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Volume Nummer 79, 19. Oktober 1962

Full text: Steuer- und Zollblatt für Berlin (Public Domain) Ausgabe 12.1962,2 (Public Domain)

1682 Steuer- und Zollblatt für Berlin 12. Jahrgang Nr. 79 19. Oktober 1962 
nahmen „mindestens zur Sicherung des Anspruchs“ einge- gewichtiger Darlegungen der Bf. zweifelhaft. Nach Auffas- 
leitet werden müßten. Die Oberfinanzdirektion hat die Be- sung des Senats war vielmehr der Mißerfolg des in der 
schwerde, die nach Lage der Sache als von beiden Ehegatten Hauptsache eingelegten Rechtsmittels, wenn es nicht schon 
eingelegt und auch ihnen gegenüber als entschieden anzu- von vornherein als aussichtslos anzusehen war, weitaus 
sehen ist, durch Entscheidung vom 5. November 1958 als wahrscheinlicher als sein Erfolg. Unter diesen Umständen 
unbegründet zurückgewiesen, wobei sie abschließend aus- ist die Behörde auch bei angebotener Sicherheitsleistung zur 
führte: „Die Vollziehung kann auch nicht aus Gründen, die Vollziehungsaussetzung nicht nur nicht verpflichtet, sondern 
außerhalb der Hauptsache liegen, ausgesetzt werden, da der — bei pflichtgemäßer Ermessensausübung — auch nicht be- 
Bf. nicht bereit war, ausreichende Sicherheiten zu leisten.“ rechtigt. 
Die — nach erfolgloser Berufung — eingelegte Rb. der Bf. Die Oberfinanzdirektion hat hierzu in dieser Instanz aus- 
kann keinen Erfolg haben. geführt: Das UrteilII 126/55 U vom -5. ne de 1955 
x . ; . ; (a.a.O.) dürfe nicht so weit ausgelegt werden, daß in je- 
Die Bf. haben ihre Rb. im wesentlichen wie folgt be- gem Falle, auch wenn Erfolgsaussichten nicht gegeben 
gründet: seien, die Vollziehung auszusetzen sei, wenn nur der Steuer- 
1. Die Versagung der nach $ 251 AO beantragten Voll- eingang gesichert erscheine. Es würde — so meint die Ober- 
ziehungsaussetzung verstoße schon deshalb gegen Recht finanzdirektion weiter — mit dem Grundgedanken der Vor- 
und Billigkeit, weil der Eingang des in der Hauptsache schrift des 8 251 AO nicht zu vereinbaren sein, wenn man 
streitigen Steuerbetrages von rund 17000 DM nach ihren den für das Abgabenrecht besonders statuierten Grundsatz, 
Vermögensverhältnissen zu jeder Zeit gesichert gewesen sei daß durch Einlegung eines Rechtsmittels die Erhebung 
und weil sie außerdem dem Finanzamt rechtzeitig ausrei- einer Steuer nicht aufgehalten werde, allein schon in Anbe- 
chende Sicherheitsleistungen angeboten hätten. . tracht einer Sicherheitsleistung aufgeben wollte. Auch wenn 
2. Außerdem sei die Rechtslage hinsichtlich des behaup- der Steuereingang in voller Höhe nicht nur gesichert er- 
teten Gesellschaftsverhältnisses ie Zeitpunkt der N Beschwer: schiene, sondern auch tatsächlich gesichert werde, rechtfer- 
deentscheidung noch durchaus ungeklärt gewesen. Wie die tige dies in der Regel der Fälle nicht die Aussetzung der 
Hauptsache schließlich entschieden worden sei, darauf könne Vollziehung von Steuerbescheiden, Diese Ausführungen stel- 
es nicht ankommen. len eine zutreffende Auslegung des $ 251 AO dar. Diese 
KA . Vorschrift ist keine Stundungsvorschrift, mag sie auch in 
Dazu ist im einzelnen zu bemerken: ihrer Wirkung darauf hinauslaufen. In ihren Voraussetzun- 
1. Die Bgin. — die Oberfinanzdirektion — hat in ihrer Be- gen unterscheidet sie sich aber wesenhaft von der Stundung, 
schwerdeentscheidung, wie bereits erwähnt, darauf hinge- wie ihre Stellung im Abschnitt: „Rechtsmittel“ ‚zeigt, die 
wiesen, daß die Vollziehung auch nicht aus Gründen, die erkennen läßt, daß sie in engem und ausschließlichem Zu- 
außerhalb der Hauptsache lägen, ausgesetzt werden könne, Sammenhang mit der Rechtsmitteleinlegung steht (vgl. Ber- 
da der beschwerdeführende Ehemann nicht bereit gewesen ger, Der Steuerprozeß, S. 344). 
sei, ausreichende Sicherheiten zu leisten. Dieser Hinweis ; ; ; 
geht offensichtlich zurück auf die Entscheidung des Bun- „mn nach $ 251 Satz? AO die Vollziehung „geelgneten- 
desfinanzhofs IT 126/55 U vom 5. September 1055 (BStBl. 19,1% gegen Sicherheitsleistung‘ alsgeseizt Werden Kann, So 
1955 15 S.355, Sig. Bd.61 S.406%). In dieser: hat dert 040% an diejenigen Fälle Sedacht, In denen eine nach den 
IT. Senat ausgeführt, daß — abgesehen von den Erfolgsaus- Erfolgsaussichten DE a Si 
sichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsmittels — Hinblick auf die. Umstände des Einze al eS NUr-ECRSN we 
eine Aussetzung der Vollziehung auch dann in Frage kom- cherheitsleistungen gerechtfertigt erscheint, um beispiels” 
me, wenn der Eingang der festgesetzten Steuer aus außer- WEISS das dur, ch die zu erwartende Länge der Prozehdauer 
halb der Hauptsache liegenden Gründen gesichert erscheine, bedingte Risiko eines späteren Steuerausfalls auszuschlie- 
wobei das Gesetz selbst in dieser Hinsicht die Sicherheits- ßen oder zu mildern. Soweit der Entscheidung des X . Senats 
leistung erwähne. II 126/55 U vom 5. September 1955 (a.a. O0.) in dieser Hin- 
sicht etwas Gegenteiliges zu entnehmen sein sollte, tritt der 
Im Verfahren vor dem. Finanzgericht haben die Bf, zür Senat dem nicht bei. 
Frage der Sicherheitsleistung keine Ausführungen gemacht. ' n 
Sie haben insbesondere die in der Beschwerdeentscheidung 2. Hiernach kommt es entscheidend darauf an, ob und 
getroffene Feststellung ihrer mangelnden Bereitschaft zur Welche Aussichten für die Anerkennung des von den Bf, be- 
Sicherheitsleistung nicht bestritten. Das Finanzgericht ist haupteten Gesellschaftsverhältnisses gegeben waren. Die 
in seiner Entscheidung auf die Frage der Sicherheitslei- Oberfinanzdirektion hat sie, wie bereits angedeutet, mit 
stung nicht eingegangen und hat sich ebenso wie die Bf. in Recht verneint, Dabei kommt es nicht darauf an, wie die 
ihrer Berufsbegründung lediglich mit den Erfolgsaussich- Frage des ‚Gesellschaftsverhältnisses in dem gesonderten 
ten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsmittels befaßt. Feststellungverfahren schließlich entschieden worden ist. 
Erstmals im Verfahren über die Rb. haben die Bf. zur Frage Maßgeblich sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Be- 
der Sicherheitsleistung umfangreiche tatsächliche und Schwerdeentscheidung. 
rechtliche Ausführungen gemacht. Wenn man davon aus- 7 a 
geht, daß für das Finanzgericht bei dieser Sachlage keine ‚Den Bf. kann nicht zugegeben werden, daß die Rechtslage 
Veranlassung mehr zu ihrer Erörterung bestand, mithin in diesem Zeitpunkt noch durchaus ungeklärt gewesen sei. 
sein Verfahren nicht gegen 8 243 AO verstößt, dann handelt Es galten auch hier unverändert die Grundsätze, die von der 
es sich insoweit um neues Vorbringen der Bf., das in dieser Rechtsprechung seit jeher im Interesse klarer Rechtsgestal- 
Instanz nach den 88 288, 296 AO nicht zu berücksichtigen tung allgemein bei Rechtsgeschäften zwischen nahen Ange- 
ist (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs I 82/56 U vom hörigen und insbesondere bei Verträgen zwischen Eltern 
14. August 1956, BStBl. 1956 III S.321, 322, Slg. Bd. 63 und Kindern entwickelt worden sind... Danach ergab sich 
S. 3224)). auch für die Anerkennung der von Ehegatten abgeschlosse- 
7 z n nen Verträge, daß ihre zivilrechtliche Gestaltung klar und 
Doch kann dies auf sich beruhen. Die Bf, können mit eindeutig sein und der tatsächliche Vollzug den rechtsge- 
ihrem Vorbringen, auch wenn sie damit zu hören sein soll- schäftlichen Vereinbarungen entsprechen muß, um zu ver- 
ten, nicht durchdringen, und zwar aus folgenden Erwägun- hindern, daß unberechtigte Steuervorteile erschlichen wer- 
EgCN: den, Diese Grundsätze sind auch bereits in den Entscheidun- 
Nach Auffassung des Senats bestand — wie noch darzule- £°h des Bundesfinanzhofs I 231/56 S vom 3. Dezember 1957 
gen — für das Rechtsmittel in der Hauptsache von vornher- Und I 105/57 U vom 10. Dezember 1957 (BStBl. 1958 IIL S. 277) 
ein weder eine wohlbegründete Aussicht auf Erfolg im Sinne Und 70%, Sig. BA: 66 S. 66 und S. 178) als! maßgeblich aner- 
der Entscheidung des Bundesfinanzhofs II 37/53 U vom Kannt. 
YO; Te hrar 1954 (BStBl. 1954 HL 5.116, Slg, Bd. 58 Bei summarischer Überprüfung konnte das Finanzamt 
S. 5385)) noch war die Rechtslage im Sinne der Entschei- nach seinem pflichtzemäßen . Erm N. oh Recht 
dung des Bundesfinanzhofs III 187/52 S vom 10. September A AO 
1954 (BStBl. 1954 III S. 328, Sig. Bd. 59 S. 3070) auf Grund und Billigkeit zu verstoßen, zu der‘ Auffassung gelangen, 
; 905, SB DI. ; a Und gaß, die beantragte Vollziehungsaussetzung zu versagen 
4) StZBl. Bln. 1957 8. 193, WE 
5) StZBl. Bln. 1954 S. 414. 7) StZBl. Bln. 1958 S. 151, 
6) StZBl. Bln. 1954 S. 1147. 8) StZBIl. Bln. 1958 S. 671.
	        
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