Steuer- und Zollblatt für Berlin 12. Jahrgang Nr. 79 19. Oktober 1962 1683
sei, weil es sich bei dem behaupteten Gesellschaftsverhältnis werden sollte. Die für die Oberfinanzdirektion im Zeitpunkt
der Ehegatten um eine nachträgliche Konstruktion handle, ihrer Entscheidung überschaubaren konkreten Einzelheiten
durch die lediglich wegen der sich bei seiner Anerkennung waren ausreichend genug, um ‚die Versagung der Aus-
ergebenden erheblichen Steuervorteile eine Rechtsgrundlage setzung zu rechtfertigen. Hierzu wird im einzelnen auf die
zur Aufspaltung der gewerblichen Einkünfte geschaffen Vorentscheidungen Bezug genommen.
Umsatzsteuer Dieser Auffassung tritt der Senat bei, Den Ausgangspunkt
z z für die Beurteilung der Verkäufe im eigenen Laden bildet
Urteil des BFH vom 7, Juni 1962 — V 214/59 UM, % die Frage, ob die Käufer zu dem Ladeninhaber oder zu dem
(StZBI. Berlin 1962 S. 1683) dahinterstehenden Auftraggeber des Ladeninhabers in
% ® . e a Rechtsbeziehung treten. Da: die Geschäfte über den Laden-
1 Die Grundehtre über den Verkanf im eigenen Eden (isch den Käufern gegenüber in der Regel in gleicher Weise
. SA 5 abgewickelt werden, ist in diesen Fällen die Annahme be-
% Werden in einer Gastwirtschaft Tabakwaren durch An- rechtigt, daß der Käufer im allgemeinen den Ladeninhaber
gestellte eines Tabakwarenhändlers zum Verkauf an- g]s gen Verkäufer ansieht. Es macht dabei keinen Unter-
geboten, so ist der Gastwirt nur mit ‚der von ihm ver- schied, ob der Ladeninhaber oder seine Angestellten ‚den
einnahmten Provision umsatzsteuerpflichtig. Kunden bedienen. Trotzdem können diese Grundsätze nach
Bei der Entscheidung über die Frage, ob eine Verkäu- der Rechtsprechung nicht für alle Ladengeschäfte aus-
ferin, die Tabakwaren eines Tabakwarenhändlers in der nahmslos angewendet werden. Es gibt auch Fälle, in denen
Gastwirtschaft verkauft, Angestellte des Tabakwaren- besondere Verhältnisse zu einer anderen Beurteilung führen
händlers oder des Gastwirts ist, kommt es auf das Auf- können, obwohl das Geschäft im Laden getätigt wurde. Ein
treten nach außen nicht an. Verkauf im Laden durch Angestellte eines anderen Unter-
UStG 88 1 Ziff. 1, 2 Abs. 2 Ziff. 1. nehmers wird normalerweise nicht vorkommen. Insoweit
__-. S n 7 „... unterscheidet sich aber der Verkauf im Laden vom Verkauf
Der Steuerpflichtige betreibt eine Gastwirtschaft. Streitig ;n einer Gaststätte. Bei einer Gaststätte kommt es immer
ist, ob er mit den Erlösen aus Verkäufen von Tabakwaren wieder vor, daß andere Unternehmer, denen der Gastwirt
einer Tabakwarengroßhandlung M. durch Verkäuferinnen gen Verkauf in seiner Gastwirtschaft erlaubt hat, selbst
in seinen Räumen oder nur mit den von dieser Firma erhal- oger durch ihre Angestellten ihre Ware in der Gaststätte
tenen Provisionseinnahmen umsatzsteuerpflichtig ist, zum Verkauf anbieten. Werden z. B. Blumen oder Zeitungen
Dem Finanzamt war bekanntgeworden, daß der Steuer- angeboten, so weiß der Gast in der Regel, daß er diese nicht
pflichtige in seinen Steuererklärungen für 1950 bis 1953 vom Gastwirt kauft. Das kommt auch dadurch zum Aus-
lediglich die Provisionen aus diesen Verkäufen versteuert druck, daß in diesen Fällen Zug um Zug an den Verkäufer
hatte. Es führte daraufhin Berichtigungsveranlagungen bezahlt und nicht über die Bedienung abgerechnet wird. In
durch und zog den Steuerpflichtigen mit. den gesamten anderen Fällen, wie z. B. bei Verkäufen von Postkarten oder
Verkaufserlösen zur Umsatzsteuer heran. Der dagegen ein- Eßwaren (Brezeln, Salzstangen, Süßwaren usw.), wird es
gelegte Einspruch war ohne Erfolg In der Einspruchsent- dem Gast oft zweifelhaft sein, ob ihm diese vom Gastwirt
scheidung wurde‘ vom Finanzamt die Auffassung vertreten, bzw. dessen Angestellten oder von einem anderen Unter-
daß es nicht darauf ankomme, ob die Verkäuferinnen An- nehmer angeboten werden. Auch bei diesen Verkäufen wird
gestellte des Steuerpflichtigen oder der Firma M. seien. vom Gast unmittelbar an den anbietenden Verkäufer be-
Nach den Grundsätzen über den Verkauf im eigenen Laden zahlt. Die Verhältnisse liegen deshalb nicht wesentlich an-
sei der Steuerpflichtige als Verkäufer anzusehen und deshalb ders als beim Verkauf der Blumen und der Zeitungen. Aus
auch mit’ den Einnahmen aus den Verkäufen steuerpflichtig. diesen Gründen kann auch nicht ohne weiteres angenommen
Auf den Einwand des Steuerpflichtigen, daß diese Frage werden, daß in allen diesen Fällen der Gastwirt der Verkäu-
bei der Schlußbesprechung zu der im Jahre 1952 stattgefun- fer ist. Beim Verkauf der Tabakwaren durch umhergehende
denen Betriebsprüfung eingehend erörtert worden sei, ging Verkäufer oder Verkäuferinnen liegen die Verhältnisse nicht
das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung nicht ein. anders. Der Gast, der Zigaretten von den Verkäufern oder
Der dagegen eingelegten Berufung wurde vom Finanz- Verkäuferinnen kauft und an diese. sofort bezahlt, kann
gericht stattgegeben. Es nahm unter Hinweis auf das deshalb nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß er die
Urteil des Reichsfinanzhofs V 133/40 vom 23. Oktober 1942 Ware vom Gastwirt gekauft hat. Die Rechtslage ist a
(RStBL. 1943 S, 53) an, daß die Grundsätze über den Ver- wenn die Zigarettenverkäufer Angestellte des Gastwir gi
kauf im eigenen Laden für Verkäufe in einer Gastwirtschaft Sind. In diesen Fällen ist der Gastwirt der Verkäufer un
nur gälten, soweit Leistungen in Frage stehen, die in der °T muß die Verkaufserlöse versteuern. Sind’die Zigaretten-
Regel nur der Gastwirt erbringe, also von Speisen und verkäufer aber Angestellte des Tabakwarenhändlers, so
Getränken. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme seien müssen die Verkäufe dem zügerechnet werden, für den die
die Zigarettenverkäuferinnen nicht Angestellte des Steuer- Angestellten tätig sind, d.h. dem Tabakwarenhändler. Es
pflichtigen. gewesen. Die Umsätze aus diesen Verkäufen muß deshalb zwischen dem Verkauf durch Angestellte des
seien sonach dem Steuerpflichtigen nicht zuzurechnen. Ob Gastwirts und dem Verkauf durch Angestellte des Tabak-
Berichtigungsveranlagungen schon mangels neuer Tatsachen warenhändlers unterschieden werden.
ausgeschlossen gewesen seien, könne bei dieser Beurteilung n n en ap n “
dahingestellt bleiben. : Das Een hat im Ce On a
; ; TS erinnen der Tabakwaren als Angestellte der Firma M.
Se a rfok ben des Vorsichers des angesehen. Nach seinen Feststellungen wurden die Zigaret-
Er 5 e s nn tenverkäuferinnen im Einverständnis mit dem Steuerpflich-
Der Auffassung des Finanzamts, daß die Grundsätze tigen von der Firma M. angestellt. Sie erhielten die Tabak-
über den Verkauf im eigenen Laden (Urteil des Bundes- waren von dieser Firma und rechneten mit dieser unmittel-
finanzhofs V 28/51 U vom 2. Oktober 1952, BStBl. 1952 III par ab. Die Bestände, die allein unter Verschluß der Verkäu-
S. 294, Slg. Bd. 56 S. 765%) auch auf Tabakwarenverkäufe ferinnen standen, wurden einmal im Monat von einem
in Gastwirtschaften anzuwenden seien, falls für den Gast Angestellten der Firma M. für die Abrechnung aufgenom-
nicht ohne weiteres offensichtlich ist, daß zwei Unternehmer men, Bei Beginn ihrer Tätigkeit mußten die Verkäuferinnen
innerhalb der Gastwirtschaft tätig sind, kann nicht beigetre- an die Firma M. eine Kaution geben. M. schuldete auch das
ten werden. Wie der Reichsfinanzhof in seiner Entscheidung Urlaubsgeld und war für die Beschaffung einer Ersatzkraft
V 133/40 vom 23. Oktober 1942 (a.a.O.) ausgesprochen hat, verantwortlich. Das Finanzgericht hat diese Feststellungen
ist der Gastwirt, soweit die Tabakwaren von Angestellten nach Einvernahme einer Anzahl von Auskünftspersonen
des Tabakwarenhändlers verkauft werden, nur mit dem ihm getroffen und daraus. ohne Rechtsirrtum gefolgert, daß die
von diesem gewährten Gewinnanteil umsatzsteuerpflichtig. Verkäuferinnen keine Angestellten des Gastwirts, sondern
1) BStBl. 1962 III S. 361. Angestellte der Firma M. waren. Es konnte nach dem Er-
2) StZBl. Bln. 1953 S. 227 (Leitsatz). gebnis der Beweisaufnahme zu diesem Ergebnis kommen.