1874 Steuer- und Zollblatt für Berlin 12. Jahrgang Nr.87 23. November 1962
Streitig ist die Behandlung von Aufwendungen, die der gegeben. Der erlangte Vorteil bleibe dem Bf. für die gesamte
Bf. im Jahre 1953 dafür gemacht hat, daß die Apothekers- Betriebsdauer unverändert erhalten und sei daher nicht ab-
witwe W. auf ihr Witwenprivileg verzichtet hat. Der Bf. schreibbar. Ob der Bf. von einem Konzessionsnachfolger
hatte die Apotheke im Jahre 1936 gepachtet, nachdem der hierfür ebenfalls ein Entgelt erhalten werde, sei unerheb-
Ehemann der Frau W., dem zum Betrieb der Apotheke eine lich. Es könne auch nicht festgestellt werden, daß der Teil-
rein persönliche Konzession verliehen worden war, verstor- wert dieses Vorteils in den Streitjahren unter den tatsäch-
ben war. Im Jahre 1953 hatte er das Grundstück, in dem lichen Anschaffungskosten gelegen habe.
die Apotheke zunächst in gemieteten Räumen betrieben ; . . .
wurde, erworben. Im gleichen Jahr hat er Frau W. zum an OT En eingelegte Rb. führt zur‘ Aufhe-
Verzicht auf die Personalkonzession veranlaßt und erwirkt, B 0er S E-
daß ihm auf ihren Vorschlag, obwohl mit der Personalkon- Dem Finanzgericht ist darin zuzustimmen, daß der Ver-
zession ein Präsentationsrecht nicht verbunden war, die zicht der Witwe W. auf ihre Konzession und das damit für
Personalkonzession unter den gleichen Bedingungen wie sei- sie verbundene lebenslängliche Nutzungsrecht für den Bf.
nem Vorgänger erteilt wurde. Im notariellen Vertrag vom einen erheblichen Vorteil darstellt, für dessen Erwerb er
27. Juni 1953 verpflichtete sich der Bf., als Gegenleistung entsprechende Aufwendungen machen mußte und tatsäch-
für den Verzicht der Frau W. auf ihre Konzession, ihr bis lich gemacht hat. Hierfür hatte der Bf. in seiner Bilanz
zu ihrem Tode entsprechend den bisherigen jährlichen grundsätzlich ein besonderes Wirtschaftsgut zu aktivieren.
Pachtzahlungen weiterhin 9900 DM sowie weitere 2100 DM Nicht vertretbar hingegen erscheint dem Senat die Auffas-
für Wohnung und Heizung, insgesamt also jährlich eine sung des Finanzgerichts, der erworbene Vorteil trage in vol-
Rente von 12 000 DM, zu bezahlen. Er verpflichtete sich, um lem Umfang firmenwertähnlichen Charakter. Wenn es das
die jährlichen Rentenzahlungen an Frau W. auch für die Finanzgericht in diesem Zusammenhang für unerheblich
Zeit nach seinem Tode sicherzustellen, ferner, eine Lebens- hält, ob der Bf. von einem Konzessionsnachfolger ebenfalls
versicherung abzuschließen. In Erfüllung dieser Verpflich- ein entsprechendes Entgelt erhalten werde, so erscheint dies
tung schloß der Bf. am 29. Juni 1953 mit Wirkung vom rechtsirrtümlich. Gerade diese Frage ist für die Beurteilung
1. Dezember 1952 einen entsprechenden Versicherungsver- der Rechtsnatur des Vorteils von entscheidender Bedeutung.
trag ab. Als Versicherungsprämie hatte er jährlich den Be- Das Finanzgericht hat das Wesen des vom Bf. mit dem
trag von 3000 DM zu leisten. Verzicht der Frau W. auf ihre Konzession erworbenen Vor-
EN teils selbst dahin umschrieben, daß der Bf, hierdurch wirt-
Entgegen dem Begehren des Bf., die jährlichen Zahlungen schaftlich seine Rechtsstellung erheblich verbessert habe,
an Frau W. als Betriebsausgaben anzuerkennen, sahen die indem er auf Grund dieses Verzichts seine wirtschaftliche
Vorinstanzen diese Zahlungen als Gegenleistung für den Er- Existenz auf eine sicherere Grundlage als bisher habe stel-
werb eines geschäftswertähnlichen Wirtschaftsgutes an. Sie Jen können. Diese Möglichkeit bestand für den Bf. jedoch
passivierten dementsprechend eine kapitalisierte Rentenlast nur auf Grund der besonderen Konstellation, die sich aus
und entwickelten diese für die Jahre 1953, 1954 und 1955 den bisherigen langjährigen Beziehungen zwischen Frau W.
nach versicherungsmathematischen Grundsätzen weiter. ung ihm und aus der weiteren einmaligen Situation der
Auf der Aktivseite setzten sie einen Firmenwert an, den sie Nachfolgerpräsentation zu seinen Gunsten ergab. Die Auf-
für die Streitjahre in gleicher Höhe fortführten. Das Fi- wendungen des Bf. können hiernach jedenfalls nicht in vol-
hanzgericht begründete seine Auffassung im wesentlichen ]jem Umfange als solche für einen firmenwertähnlichen
wie folgt: Posten angesehen werden. Es handelt sich um die Ausnut-
Mit Recht habe der Steuerausschuß die streitigen Auf- ZUng einer nur ausnahmsweise gegebenen Sachlage, die
wendungen als aktivierungspflichtige Anschaffungskosten aller Wahrscheinlichkeit nach bei späterer Aufgabe der
im Sinne des 8 6 Abs.1 Ziff. 2 EStG behandelt. Es sei zwar FPersonalkonzession durch den Bf. im Verhältnis zu einem
richtig, daß eine Personalkonzession selbst kein selbständig °ventuellen Nachfolger nicht erneut auftreten wird. Es
bewertungsfähiges Wirtschaftsgut darstelle. Der Steuer- Mußte daher damals als im höchsten Maße unwahrschein-
ausschuß habe aber auch nicht die Personalkonzession akti- lich angesehen werden, daß der Bf. von einem Erwerber der
viert, sondern den vom Bf. durch den Verzicht der Frau W. Apotheke ebenfalls ein Entgelt für seinen Verzicht auf das
für seinen Betrieb entgeltlich erlangten wirtschaftlichen Betriebsrecht wird fordern können. Hätte der Bf. nun hier-
Vorteil. Wenn auch zwischen dem Verzicht von Frau W. für eine einmalige Aufwendung gemacht, so wäre diese
und der Konzessionserteilung an den Bf. kein unmittelbarer ZWar.mit den Vorinstanzen als besonderes Wirtschaftsgut
rechtlicher Zusammenhang bestanden habe, so habe er doch ZU aktivieren, könnte nach Ansicht des Senats aber auf die
wirtschaftlich gesehen durch den von ihm erwirkten Ver- Dauer des Betriebes der Apotheke durch den Bf. laufend
Zicht Seine damalige Rechtsstellung erheblich verbessert. Nach den Grundsätzen über Absetzungen für Abnutzung im
Denn er habe auf Grund dieses Verzichts seine wirtschaft- Sinne des $ 7 EStG abgeschrieben werden. Da es sich jedoch
liche Existenz auf eine sichere Grundlage stellen können. bei den Zahlungen des Bf. nicht um einen einmaligen Kauf-
Selbst als langjährigem Pächter hätte ihm unter Umstän- Preis, sondern um laufende Rentenleistungen handelt, hält
den eine Kündigung des Pachtverhältnisses oder aber eine °S der Senat für vertretbar, die jährlichen Zahlungen inso-
nachteilige Änderung der Pachtbedingungen drohen können. Weit, als sie auf die entgeltliche Ausnutzung dieser Situa-
Diesen nicht auszuschließenden möglichen Nachteilen sei tion entfallen, als Betriebsausgaben anzuerkennen. Nur in-
der Bf. dadurch entgangen, daß er Konzessionsinhaber ge- Soweit, als mit den Zahlungen des Bf. an Frau W. tatsäch-
worden sei. Hierfür aber sei der Verzicht von Frau W. auf lich ein Geschäftswert für die Apotheke bezahlt worden ist,
das ihr zustehende lebenslängliche Nutzungsrecht notwen- Kann daher auch ein solcher angesetzt werden.
dige Voraussetzung gewesen. Verzichtete sie zu seinen Gun- Da das Finanzgericht von anderen Überlegungen ausge-
sten auf ihr Nutzungsrecht, so habe der Bf. mit Sicherheit gangen ist, muß ie Vorentscheidung Aufeehoken und ae
auf die Konzession für sich rechnen können. Nach seinem vicht spruchreife Sache zur erneuten Entscheidung an das
eigenen Vorbringen habe er gegenüber anderen Bewerbern Finanzgericht zurückverwiesen werden. Dieses wird festzu-
für diese Konzession neben seiner Anciennität (40 Approba- stellen haben, in welchem Umfang bei der Veräußerung
tionsjahre) auf Grund eines Erlasses des zuständigen Lan- einer auf Grund eines rein persönlichen Betriebsrechts be-
desministers verlangen können, vor allen anderen Bewer- {viepenen Apotheke ein Geschäftswert in die Veräußerung
bern berücksichtigt zu werden. Der durch den Verzicht der mit einbezogen worden ist. Insoweit sind auch für den Er-
Frau ‚W._ erworbene wirtschaftliche Vorteil sei ‚daher mit werb des Bf. die Grundsätze über den Ansatz eines Ge-
den hierfür getätigten Anschaffungskosten als firmenwert- schäftswerts anzuwenden.
ähnlicher Besitzposten zu aktivieren. Das Gericht schließe
sich insoweit den im Urteil des Bundesfinanzhofs I 209/55 U Die Vorentscheidung ist auch noch aus einem anderen
vom 13. März 1956 (BStBl. 1956 III S.149, Slg. Bd.62 Grunde aufzuheben, Die Vorinstanzen sind einheitlich da-
S. 4012) entwickelten Grundsätzen an. Zwar liege dieser Von ausgegangen, daß der Erwerbspreis des Bf. für den
Entscheidung ein anderer Sachverhalt als im Streitfall zu- Verzicht der Frau W. auf ihr persönliches Betriebsrecht in
grunde, weil es sich dort um den Erwerb einer veräußerli- den jährlichen Rentenzahlungen von 12000 DM zuzüglich
chen Konzession gehandelt habe, die Konzession im Streit- der weiteren 3000 DM zu erblicken sei, die der Bf..auf
fall jedoch unveräußerlich und unvererblich sei. Wirt- Grund der Lebensversicherung zugunsten der Frau W. als
schaftlich sei aber in beiden Fällen eine ähnliche Situation Prämie zu zahlen hatte, Gegen diese Würdigung der Vor-
instanzen bestehen erhebliche Bedenken. Die Rentenleistun-
- =. gen, zu deren Zahlung sich der Bf. Frau W. gegenüber bis
2) StZBl. Bln. 1956 S, 984, zu deren Lebensende verpflichtet hat, betragen tatsächlich