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Steuer- und Zollblatt für Berlin 13. Jahrgang Nr. 50. 20. August 1963 (LA 995)
gemäß 8 6 LAG auch einen Beitrag der öffentlichen Hand teilweiser Zweckbestimmung einer Sonderabgabe zur Dek-
erhält. Aus diesem Ausgleichsfonds werden ohne Rücksicht kung der. sich aus dem Kriege ergebenden Lasten grund-
auf die Quellen seiner Herkunft ' die verschiedenen in 8 4 sätzlich eine teilweise Befreiung von dieser Abgabe vorsieht.
LAG aufgezählten Ausgleichsleistungen erbracht. Neben Art. 6 des Zehnten Teiles des Überleitungsvertrages lautet
der dort erwähnten Entschädigung im Währungsausgleich einleitend in seinen Absätzen 1 und 2:
für Sparguthaben Vertriebener und der Entschädigung „(1) Bis zur endgültigen Regelung der sich aus dem
nach dem Altsparergesetz (Hinweis auf $ 4 Nrn. 8 und 9 Krijeg ergebenden Ansprüche gegen Deutschland sind die
LAG) werden die Hauptentschädigung, Eingliederungsdar- ;n Abs. (2) dieses Artikels näher bestimmten Personen
lehen, Kriegsschadenrenten, Hausratentschädigung, Wohn- nd ihre Vermögen von allen Sondersteuern, -abgaben
raumhilfe, Leistungen aus dem Härtefonds, Leistungen auf ger -auflagen befreit, die sich tatsächlich auf das Ver-
Grund sonstiger Förderungsmaßnahmen, Darlehen auf mögen auswirken und zu dem besonderen Zweck auferlegt
Grund des $ 46 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes (Hin- werden, Lasten zu decken, die sich aus dem Kriege oder
weis auf $ 4 Nrn. 1 bis 7 und 10 LAG) aufgezählt. In der us Reparationen oder Restitutionen an eine der Verein-
Präambel zum LAG heißt es unter anderem, daß Se LAG ten Nationen ergeben.
„in Anerkennung des Anspruchs der durch den rieg (2) Wird eine solche Steuer, Abgabe oder Auflage nur
Een ale Grund has ‚betroffenen Bevölkerungstelle zu einem Teil für die in Abs. (1) dieses Artikels bezeich-
a rn Me ereetten berücksichtigen: net Zwecke erhoben, so richtet sich die zu gewährende
den Ausgleich von Lasten rd auf die zur Kineliede N n Befreiung grundsätzlich danach, in welchem Ausmaß die
der G ah dieten notwendigen Hilte“ 5 5 Steuern, Abgaben oder Auflagen den genannten Zwecken
5 5 dienen. In den besonderen Fällen der Abgaben; die durch
argehe. 81 LAG bezeichnet als Ziel des Lastenausgleiches die die Gesetzgebung des Zweizonenwirtschaftsrates und die
„Abgeltung von Schäden‘ und Verlusten, die sich in- entsprechende Gesetzgebung der Länder Rheinland-Pfalz,
folge der Vertreibungen und Zerstörun- Baden und Württemberg-Hohenzollern über die Sofort-
gen der Kriegs- und Nachkriegszeit er- hilfe und durch das Gesetz über den Lastenausgleich vom
geben haben, sowie die Milderung von Härten, 14. August 1952 (Bundesgesetzblatt Teil I S. 446) vor-
die infolge der Neuordnung des Geld- geschrieben werden, sind die in den nachstehenden Be-
wesens... eingetreten sind“. stimmungen dieses Artikels bezeichneten Personen und
Vermögenswerte in dem dort vorgesehenen Umfange von
Anschließend heißt es in $ 1 LAG, daß die für den oben den Leistungen befreit, die in dem Sechsjahreszeitraum
genannten Zweck erforderlichen Mittel nach Maßgabe dieses vom 1. April 1949 bis 31. März 1955 als Soforthilfeabgabe
Gesetzes aufgebracht werden (Lastenausgleich). und im Rahmen des Lastenausgleichs als Vermögens-
7 . N abgabe zu entrichten wären...“ (Es folgen nähere Be-
‚ıP4, die HGA als Bestandteil des Ausgleichsfonds außer Stimmungen über den Kreis der Angehörigen der Ver-
Nrn. 8 und 9 LAG) tatsächlich teilweise auch für einten Nationen und die Art der Vermögenswerte.)
die sonstigen in 8 4 LAG aufgezählten Der Begriff „Sonderabgaben, die zu dem besonderen
Zwecke verwendet wird, dient sie im Zwecke auferlegt werden, Lasten zu decken, die sich aus
Sinne des 8 1 LAG teilweise auch zur Ab- dem Kriege ergeben“ in Abs. 1 des Art. 6 entspricht fast
geltung von Schäden und Verlusten, die wörtlich dem in Art. 5 Satz 3 des Dritten Teiles des Über-
sich infolge der. Vertreibungen und Zer- leitungsvertrages. Abs. 2 Satz 1 des Art. 6 stellt nun den
störungen der Kriegs- und Nachkriegs- Grundsatz auf, daß bei teilweiser Bestimmung der Sonder-
zeit ergeben haben. Im Sinne des $ 1 LAG abgabe für den fraglichen Zweck eine dem Ausmaße dieser
und der Präambel wird sie auch zu diesem Zweckbestimmung entsprechende Befreiung eintreten. soll:
Zwecke auferlegt. Wie weit man nun auch die Lei- „In den besonderen Fällen“ des Lastenausgleichs beschränkt
stungen zur „Abgeltung von Schäden und Verlusten, die sich Abs. 2 Satz 2 des Art. 6 aber darauf, eine zeitlich be-
sich infolge der Zerstörungen und Vertreibungen der Kriegs- grenzte, also teilweise Befreiung von der Vermögensabgabe
und Nachkriegszeit ergeben haben“, als identisch mit den vorzusehen. Eine Befreiung von der HGA tritt also nicht
„Lasten“ im Sinne des Art. 5 Satz 3 des Dritten Teiles des ein, was auch durch Abs. 7 des Art. 6 bestätigt wird; hier
Überleitungsvertrages ansehen mag, „die aus dem. Kriege wird bestimmt, daß bei der Berechnung anderer Lastenaus-
herrühren“, ob man z. B. die Lasten aus den Vertreibungen gleichsabgaben — wozu die HGA. gehört — so zu verfahren
der Nachkriegszeit einbezieht oder nicht, so kann doch nicht ist, als ob die von der Vermögensabgabe teilweise Befreiten
verkannt werden, daß es sich hierbei im Sinne des Art. 5 zur vollen Vermögensabgabe herangezogenen worden
Satz 3 jedenfalls teilweise um Lasten handelt, die durch den Wären. Demgemäß hat auch der Senat in seinem Urteil ILL
Krieg entstanden sind. Die Verwendung der HGA und ihre 265/55.U vom 11. Dezember 1959 (BStBl. 1960 III S. 107,
Zweckbestimmung ist ebenso wie die der Vermögensabgabe Slg. Bd. 70 S. 287%) entschieden, daß die Angehörigen der
eine gemischte (vgl. auch die rechtskräftige Entscheidung Vereinten Nationen nicht von der HGA befreit sind. Läge
der Schiedskommission für Güter, Rechte und Interessen in in der mittelbar durch Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ausgesprochenen
Deutschland — A. C/2/J (62) 1 — vom 28. März 1962, BStBl. Vereinbarung, daß die Angehörigen der Vereinten Nationen
1963 I S. 127%, zur Rechtsnatur der Vermögensabgabe im Nicht — teilweise — von der HGA befreit werden, eine An-
Sinne des Art. 6 des Zehnten Teiles des Überleitungsver- wendung des Grundsatzes des Art. 6 Abs. 2 Satz 1, so könnte
trages). Dem Bundesminister der Finanzen kann nicht darin daraus gefolgt werden, daß die vertragschließenden Mächte
beigepflichtet werden, daß sich der Zweck der HGA in der die HGA nicht als teilweise den in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 be-
Heranziehung der Schuldnergewinne erschöpfe, wovon die zeichneten Zwecken dienend angesehen haben. Indessen
tatsächliche Verwendung der aufgekommenen Mittel zu klingt im anschließenden Satz 2, der mit den Worten „In
unterscheiden sei. Vielmehr ist der Schuldnergewinn für den den besonderen Fällen...“ beginnt, an, daß bei den
Gesetzgeber das Motiv zur Heranziehung gerade. dieser einzelnen Abgaben des Lastenausgleichs besondere Tat-
Steuerquelle gewesen. Der Verwendungszweck und somit bestände vorliegen, die Veranlassung gegeben haben mögen,
der Zweck der Auferlegung im Sinne des Art. 5 Satz 3 ist — Sich bei der Regelung des Satzes 2 nicht nur im Rahmen
wie dargelegt — in den 88 3 bis 6 LAG bestimmt und ergibt einer Subsumtion unter den Begriff des Satzes 1 zu bewegen,
sich insbesondere aus der Zweckbestimmtheit und Zweck- Sondern auch anderen Erwägungen Raum zu geben. Dies
gebundenheit des Ausgleichsfonds, der zum Teil dem lag insbesondere bei der HGA nicht fern, weil mit dieser in
Aufkommen aus der HGA entstammt. Gestalt der Schuldnergewinne Vermögensteile erfaßt wer-
den, die die Umstellungsgesetzgebung der seinerzeitigen
Besatzungsmächte von. vornherein mit der Maßgabe ihrer
; II. Verwendung für den Lastenausgleich hat entstehen lassen,
Aus Art. 6 des Zehnten Teiles des Überleitungsvertrages, wie 8 16 Abs. 3 des Umstellungsgesetzes ausdrücklich vor-
der bei im wesentlichen gleicher Begriffsbestimmung den sah. Daß ein so wesentlicher Umstand, der von deutscher
Umfang der Befreiung der Angehörigen der Vereinten Na- Seite gegen die Befreiung ins Feld geführt werden konnte,
tionen regelt, aber eine Befreiung von der HGA nicht vor- nicht außer Betracht geblieben ist, liegt dann nahe, wenn
sieht, ergibt sich nichts anderes, obwohl diese Vorschrift bei die Regelung in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 auf einem Aushandeln
2), StZBl. Bln. 1963 S. 732 (Leitsatz). 3) StZBl. Bin. 1960 S. 525.