EEE Steuer- und Zollblatt für Berlin 12. Jahrgang Nr. 87 23. November 1962
Reichsabgabenordnung nicht gewährt werden, weil er nicht ohne sein Verschulden
n ” verhindert war, die Frist einzuhalten. Der Senat legte im
Urteil des BFH vom 31. Juli 1962 — I 316/61 UM. Beschluß I 63/60 U vom 10. Oktober 1961 (BStBl. 1961 III
(StZBl. Berlin 1962 8. 1876) S. 555, Slg. Bd. 73 S. 795%”) im einzelnen dar, daß die Grund-
sätze, die die Rechtsprechung über die Nachsichtgewährung
Wird eine Rechtsmittelschrift einem nur wenige Tage vor bei solchen Fristversäumnissen entwickelte, die trotz eines
Ablauf der Rechtsmittelfrist abgesandten Paket beigefügt ordnungsmäßig organisierten Büros von Angestellten der
und nicht als Brief abgesandt, so trägt der Absender die sSteuerberatenden Berufe verschuldet werden, bei Fristver-
Gefahr des verspäteten Eingangs des Rechtsmittels. säumung des Vorstehers des Finanzamts nicht anwendbar
AO 8 86 sind und bei ihm strengere Anforderungen an den Nachweis
; mangelnden Verschuldens gestellt: werden müssen.
Streitig ist, ob dem Vorsteher des Finanzamts Nachsicht Geht man von (diesen Grundsätzen aus, so sieht der
wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist ($ 86 AO) ge- Senat das Verschulden des Vorstehers im wesentlichen dar-
währt werden kann. in, daß er keine allgemeinen Anordnungen dafür traf, daß
Dem Bevollmächtigten der Berufungsführerin wurde das WEISS Tage vor Anlauf der Rechtsmittelinist abgesandte
: 5 7 x Rechtsmittelschriften unter keinen Umständen in einem
Urteil des Finanzgerichts mit Postzustellungsurkunde am . ;
j : . en ; Paket an das Finanzgericht abgesendet werden. Wenn man
7. September 1961 zugestellt, so daß die Frist für die Ein- x Ss & . x .
8 auch von dem Vorsteher mit Rücksicht auf die Größe seines
legung der Rb., durch den Vorsteher des Finanzamts am z . SH
x T ; Amtes nicht verlangen kann, daß er die rechtzeitige Absen-
7. Oktober 1961 (Sonnabend) ablief. Der Vorsteher des Fi- : 7
: . n z dung der von ihm am 3. Oktober 1961 unterzeichneten
nanzamts unterzeichnete die Rechtsbeschwerdeschrift am . . ACC
as ; f Rechtsmittelschrift persönlich überwachte, so mußte er doch
3. Oktober 1961, die die mit der Absendung durch die Post ‘ > . &
; im vorliegenden Fall die Anordnung geben, daß die Rechts-
betraute Angestellte einem Akten enthaltenden, ebenfalls & x : net n x
nn ; N : en x mittelschrift nicht in einem Paket an das Finanzgericht ab-
für das Finanzgericht bestimmten Paket beifügte. Dieses ;
% DR ; gesandt werde. Der Senat muß nach dem Vortrag des Fi-
Paket übergab die Angestellte im Laufe des 3. Oktober 1961 ; ;
dem mit der Ablieferung‘ bei der Post beauftragten Boten nanzamts davon ausgehen, daß die Übersendung der
A CT DE COr OST DSH S°CN_DO0Leh, pechtsmittelschrift in einem die zugehörigen Akten enthal-
der das Paket bei der Post am 4. Oktober 1961 um 10 Uhr ; ;
@ . : n En tenden Paket keinen ohne Kenntnis des Vorstehers vorkom-
vormittags aufgab. Das Paket ging beim Finanzgericht erst S :
; ; - menden Ausnahmefall darstellt und daß jedenfalls keine
am Montag, dem 9. Oktober 1961, ein. Es besteht die Mög- ; 1 .
. : n : allgemeine Anweisung bestand, gegen Ende der Rechtsmit-
lichkeit, daß das Paket, wenn das Finanzgericht am Sonn- x A A O4 ie
; telfrist abgesandte Fristsachen wenigstens als gewöhnlichen
abend, dem 7. Oktober 1961, nicht geschlossen gewesen : er : X
Wäre. von der Post schon am 7. Oktober 1961 beim Finanz- Brief zu befördern. Mangels einer solchen Anweisung mußte
ericht abgeliefert worden wäre y dem Vorsteher bekannt sein, daß in seinem Amt Rechts-
8 8 ) mittelschriftstücke gelegentlich einem Paket beigefügt wur-
Der. Vorsteher des Finanzamts begründet seinen Antrag den. Dann traf ihn aber ein Verschulden an der Fristver-
auf Nachsichtgewährung damit, daß die Angestellte, die:die säumnis, weil er nicht die sofortige Absendung der von ihm
für die Oberfinanzdirektion, das Finanzgericht und den am 3. Oktober 1961 unterzeichneten Rechtsbeschwerde-
Bundesfinanzhof bestimmte Post zur Absendung fertigzu- schrift mit gewöhnlichem Brief verfügte. Selbst wenn das
machen. habe, die Post dem mit der Aufgabe bei der Post die Rb. enthaltende Paket am 3. Oktober 1961 abgesandt
betrauten Boten jeweils mit dem Hinweis übergebe, die Post worden und trotzdem erst am 9. Oktober 1961 beim Finanz-
noch an demselben Tage abzusenden. Der zuständige Sach- gericht eingegangen wäre, träfe den Vorsteher insofern ein
bearbeiter habe außerdem die Angestellte am Nachmittag Verschulden an der Fristversäumung, als mit der Zustel-
des 3. Oktober 1961 gefragt, ob das Paket abgegangen sei, lung eines gewöhnlichen, nach einem anderen Ort versand-
was die Angestellte unter Hinweis auf den von ihr gefer- ten Pakets innerhalb von drei Tagen, also bis zum 6. Okto-
tigten Absendevermerk bejaht habe. Wäre das Paket wei- ber 1961, nicht mit solcher Sicherheit gerechnet werden
sungsgemäß am 3. Oktober nachmittags bei der Post in konnte, daß die Beifügung der Rechtsmittelschrift ent-
Frankfurt am Main aufgegeben worden, so hätte es bei schuldbar war. Da der letzte Tag der Rechtsmittelfrist auf
normalem Postverlauf spätestens am Freitag, dem 6. Ok- einen Sonnabend fiel, mußte der Vorsteher des Finanzamts,
tober 1961, bei dem Finanzgericht in Kassel eingehen müs- dem bekannt war, daß das Finanzgericht am Sonnabend
sen. keine Dienststunden hatte, die Möglichkeit in Betracht zie-
z . a ae hen, daß ein schon am Sonnabend in Kassel zur Zustellung
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist unzulässig. bereitliegendes Paket wegen der Dienststundengestaltung
Es ist unstreitig, daß die Frist zur Einlegung der Rb. des Finanzgerichts erst am Montag zugestellt werden
durch den Vorsteher des Finanzamts am 7. Oktober 1961 würde. Auf eine Zustellung des Pakets am Sonnabend
(Sonnabend) ablief und, dieRechtsbeschwerdeschrift ineinem konnte er sich jedenfalls nicht verlassen. Werden Rechts-
Paket erst am Montag, dem 9. Oktober 1961, beim Finanz- mittelschriften einem Paket beigefügt und nicht, wie es
gericht einging. Damit war die Rechtsmittelfrist von einem üblich ist, als Brief abgesandt, so trifft grundsätzlich den
Monat versäumt ($$ 245, 246, 249 und 285 AO). Dem Vor- Absender die Gefahr der rechtzeitigen Zustellung, wenn die
steher des Finanzamts kann die von ihm beantragte Nach- Absendung des Pakets nur kurze Zeit vor Ablauf der
sicht wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist ($ 86 AO) Rechtsmittelfrist liegt.
1) BStBl. 1962 III S. 406, 2) StZBl. Bln. 1962 £. 7.
Hinweise auf Entscheidungen des Bundesfinanzhofs
Kraftfahrzeugsteuer stellen zu seinem Lager oder zur Beförderung der von ihm
Urteil des BFH vom 1. August 1962 — IX 152/61 U. an Landwirte verkauften landwirtschaftlichen Bedarfsge-
genstände zu den Hofstellen, so liegt keine ausschließliche
(StZBl. Berlin 1962 8. 1876) Verwendung dieser Fahrzeuge in land- oder forstwirtschaft-
lichen Betrieben vor.
Verwendet ein Landesproduktenhändler die von ihm auch KraftStG 1955 $ 2 Nr. 5 i. d. F. des 8 6 Abs. 1 Nr. 2 zu c des
für den eigenen landwirtschaftlichen Betrieb gehaltene Zug- Dritten Gesetzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts vom
maschine und den hinter dieser Zugmaschine mitgeführten 23. Juli 1958 (BGBl. 1958 I S.540); KraftStG 1961 8 2
Anhänger zur Beförderung der von ihm bei Landwirten auf- Nr.6.
gekauften landwirtschaftlichen Erzeugnisse von den Hof- (BStBl. 1962 III S. 402)
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