesamt partien Metallstücke bzw.
Grundlage eines zwischen der Steuerpflichtigen und der Stoffabfälle erworben und die erworbenen Gegen-
DB im März 1952 geschlossenen Vertrages vor sich gegan- Stände in seinem Interesse zum Zwecke der Preisbe-
gen. Nach diesem Vertrage beauftragt die DB die Steuer- Fechnung sortiert; die schädlichen Bearbeitungsmaßnah-
pflichtige. mit der Zerlegung ausgemusterter Lokomotiven men waren ihm deshalb zuzurechnen. Auch im Urteilsfalle
und Tender. Die Lokomotiven werden von der DB „fracht- V 336/39 vom 25. Oktober 1940 (RStBl. 1941 S.94, Slg.
frei Zerlegungsbetrieb“ der Steuerpflichtigen zugeführt, Bd49 S.232), der das Nachsortieren von Kartoffeln betraf,
nachdem sie zuvor bahnamtlich gewogen worden waren. hatte der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der tatsächlichen
Als Vergütung für die Zerlegung bezahlt die DB für jede Anlieferung die Verfügungsmacht über. die Waren erlangt,
Tonne Eingangsgewicht — DM. und zwar einschließlich der fehlerhaften Kartoffeln, die er
nach seinem Ermessen beanstanden und zurückgeben
Nach Durchführung der Zerlegung werden von dem Konnte. Schließlich lag auch im Urteilsfalle V 96/42 vom
Gesamtgewicht der zerlegten Lokomotive etwa 40 % Rück- 9. Oktober 1942 (RStBl. 1942 S. 1055) sicherlich ein ein-
lieferungsteile (NE-Metalle, Ersatzstücke und Werkstoffe) heitlicher Werklieferungsvertrag vor, dessen wirtschaft-
von der DB nach näherer Weisung des zuständigen Über- liches Ergebnis die Erstellung einer fertigen Bahnstrecke
wachungsbeamten zurückverlangt. Unter die Ersatzstücke sein sollte.
und Werkstoffe fallen unter anderem sämtliche wieder ver- Die Entscheidung des Streitfalles hängt entscheidend
wendbaren Teile der Brems-, Zug- und Stoßvorrichtungen qavon ab, ob die Steuerpflichtige den Schrott bereits vor
und alle Armaturen, auch ganze Radsätze oder nur die ger qurch sie vorgenommenen Bearbeitung erworben, um-
Achswellen in ganzer Länge, Lokbekleidungs- und Tender- <atzsteyerlich betrachtet: „geliefert“ erhalten hatte. Hier-
bleche, Kolbenstangen, Rauch- und Siederohre und der- „uf stellt zutreffend auch die Vorinstanz ab. Die Frage,
gleichen, ob die — für sich betrachtet — sicherlich steuerlich schäd-
Hinsichtlich des übrigen gewonnenen Schrotts behält sich liche Bearbeitung der Zerlegung von Lokomotiven in ofen-
die DB vor, den Schrott (rund 60 % des Eingangsgewich- fertigen Schrott zwischen dem Erwerb und der Weiter-
tes) der Zerlegefirma je zur Hälfte zu den Preisen der Sor- lieferung vorgenommen worden ist, „ist im wesentlichen
ten 0 und 1a zum jeweils amtlich festgesetzten Zubringer- eine Frage der tatsächlichen Beurteilung. Wenn sich die
preise zu überlassen, wobei jedoch die DB in Übereinstim- Vorinstanz vor allem auf Ziff. 7 des Vertrages beruft, nach
mung mit der Schrottauftragsstelle bestimmt, an welche der sich die DB ausdrücklich vorbehält, den
Verbraucherstellen dieser Schrott — ofenfertig geschnitten gewonnenen Schrott der Zerlegefirma zu überlassen sowie
—. weiter zu liefern sein wird. auf eine zur Beweiserhebung eingeholte Auskunft der DB
vom..., Nach der das jeweilige Verkaufsschreiben nach
Der Verkauf geschah in der Weise, daß die DB jeweils der Zerlegung der Lokomotiven keine bloße Formalität ge-
Nach besonderen Vertragsverhandlungen ein besonderes wesen sei, so ist dies nicht zu beanstanden. Die DB hat in
Verkaufsschreiben an die Steuerpflichtige richtete. Durch ihrer Auskunft auch wirtschaftlich beachtliche Gründe
dieses Schreiben wurde einmal der Verkaufsvertrag über dafür vorgebracht, daß sie bis zum Abschluß der Zerle-
die jeweilige Schrottmenge (Annahme eines vorherigen gung Eigentümerin des Schrotts bleiben wollte; sie konnte
entsprechenden Angebotes der Steuerpflichtigen) abge- zur Zeit des Abschlusses des Zerlegungsvertrages die Ent-
schlossen, zum anderen aber auch das Eigentum am Schrott wicklung der Schrottpreise nicht übersehen, auch wollte
auf die Steuerpflichtige nach $ 929 Satz 2 BGB übertragen. sie in der Lage bleiben, die Weiterlieferung an mit ihr zu-
Ö es . x ... sammenarbeitende Schrottverbrauchswerke zu steuern. Dies
‚Das Finanzamt hat auf Grund einer Betriebsprüfung in xonnte sie aber nur, wenn sie auch über den Schrott
einer Berichtigungsveranlagung die Steuerfreiheit der weiterhin die rechtliche und durch ihren Überwachungs-
Schrottlieferungen versagt, weil es die Zerlegung der Loko- peamten auch die tatsächliche Verfügungsmacht, das heißt
motiven und den Erwerb des Schrotts wirtschaftlich als
7 2) StZBIl. Bln. 1963 S. 720,
1) BStBl. 1963 III S. 198. 3) StZBl. Bln. 1959 S. 422.