30 Steuer- und Zollblatt für Berlin 13. Jahrgang Nr.3 18. Januar 1963
Reichsabgabenordnung — Steueranpassungsgesetz Berücksichti-
Urteil des BFH vom 21. August 1962 — I 248/60 U') N INK ER EEE iener
tungen
(StZBI. Berlin 1963 8. 30) DM DM DM
Erstbescheid 729970 118646 145% 275 095,80
' Werden durch eine Betriebsprüfung neue Tatsachen fest- 30% 35593,80
gestellt, die zu einer Erhöhung der Umsatzsteuer führen, 310 689,60
so stellt die Erhöhung der Umsatzsteuerschuld für die Zweitbescheid 722330 118646 145% 271657,80
Veranlagung der Körperschaftsteuer keine neue Tatsache 30% 35593,80
im Sinne des 8 222 Abs. 1 Ziff. 2 AO für das Jahr dar, 307 251,60.
für das die Umsatzsteuer erhöht wird. Der Senat tritt n © S G
im Ergebnis der Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV _ Das Finanzamt legte, wie aus dem Bescheid vom 18, Juli
117/58 U vom 10. August 1961, BStBl. 1961 III S. 534, 1959 ersichtlich, die tatsächlich auf das Jahr 1956 entfallen-
Sig. Bd. 73 S. 735%, bei. den berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen im Hinblick
. . . . auf $ 234 AO nicht zugrunde. Diese hätten 148 308 DM an-
Wird die Umsatzsteuerschuld mit dem durch eine Be- statt 118 646 DM betragen. Bei Zugrundelegung des rich-
triebsprüfung festgestellten Erhöhungsbetrag in Über- tigen Betrages hätte die Körperschaftsteuerschuld 302 801,30
einstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanz- DM betragen.
hofs in der Bilanz des Jahres zurückgestellt, zu dem sie e x . :
wirtschaftlich gehört, so findet auf die steuerliche Aus- Mt dem B°BCnH den me vom 18. ‚Jul Ba
wirkung dieser Rückstellung die Schranke des 8 234 AO eingelesten Einspruch verlanele die ün., die Körperschaft-
keine Anwendung. steuerschuld für 1956 auf 302 802 DM festzusetzen. Die Um-
satzsteuernachforderung beruhe auf neuen Tatsachen im
Erhöhen sich infolge von Nachaktivierungen in den Vor- Sinne des $ 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO. Dieselben Tatsachen führ-
jahren die Absetzungen für Abnutzung der folgenden ten aber zu einer niedrigeren Festsetzung der Körperschaft-
Jahre, so liegt hierin keine neue Tatsache der folgenden steuer; die wegen der Umsatzsteuerschuld gebildete Rück-
Jahre im Sinne des 8 222 Abs. 1 Ziff. 2 AO. Die Erhö- stellung in der Bilanz vom 31. Dezember 1956 habe eine
hung der Absetzungen für Abnutzung führt vielmehr zu Gewinnminderung und damit eine niedrigere Steuerfestset-
einer Berichtigung der Veranlagung nach 8 4 Abs. 3 zung zur Folge. Liege aber eine neue Tatsache im Sinne des
Ziff. 2 StAnpG. Eine Wiederaufrollung der Veranlagung $ 222 Abs. 1 Ziff. 2 AO vor, stehe 8 234 AO dem richtigen
in vollem Umfang findet nicht statt. Ansatz der A de Rt bei
. N : der Berechnung der Körperschaftsteuer nicht entgegen.
DOSE 222 Ans TEE OR, DSL SPADDOLS A ARS SB A 2. Einspruch und Berufung — mit der die Bfin. im wesent-
lichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholte — hatten kei-
Streitig ist für 1956, ob bei einer Betriebsprüfung außer nen Erfolg.
neuen Tatsachen, die eine höhere Veranlagung rechtfertigen ; Sa ; es
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sind, die eine niedrigere Veranlagung rechtfertigen (8 222 ‚ Ein gemäß 8 222 AO ergangener Berichtigungsbescheid
Abs. 1 Ziff. 2 AO). ist nach $& 234 AO selbständig anfechtbar, soweit die Ände-
rung reicht. Ein Steuerpflichtiger, der den Bescheid hat
Bei der Bfin., einer GmbH, wurde im Jahre 1959 eine auch “nanfechtbar werden lassen, kann hiernach mit seinen
den Veranlagungszeitraum 1956 betreffende Betriebsprüfung 8°8g°n den die Steuerfestsetzung erhöhenden Berichtigungs-
durchgeführt. Bei dieser Gelegenheit stellte der Prüfer hin- 0esScheid gerichteten Einwendungen grundsätzlich nur den
sichtlich der Umsatzsteuer für 1956 fest, daß die Umsatz- Erhöhungsbetrag beseitigen, nicht aber eine Unterschreitung
steuer bei der Veranlagung für 1956 um 17 281,80 DM zu der im ursprünglichen Bescheid festgesetzten Steuer er-
niedrig festgesetzt worden war. Die Nachforderung der Um- reichen (Urteil des Reichsfinanzhofs I A 222/32 vom 18. Ok-
satzsteuer beruht, was unstreitig und nach dem Akteninhalt tober 1932, RStBl. 1932 S. 958). Das gilt jedoch, wie der
auch nicht zweifelhaft ist, auf neuen Tatsachen nach 8 222 Reichsfinanzhof (Urteile VI A. 1325/32 vom 6. September
Abs. 1,Zir. 1 AO. Wegen dieser Nachforderung bildete der [7992 RStTEL 1932 8. 849, Sie. Bd. 31:8. 309: 1A 222/02,
Betriebsprüfer in der Bilanz zum 31. Dezember 1956 eine %2-a.0.; I A 183/33 vom 27. ‚September 1933, RStBl. 1983
Rückstellung... Außerdem stellte der Prüfungsbeamte neue S- 1158, Slg. Bd. 34, S. 189; III A 94/34 vom 10. Oktober
Tatsachen fest, die zu einer Erhöhung des körperschaft- 1935, RStBI. 1935 S. 1411) und der Bundesfinanzhof (Urteil
steuerpflichtigen Einkommens führten; auch dies ist un- IV 363/54 U vom en Oktober 1955, BStBl. 1955 III S. 356,
streitig. Ferner ermittelte er, daß das Finanzamt bei der 18. Bd. 61 S. 410%) in ständiger Rechtsprechung entschie-
ursprünglichen Körperschaftsteuerveranlagung für 1956 bei den haben, nicht, wenn die Berichtigungsveranlagung auch
der Berechnung des ermäßigten Körperschaftsteuersatzes 2Uf $ 222 Abs. 1 Ziff, 2 AO zu stützen ist, d.h. wenn durch
(8 19 Abs. 3 KStG 1955) als berücksichtigungsfähige Aus- Cine Betriebsprüfung auch neue Tatsachen festgestellt wur-
schüttungen den laut Gewinnverteilungsbeschluß vom den, die eine niedrigere Veranlagung rechtfertigen. In die-
16. Juni 1956 für das Kalenderjahr 1955 ausgeschütteten Ge- Scm Fall ist die Berücksichtigung der gegen die Berichti-
winn angesehen hatte. Die Bfin. hatte unter Abschnitt D 8Ungsveranlagung geltend gemachten Einwendungen mit
Ziff. 1b der am 19. Juni 1957 eingereichten Körperschaft- voller steuerlicher Auswirkung, also auch mit dem Ergebnis
steuererklärung für 1956 angegeben, der Ausschüttungs- der Unterschreitung der bisher festgesetzten Steuer zu-
betrag beruhe auf einem Beschluß über die Verteilung des 'ässig.
in der genehmigten Handelsbilanz zum 31. Dezember 1955 Im Streitfall liegen indessen neue Tatsachen im Sinne des
ausgeschütteten Gewinns. Der Körperschaftsteuererklärung $ 222 Abs. 1 Ziff. 2 AO, die eine niedrigere Veranlagung
war eine auszugsweise Abschrift des Protokolls über die Ge- rechtfertigen, nicht. vor.
sellschafterversammlung beigefügt; danach war beschlossen 1, Durch die Feststellung des Betriebsprüfers, die Bfin.
worden, aus dem Reingewinn des abgelaufenen Geschäfts- habe steuerpflichtige Entgelte nicht der Besteuerung nach
jahres eine Dividende von 12 % zu verteilen, die in gleichen gem UStG unterworfen, sind dem Finanzamt neue Tat-
Raten am 1. Juli und 1. Oktober 1956 an die Gesellschafter sachen bekanntgeworden, die eine höhere Festsetzung der
ausgezahlt werden. sollte. Umsatzsteuer rechtfertigen. Für die hier streitige Körper-
schaftsteuer haben jedoch die.neuen Tatsachen, die zur Er-
Das Finanzamt folgte bei der Berichtigungsveranlagung höhung der Umsatzsteuer des Streitjahres geführt haben,
dem Betriebsprüfer. Hinsichtlich des Einkommens, der be- keine Bedeutung. Denn sie berühren die Körperschaftsteuer
rücksichtigungsfähigen Ausschüttungen und der hierauf ent- nicht unmittelbar.
fallenden Steuer ergeben sich zwischen dem Körperschaft- Ob es sich aber bei dem Umstand, daß sich auf Grund der
steuerbescheid vom 26. November 1957 und dem Berichti- Feststellungen bei der Umsatzsteuer die Umsatzsteuerschuld
gungsbescheid vom 18. Juli 1959, soweit er sich auf die erhöht hat, wegen der dadurch eintretenden Minderung‘ bei
Körperschaftsteuer für 1956 erstreckt, folgende Unterschiede: ger Körperschaftsteuer überhaupt um eine neue Tatsache
im Sinne des $ 222 Abs. 1 Ziff. 2 AO handelt, kann hier da-
ı) BStBl. 1962 IIT S. 501. ?) StZBl. Bln. 1956 S. 850.