Steuer- und Zollblatt für Berlin 18. Jahrgang Nr.57 20. September 1963 „J87
Reichsabgabenordnung richtigungsbescheid mußte ersatzlos aufgehoben werden.
Urteil des BFH vom 30. Mai 1963 — V 86/60 UX) Es Er ORTE dem mit Bescheid vom ... 1956 fest-
x gesetzten Steuerbetrage verbleiben. Die Bfin. kann daraus,
(StEEI. Berlin 1063 8.7087) daß das Finanzamt entgegen der eindeutigen Rechtslage
Hat das Finanzamt eine rechtskräftige Veranlagung zu- eine Berichtigungsveranlagung vorgenommen hat, nichts
ungunsten des Steuerpflichtigen berichtigt, obwohl die Vor- für ihre Auffassung herleiten. Im übrigen würde, auch
aussetzungen des: 8& 222 Abs.1 Ziff. 1 AO gar nicht vorla- wenn man der Bfin. darin folgen wollte, daß durch die —
gen, weil z. B. nicht neue Tatsachen von einigem Ge- unzulässige —- Berichtigungsveranlagung ein neues Verfah-
wicht festgestellt werden konnten, so war diese Berich- ren eingeleitet worden sei, der Erstattung der Zusatzsteuer
tigungsveranlagung unzulässig. $ 234 AO entgegenstehen, wie das Finanzgericht zutreffend
Der ursprünglich festgesetzte Steuerbetrag ist rechtskräf- ausgeführt hat. Insoweit wird auf das Grundsatzurteil des
tig geblieben, so daß der Steuerpflichtige eine niedrigere erkennenden Senats V 244/61 S vom 22. November 1962
Festsetzung der Steuer auch dann nicht verlangen kann, (BStBl. 1963 IIL S. 31%) Bezug genommen,
wenn in diesem Betrage Steuern enthalten sind, die auf Die ‚Steuerpflichtige hat nach Erlaß eines- Bescheides
einer durch das Bundesverfassungsgericht für nichtig er- unter anderem noch folgendes vortragen lassen: .
klärten Norm beruhen, Steuerbescheide seien Verwaltungsakte und als solche
AO 88 222 Abs. 1 Ziff. 1, 234; BVerfGG 8 79. eine Einheit; partielle. Steuerbescheide gebe es nicht. Im
: ; : Falle des 8 222 Abs.1 Ziff.1 AO müsse auch nach Auffas-
ee Mon T080 zer Etat Von 05 000. Sung des Senats der ganze Steuerfall wieder aufgerollt
DM rechtskräftig veranlagt worden. In diesem Steuerbe- werden. Mit Erlaß des Berichtigungsbescheides sei der ur-
trage war Herstellerzusatzsteuer (8 58 UStDB 1951) mit sprüngliche Bescheid ersatzlos und endgültig aus der Welt
25 000,-— DM enthalten. Bei einer Betriebsprüfung in 1957 geschafft worden. Auch $ 234 AO besage nichts‘ darüber,
wurde: lediglich eine neue Tatsache zuungunsten der Bfin inwieweit der neue Bescheid anfechtbar sei. Die Auffassung
festgestellt ; ° des Senats berücksichtige nicht die ex-tunc-Wirkung der
geste (Verkauf zweier gebrauchter Kraftwagen an Urteile des Bundesverfassungsgerichts
Unternehmer), die eine Umsatzsteuer von 48,— DM ergab. 895 Nat .
Das Finanzamt berichtigte daraufhin nach $ 222 Abs.1 Diese Argumentation verkennt jedoch, daß der Berich-
Ziff. 1 AO den ursprünglichen Bescheid um 48,— DM, ließ tigungsbescheid verfahrensrechtlich gar nicht zulässig und
aber die. Herstellerzusatzsteuer entgegen dem auf das deshalb aufzuheben war. Damit ist aber der erste — rechts-
Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2 BvL 18/56 vom Kräftige — Bescheid wieder in Kaft getreten. Nach der Aus-
5. März 1958 (BGBl. 1958 I S.154, BStBl. 1958 I S.83) gestaltung des. Veranlagungsverfahrens, wie es die Abga-
gestützten Erstattungsantrag der Bfin. unverändert. We ED ar En ri en Senats
; . ; z2 nic enkbar, da. urc je gebotene Aufhebung eines
SE en EEG UAUDELCET Deccher Berichtigungsbescheides für das Streitjahr überhaupt keine
des fest; die Erstattung der Zusatzsteuer lehnte es gleich- Veranlagung vorläge. Die ersatzlose Aufhebung einer Vor-
falls aD. entscheidung, insbesondere auch eines Berichtigungsbe-
Ei . . nn scheides, durch eine Rechtsmittelinstanz bedeutet vielmehr,
Die hiergegen gerichtete Rb, ist unbegründet. daß solchenfalls der ursprüngliche Bescheid wieder in
Zutreffend ist das Finanzgericht von der ständigen Recht- Kraft tritt. Aus $ 234 AO geht zumindest hervor, daß der
sprechung des Bundesfinanzhofs ausgegangen, die eine Be- ursprünglich. festgesetzte Steuerbetrag eine fortdauernde
richtigungsveranlagung nach 8 222 Abs.1 Ziff.1 AO nur Wirkung hat. Da sich die Auffassung des Senats aus dem
dann als zulässig erachtet, wenn neue Tatsachen von Verfahrensrecht der AO ergibt und dieses Recht durch 8 79
einigem Gewicht vorliegen. Im Streitfalle war diese Abs.2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht
Voraussetzung nicht gegeben (vgl. Urteil des erkennenden unberührt geblieben ist, kommt es auch nicht darauf an,
Senats V 180/59 U vom 8. Februar 1962, BStBl. 1962 III daß, wie die Bfin. meint, aus 8 79 Abs.2 a.a.O. nichts für
Ss. 225, Slg. Bd. 74 S. 610”). Lagen hiernach die Vorausset- eine partielle Rechtskraft eines Verwaltungsaktes zu ent-
zungen des $ 222 Abs.1 Ziff.1 AO gar nicht vor, so durfte nehmen sei.
das Finanzamt einen Berichtigungsbescheid nicht erlassen. Ha . v6 n
Die Berichtigungsveranlagung war unzulässig; der Be- an alledem war die Rb. als unbegründet zurückzu-
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Z SNOBL Bier 1062 5. 1388. 3) StZBl. Bin. 1963 S. 341.
Reichsabgabenordnung — Einkommensteuer von Ne Nee m $ hlen Se SEA ee zz soll,
8 hat es die Grenzen zu beachten, die das Gesetz dem Ermes-
Urteil des BFH vom 25. April 1963 — IV 876-378/60 U sen zieht, und die Grundsätze von Recht und Billigkeit zu
(StZBI. Berlin 1963 8. 1087) berücksichtigen (8 2 Abs.1l und 2 StAnpG). Im Streitfall
: sachti : & hat das Finanzgericht die Benennung der Empfänger für
En Ed pe zumutbar gehalten. Grundsätzlich ist es Aufgabe der Tat-
Schmiergeldern. usw. im allgemeinen nicht auf eine ernst- Sacheninstanzen, zu entscheiden, wie das Ermessen ericht
liche Gefährdung seiner Existenz berufen, keinesfalls aber, üben ist. Im Berufungsverfahren tritt das FWinanzgeric
; 5 : ä n an die Stelle des Finanzamts. Die Entscheidung des Finanz-
wenn es ihm nur. darum ging, seinen Geschäftsbetrieb ; Ss hisbesch ä fah Corif.
mittels dieser Aufwendungen über Gebühr auszuweiten. gerichts kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur angeSrf-
fen werden, wenn das Finanzgericht bei der Ausübung sei-
A0 8 205a Abs. 2-und 3. nes Ermessens von unrichtigen Voraussetzungen ausgegan-
. gen ist, also ein Fehlgebrauch des Ermessens vorliegt.
Die Rb., mit der sich der Bf. vor allem dagegen wendet, Der Bundesfinanzhof hat in den Urteilen IV 81/50 S vom
daß seine Existenz durch die steuerliche Erfassung ‚der Von 93 Februar 1951 (BStBl. 1951 III S. 77, Slg. Bd.55 S. 204%),
ihm als Betriebsausgabe geltend gemachten Beträge ge- 7 106/56 U vom 5. Juni 1956 (BStBl. 1956 III S.206, SI1g.
fährdet sei, führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen. pq.63 8.29%) und I 316/56 U vom 16. Juli 1957 (BStBl. 1957
Wenn der Steuerpflichtige beantragt, daß bei der Ge- III S.364, Slg. Bd. 65 S.348%) ausgeführt, die Vorschrift
winnermittlung Betriebsausgaben abgesetzt werden, so des 8 205a AO solle dazu dienen, allgemein einem verwerf-
kann das Finanzamt verlangen; daß er die Empfänger der lichen Geschäftsgebaren in der Wirtschaft entgegenzu-
verausgabten Beträge so genau bezeichnet, daß ihre steuer- treten und dem Finanzamt die Prüfung zu ermöglichen, ob
liche Überprüfung möglich ist. Lehnt der Steuerpflichtige und inwieweit die von einem Steuerpflichtigen abgesetzten
dieses Verlangen des Finanzamts ab, so. werden die Be- Beträge von dem Empfänger steuerlich zutreffend behan-
triebsausgaben steuerlich nicht anerkannt ($ 205a Abs.2 delt worden sind. Das Recht und die Pflicht des Finanzamts,
und 3 AO). Dies gilt nicht nur für sofort abzugsfähigen nach $ 205a Abs.2 und 3 AO von dem Steuerpflichtigen die
Aufwand, sondern auch für den Erwerb aktivierungspflich- genaue Bezeichnung des Empfängers der geltend gemach-
tiger Wirtschaftsgüter (z.B. Wareneinkauf ohne Rech- _ .
nung). Bei der Entscheidung der Frage, ob das Finanzamt „, s+7B1. Bin. 1951 S. 312.
EENSEESREAREEEN 3) StZBl. Bln. 1956 S. 981.
1) BStBl. 1963 III S. 342. 4) StZBl.-Bln. 1958 S. 89.
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