Steuer- und Zollblatt für Berlin 12. Jahrgang Nr.42 15. Juni 1962 1027
Einkommensteuer Abzugsfähigkeit, wenn es sich um Aufwendungen der
Urteil des BFH vom 1. Dezember 1961 — VI 128/61 Un. Privaten Lebenshaltung handelt.
& Man kann dem Bf. zugeben, daß einem Verkehrs-
(StZBI. Berlin 1962 8. 1027) richter eigene Fahrkenntnisse dienlich sind und daß es
1. Ein Verkehrsrichter kann in der Regel nicht einen Teil ebenso wie bei den Betriebsausgaben auch bei den Wer-
der ihm für die Anschaffung eines Pkw aufgewandten bungskosten grundsätzlich Sache des Steuerpflichtigen
Kosten als Werbungskosten geltend machen. ist zu entscheiden, in welcher Höhe er Aufwendungen
. Gibt die Justizverwaltung einem Verkehrsrichter zur Machen will. Dies gilt uneingeschränkt, wenn die Aus-
Abgeltung der durch seinen Pkw dienstlich veranlaßten gaben nur den Beruf des Steuerpflichtigen berühren.
Aufwendungen ein monatliches Pauschale, so ist zu Schafft z. B. ein Arbeitnehmer Fachliteratur an, so kann
vermuten, daß damit der dienstlich veranlaßte Teil der das Finanzamt grundsätzlich nicht prüfen, ob die An-
Aufwendungen voll abgegolten ist. schaffung notwendig oder zweckmäßig war. Diese Ent-
EStG 8 9. scheidung trifft allein den Steuerpflichtigen.
A
a : ; g1. die Urteile I 228/55 U vom 24. April 1956, BStBl.
der Anschaffungskosten eines Pkw in Gestalt von Abset- 1956 III S. 195, Sl yı
“ ; Eva au . ‚-Slg.“ Bd. 63 8. 33); VI 117/56 U vom
zungen für Abnützung (AfA) bei seinen Einkünften aus 4):
nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten abziehen 10. Mai 1957, BStBl..1957 III S. 230, Sig. Bd. 64 S. 613%;
kann 8 IV 229/57 U vom 28. August 1958, BStBl. 1959 III S. 44
. Slg. Bd. 68 S. 113”, und VI 164/59 U vom 8. April 1960,
Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Eintragung eines BStBl. 1960 III S. 274, Slg. Bd. 71 S. 70%), daß die alleinige
steuerfreien Betrages von 600 DM jährlich in die Lohn- Entscheidungsbefugnis des Steuerpflichtigen dort ihre
steuerkarte 1960 ab, weil der Aufwand die Lebenshaltung Grenze hat, wo die Aufwendungen auch die Lebens-
betreffe. Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Auch das haltung des Steuerpflichtigen betreffen, Nach 8 12 Ziff. 1
Finanzgericht sah in dem Aufwand vor allem Kosten der EStG können die „für den Haushalt des Steuerpflichtigen
Lebenshaltung. Es ließ dahingestellt, ob eine Aufteilung und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen auf-
möglich sei und so ein Teil der Aufwendungen, weil gewendeten Beträge“ weder bei den einzelnen Einkunfts-
eigene Fahrkenntnisse dem Beruf des Bf. dienlich seien, arten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen
als Werbungskosten berücksichtigt werden könne. Der werden. Dazu gehören nach $ 12 Ziff. 1 Satz 2 EStG
Bf. erhalte von seiner Behörde eine Pauschale von 30 DM auch „die Aufwendungen für die Lebensführung, die die
monatlich zur Abgeltung von Unkosten, die ihm durch wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuer-
die Benutzung seines Pkw „bei Dienstreisen und für pflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung
Dienstfahrten am dienstlichen Wohnsitz oder tatsächlichen des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen
Wohnort“ entstünden; durch diesen Betrag seien auch die erfolgen“. Die Grenze zwischen den Werbungskosten und
AfA abgegolten. Im Regelfall könne, wenn eine Behörde den Kosten. der Lebensführung ist also objektiv zu be-
ihren Angehörigen eine Entschädigung für die ihnen in stimmen. Es steht nicht im Ermessen der ‚Steuerpflichtigen,
dienstlichem Interesse entstandenen Aufwendungen ge- ob sie Kosten der Lebenshaltung als Betriebsausgaben
währe, ein etwa über die Entschädigung hinausgehender oder Werbungskosten behandeln wollen.
Aufwand steuerlich nicht geltend gemacht werden; denn Im Strei ; es M
. En : : reitfall wird der Pkw sowohl für Dienstfahrten
die Behörde wisse am besten, welcher Aufwand diensf- 4) auch für Privatfahrten benutzt; die Aufwendungen
lich veranlaßt sei. Es komme hinzu, daß der Bf. bei aus- für di ; AN
Ka 5 x N dar je Anschaffung betreffen demnach gleichzeitig den
wärtigen Dienstreisen neben dem Pauschale die übliche ; n a a
: en ; 5 beruflichen und den privaten Bereich. In solchen Fällen
Kilometerentschädigung erhalte. Auch aus diesem Grunde . £ n { . N
z r A : ist, wie das Finanzgericht ohne Rechtsirrtum ausführt,
reiche das Pauschale aus, um die Kosten für die dienst- 7. Ems . Chan
f . . E ein Abzug des betrieblich veranlaßten Teils nur möglich,
lichen Fahrten am Wohnsitz zu decken. Jedenfalls könne wenn d z : . :
ı x ; TG * er berufliche Teil einwandfrei von dem privaten
der Bf. eine beträchtliche Zahl von km jährlich zurück- Teil getrennt werden kann. Ob dies möglich ist, muß
legen, ohne in seine eigene Tasche greifen zu müssen. der typisierenden Regelung des $ 12 EStG entsprechend
Mit seiner Rb. rügt der Bf. unrichtige Anwendung der Nach allgemeinen Merkmalen bestimmt werden. So hat
88 9 und 12 EStG und begehrt nach wie vor die Be- es der Senat z. B. abgelehnt, die Kosten für die An-
8)
rücksichtigung der 600 DM für AfA. Er macht geltend, schaffung eines Konservationslexikons oder eines Ton-
ein Verkehrsrichter müsse eigene Fahrkenntnisse haben. bandgerätes bei Lehrern auch nur teilweise als Wer-
Das Justizministerium habe dies durch die Bewilligung bungskosten anzuerkennen, selbst wenn diese Wirtschafts-
des Pauschales anerkannt, vor allem auch. dadurch, daß güter auch beruflichen Zwecken dienten (Urteile des Bun-
die sonst nur unter bestimmten Voraussetzungen zuge- desfinanzhofs VI 39/56 U vom 5. Juli 1957, BStBl. 1957
standene Benutzung von privateigenen Pkw bei den mit III S. 328, Slg. Bd. 65 S. 2467; VI 164/59 U a.a.O.).
der Bearbeitung von Verkehrssachen betrauten Richtern, wor damals für die Einkünfte aus nichtselbständiger
Staatsanwälten und Rechtsanwälten allgemein ohne diese Arbeit zuständige IV. Senat des Bundesfinanzhofs hat
Voraussetzungen ‚zugestanden werde. Werbungskosten in der Entscheidung IV 633/54 U vom 10. März 1955
könnten nicht anders aufgefaßt werden als Betriebsaus- (BStBl. 1955 III S. 131, Slg. Bd. 60 8. 3438) "die Aufwen-
gaben; ebenso wie bei einem Gewerbetreibenden die AfA dun nn n de E N T . ;
u EEE Pr nz N VAN x gen eines Verkehrsrichters weder ganz noch zum. Teil
berücksichtigt würden, müßten sie auch bei einem Arbeit- als Werbun : ;
© x ; . vr gskosten anerkannt, weil die Aufwendungen
nehmer berücksichtigt werden. Die Regelung des Justiz- „uch die Lebenshaltung beträfen und eine einwandfreie
ministeriums entspreche. der Entwicklung. Das Urteil des Trennun ; : ;
N g zwischen beruflicher und privater Veranlassung
Bundesfinanzhofs VI 9/59 U vom 29. Januar 1960 (BStBl. nicht mögli ; A 5
glich sei. Der erkennende Senat hält an dieser
1960 III S. 163, Slg. Bd. 70 S. 435%), betreffend den Auf- Auffassung fest. Wie die Entwicklung des Bestandes an
wand eines Revierförsters für die Anschaffung eines Motor- Pkw zeigt, gehö it heute der Pk den Wirtschaftsgüt
rads, sei durch die Entwicklung überholt. . 15 BSNOrt NEUE der WEu GEN \VIITSCHE tsgü ent
; einer gehobenen Lebenshaltung. Daß auch beim Bf. bei der
Die Rb. ist nicht begründet. Anschaffung des Pkw das private Interesse im Vorder-
Nach 8 9. EStG sind Werbungskosten „Aufwendungen Ban gestanden hat, kann, auch wenn Fahrkenntnisse
E em Bf. als Verkehrsrichter beruflich zugute kommen,
zur Erwerbung, Sicherung und HErhaltung der Einnah- nach der Lebenserfahrung. keinen Zweifel unterliegen
men“. Ob dieser Begriff sich mit dem Begriff „Betriebs- 8 SH SrHCRCN: )
ausgaben‘“ in $ 4 Abs.4 EStG in vollem Umfang deckt Soweit der Bf. den Pkw für seine Dienstfahrten be-
oder ob nicht doch im Hinblick auf die verschiedene nutzt, können die dadurch verursachten Kosten — und
Art der Einkunftsermittlung Unterschiede bestehen, kann zwar nicht bloß die Benzinkosten, sondern auch die
hier dahingestellt bleiben; denn jedenfalls fallen die AfA anteiligen fixen Kosten —- Werbungskosten sein. Für
sowohl unter den Begriff der Werbungskosten als auch
unter den der Betriebsausgaben und es ergeben sich
nach $ 12 EStG. hier wie dort Einschränkungen in der *) S!tZB!. Bin. 1056 8. 1114
) StZBl. Bln. 1959 S. 465.
) - ;) StZBl. Bln. 1960 S. 756.
1) BStBl. 1962 III S. 184. 7) StZBl. Bln. 1958 S. 14.
2) StZBl. Bln. 1960 S. 477 8) StZBIL. Bln. 1955 S. 1182