306 Steuer- und Zollblatt für Berlin 18. Jahrgang Nr.17 8. März 1963
Die von der Erbengemeinschaft G gegen die geänderten Es ist nicht richtig, wenn die Vorinstanz ausführt, das
Feststellungsbescheide eingelegten Rechtsmittel . wurden Finanzamt habe „zutreffend“ die neuen Feststellungsbe-
vom. Finanzamt im Laufe des Berufungsverfahrens. durch scheide als Änderungsbescheide nach 8 94 AO bezeichnet.
Zurücknahme der-Bescheide gemäß 8 94 AO erledigt, da Wenn die Eheleute B gegen die ihnen zugestellten Steuer-
die. Einnahmen aus dem Geschäft in den Streitjahren nicht bescheide vortrugen, sie hätten das Geschäft für Rechnung
der Erbengemeinschaft G zugerechnet werden dürften. der Erbengemeinschaft G geführt, so behaupteten sie, nicht
Steuerschuldner zu sein. Das Finanzamt hat gemäß 8 97
Auf Grund seiner geänderten Rechtsauffassung erließ AO’nur das Recht, die Steuerschuld von demjenigen einzu-
das Finanzamt nunmehr am 10. Juli 1959 erneut Feststel- fordern, den das Steuergesetz als Steuerschuldner bezeich-
lungsbescheide an. die Bg., die inhaltlich mit den. Beschei- net. Ist der im Steuerbescheid Bezeichnete nicht der richtige
den vom 24. Oktober 1956 übereinstimmten. Sie waren mit Steuerschuldner, so muß das Finanzamt den Steuerbescheid
folgendem Vermerk versehen: zurücknehmen, weil er der gesetzlichen Grundlage entbehrt.
. . - N Wird -hiernach ein anderer als Steuerschuldner festgestellt,
„Im Rechtsmittelweg ist geklärt worden, daß eine so hates diesem einen neuen Steuerbescheid zuzustellen,
steuerliche rückwirkende‘ Anerkennung des zwischen den der zwar in der Höhe der Steuerschuld mit dem zurück-
EheleutenB_ und: der Erbengemeinschaft G vor dem genommenen übereinstimmen kann; das Verfahren gegen
Notar... am 8. März 1957 geschlossenen Vertrags nicht gen neuen Steuerpflichtigen ist aber nicht die Fortsetzung
erfolgen kann. Die bisher gegen ‚die Erbengemeinschaft G ges früheren Verfahrens gegen den zu Unrecht Beanspruch-
ergangenen Feststellungsbescheide waren daher aufZü- ten, sondern ein neues selbständiges Verfahren. Darum
heben. Es erfolgt jetzt erneut die Feststellung des Ge- kann der neue Bescheid auch nicht als Änderung des alten
winns bei Zurechnung auf die Eheleute B. Die Feststel- ayfgefaßt werden. Der hier auf dem Bescheid gegen die
lungen des Betriebsprüfers in seinem Bericht‘ vom KR rbengemeinschaftG vermerkte Zusatz kann verfahrens-
24. Juli 1956 wurden berücksichtigt.“ rechtlich für die Eheleute B keine Bedeutung haben; der
Diese Bescheide wurden gerichtet an „Fa. K — Konditorei, Bescheid ist darum als neuer Bescheid in einem neuen selb-
z. Hd. von Eheleute Franz und Helene B“. ı ständigen Verfahren anzusehen.
SE en OD En Bg. wieder- nee S Sn en HE En ae DE N arAURn an
um Einspruch ein. Zur Begründung fürten sie aus, sie seien '% : ; x Han -
nicht Unternehmer des Konditoreibetriebes gewesen. Durch AO A a an N SUSE An en
Es wehlige Verfügung hätten sie sich nür in‘ der 7 Ortoher 1059, BStBI. 1961 111 ©. 286. Sig. Bd 75 S. 109).
Stellung von Verwaltern befunden, Eine solche Verfügung muß nach 8 91 AO zu ihrer Wirk-
Nach erfolglosem Einspruch‘ hob das Finanzgericht die Samkeit demjenigen zugehen, für den sie ihrem Inhalte
Einspruchsentscheidung des Finanzamts und den Feststel- Nach bestimmt ist. Der hier in Rede stehende Feststellungs-
lungsbescheid vom Juli 1959 für die einheitliche und geson- bescheid vom 9. Mai 1957 war nach seiner Aufschrift für
derte Feststellung des Gewinns aus dem Betrieb der Firma die Konditorei Erbengemeinschaft KG bestimmt und ist
K für den Veranlagungszeitraum 1952 ersatzlos auf, Das dieser auch zugestellt worden und nicht den Bg. Da das
Finanzgericht führt aus, dem Erlaß der inhaltlich mit den Verfahrensrecht im Interesse der Klarheit der Rechtslage
Bescheiden vom Oktober 1956 übereinstimmenden Feststel- die Rechtsfolgen wesentlich an die Einhaltung formaler
lungsbescheide vom Juli 1959 stände die bereits gegen die Bestimmungen knüpft, wird man der Vorinstanz nicht darin
Erbengemeinschaft G getroffene Entscheidung materiell ES GSEREDST WEIT U ee Ne de EEE A
entgegen. Mit,der nach $ 94 AO vorgenommenen, vom Fi- 5° , .
Danraml auch zutreffend also solche bezeichneten Anderung führer der KG bekanntgeworden sei. Aber selbst wenn man
der ursprünglichen Bescheide hätte es den Einspruch der Unter Berücksichtigung ana Se daß der Geschäfts-
Bg. aus dem Jahre 1956 sachlich entschieden und durch führer der KG auch Geschäftsführer der OHG der Bg. war,
diese Entscheidung die Feststellungsbescheide vom Oktober %Nnehmen will, der Bescheid vom 24. Oktober 1956 gegen
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sicht auf den beim erlandesgericht anhängigen Rechts- N x a N
streit und die schwebenden Vergleichsverhandlungen zu- N OUT 01/5E U EEE N VO En Senat
nächst auch zurückgestellt und eine förmliche Einspruchs- im Urteill 131/ Sgr meet hat. Die: Zurücknahme eines
entscheidung nicht erlassen habe, so habe €s sich durch die en en bedeutet Sen ‚ohne Z eiteres De Frei
Änderung der Bescheide doch zugunsten der Bg. entschie- Stellung. Dies gilt insbesondere für die Zurücknahme: eines
den, indem es ihrem Antrage, ihnen die Gewinne aus dem Feststellungsbescheides,
Betrieb der Konditorei nicht zuzurechnen, der Sache nach Hier aber besteht der Feststellungsbescheid vom Oktober
entsprochen habe. Die durch die Änderung bewirkte Auf- 1956 noch. Er ist durch den Einspruch der Bg. vom Novem-
hebung der ursprünglichen Bescheide sei nach $ 94 Abs.1 ver 1956 angegriffen; über den Einspruch ist noch nicht
Ziff. 2 und Abs.2 AO auch während des seinerzeit anhän- entschieden. Das Finanzamt ist auch nicht nach Treu und
gigen. Einspruchsverfahrens ohne die Zustimmung der Bg. GJauben daran gehindert, von den Bg. die Steuer anzufor-
möglich gewesen, weil ihrem Antrage in vollem Umfange gern. Eine diesem Grundsatz entgegenstehende Verwirkung
entsprochen worden sei. Dadurch sei es dem Finanzamt käme nur in Frage, wenn es sich „um ‚eine so. verspätete
nach dem Grundsatz der materiellen Rechtskraftwirkung illoyale Geltendmachung von Rechten“ handelte, daß sie
unmöglich, neue Bescheide zuungunsten der Bg. zu erlas- nicht mehr Rechtens wäre (vgl. Urteil des Bundesarbeits-
sen. Die geänderten Feststellungsbescheide vom Mai 1957 gerichts 2 AZR 438/56 vom 9, Juli 1958, Steuerrechtspre-
an die KG seien als den Bg. bekanntgegeben anzusehen. chung in Karteiform; Steueranpassungsgesetz, 8 1, Rechts-
Diese Bekanntgabe sei durch die, Übersendung der Be- spruch110) und die Geltendmachung dem bisherigen Ver-
Scheide an die Konditorei K erfolgt. Es komme dabei nicht halten des Finanzamt widerspräche. Das Finanzamt hat
darauf an, daß die geänderten Feststellungsbescheide „für alles getan, um seine Besteuerungsrechte dürchzusetzen,
die Erbengemeinschaft G bestimmt“ gewesen seien. Es aber niemals. den Bg. zu erkennen gegeben, daß es auf
genüge, daß sie den Bg. durch die Zusendung an’ die Kondi- seinen Steueranspruch verzichten wolle. Auch auf eine Aus-
torei K bekannt geworden seien. Auf die Frage, ob darüber kunft des Sachgebietsleiters können sich die Bg. nicht. beru-
hinaus der zuständige Sachgebietsleiter beim Finanzamt fen; da sie allenfalls als eine Rechtsauffassung über die
den Vertretern ihrer Bevollmächtigten anläßlich einer Be- Abwicklung des Rechtsmittels der Bg. angesehen werden
sprechung mitgeteilt habe, daß die Bescheide vom Oktober könnte, aber keine Bindung erzeugte (Urteil des Bundes-
1956 ' gegenstandslos geworden seien, komme es deshalb fnanzhofs-VI 157/60 U vom 18. November 1960. BStBl. 1961
nicht an. Eine erneute Entscheidung über. denselben Sach- 11T S.141. Sle. Bd. 72 8. 3813).
verhalt komme nicht in Frage. . E n
Der Bescheid vom Juli 1959 unterscheidet sich von dem
Der Vorsteher des Finanzamts hat Rb. eingelegt und Bescheid vom Oktober’ 1956 nur dadurch, daß der Gewinn
unrichtige Rechtsanwendung gerügt. Der Ehemann B ist im unter die Eheleute aufgeteilt worden ist, was der Rechts-
Verlaufe des Rechtsbeschwerdeverfahrens gestorben; der lage nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts
Rechtsstreit wird von der Ehefrau als Alleinerbin des Ehe-
mannes weitergeführt. Die Rb. führt zur Aufhebung der 2) StZBL Bin. 1961 8. 956
Vorentscheidung. 3) StZBIL. Bln. 1961 <. 658
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