Steuer- und Zollblatt für Berlin 12. Jahrgang Nr.40 8. Juni 1962 1003
seien $ 7a a.a.0O. und 8 4 Ziff. 17 UStG in der Fassung Der Abzug eines Umsatzbetrags nach $ 7a ist mithin
des Fünften Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuer- auch bei Umsätzen vorzunehmen, die nach $ 4 Ziff. 17 be-
gesetzes vom 26. Dezember 1954 (BGBl. I S. 505, BStBl. günstigt sind, wenn. diese zu den jeweils dem höchsten
1955 I S. 6) nebeneinander anzuwenden. (Soweit im folgen- Steuersatz unterliegenden Umsätzen im Sinn des $ 7a
den die 88 7a und 4 Ziff, 17 angeführt werden, handelt es Satz 2 gehören. Daher ist für die Besteuerung der im $ 4
sich um die Vorschriften in der oben jeweils bezeichneten Ziff. 17 Satz 3 geregelten Fälle zunächst zu ermitteln,
Fassung.) Daher habe das Finanzamt zu Unrecht die welcher Steuersatz sich für die nach $ 4 Ziff. 17 begünstig-
Begünstigung des 8 4 Ziff. 17 Satz 3 versagt. Der Bf. meint, ten Umsätze ergibt, wenn man nur $ 4 Ziff. 17 Satz 3
die Steuer sei wie folgt zu berechnen: Zunächst sei nach anwendet. Alsdann ist zu prüfen, ob und inwieweit die
8 4 Ziff. 17 Satz 3 der Gesamtumsatz um 18000 DM zu Umsätze der in 8 4 Ziff. 17 bezeichneten Art auf Grund
mindern. Der verbleibende Umsatz sei mit 10 v.H., also des $ 7a steuerfrei sind. Die dann als steuerpflichtig ver-
mit 910,50 DM, der Steuer zu unterwerfen. Von diesem bleibenden Umsätze der in 8 4 Ziff. 17 bezeichneten Art
Steuerbetrag müßten jedoch weiter 320 DM, nämlich 4 v. H. sind dem besonders ermittelten Steuersatz, dem gleitenden
des Freibetrags nach $ 7 a, abgezogen werden. Steuersatz des 8 4 Ziff. 17 Satz 3, zu unterwerfen.
Hinspruch und Berufung haften Keinen Er018. Eine andere Beurteilung kann auch nicht der Hinweis
„Die Rb., mit der der Bf. unrichtige Anwendung der 88 4 ges Finanzgerichts, daß der Gesetzgeber mit der Einfüh-
Ziff. 17 Satz 3 und 7a rügt, führt zur Aufhebung des an- rung des 8 7a UStG für nach 874 Ziff. 17 begünstigte
gefochtenen Urteils, Umsätze keine doppelte Steuerbegünstigung schaffen
Zu der streitigen Frage, ob bei der Besteuerung des Bf. wollte, rechtfertigen. Diese vom Finanzgericht dargelegte
die Vorschriften des 8 7a und des 8 4 Ziff. 17 Satz 3 Meinung wird zwar weitgehend in der Literatur und Recht-
nebeneinander anzuwenden sind, ist folgendes auszuführen. sprechung vertreten. Auch der Bundesminister der Finan-
Die beiden Vorschriften regeln voneinander unabhängige zen ist in seinem Erlaß betreffend Siebentes Gesetz zur
Begünstigungen. Der im Jahre 1956 in das/’UStG eingefügte Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 5. Oktober 1956
8 7a gewährt Steuerpflichtigen, deren Gesamtumsatz im (BGBl. I S. 787, BStBl. I S. 437) und Verordnung zur
Veranlagungszeitraum 80000 DM nicht übersteigt, einen Durchführung des $ 7a des Umsatzsteuergesetzes vom
Freibetrag von .8000 DM. Dieser Freibetrag ist von den 21. Dezember 1956 (BGBl. I S. 1080, BStBl. 1957 I S. 116)
Umsätzen abzusetzen, die jeweils dem höchsten Steuersatz —- BStBl. 1957 I S.117 — im Ergebnis von dieser Ansicht
unterliegen. Nach 8 4 Ziff. 17 sind Umsätze aus den dort ausgegangen. Den Vertretern dieser Meinung ist ZUZzuU-
im einzelnen aufgeführten Tätigkeiten steuerfrei, wenn der gestehen, daß die Einführung des $ 7 a nicht eine Erhöhung
Gesamtumsatz im Kalenderjahr 18 000 DM nicht übersteigt. der Freigrenze des 8 4 Ziff, 17 zur Folge hat. Jedoch kann
Wü ; 5 5 5 Sch#5 5 hieraus nach der Auffassuhg des Senats nicht hergeleitet
an EZ En SE E Tr en werden, es entfalle damit die Möglichkeit, daß die beiden
Gesamtumsatz 18 000 DM nicht übersteigt, hat die Frage, P°günstigungsvorschriften nebeneinander angewandt wer-
ob 8 4 Ziff, 17 und $ 7a nebeneinander anzuwenden sind, den. Weder. der ‚Wortlaut der Begünstigungsvorschriften
keine Bedeutung, weil sich die Steuerfreiheit dieser Um- noch ihre Stellung innerhalb des UStG lassen irgendwelche
sätze bereits aus 8 4 Ziff. 17 ergibt. Anders ist es jedoch Anhaltspunkte dafür erkennen, daß der $ 7a nicht gleich-
dann, wenn der Gesamtumsatz mehr als 18 000 DM beträgt. berechtigt neben den anderen Steuerbegünstigungen des
Der. Gesetzgeber läßt, sobald der Gesamtumsatz die Frei- Umsatzsteuerr echts steht. Ist aber die gleichzeitige An-
grenze von 18 000 DM übersteigt, die Umsätze der im 8 4 Wendung von zwei oder mehreren Begünstigungsvorschrir-
Ziff. 17 bezeichneten Art insgesamt steuerpflichtig werden. t°h vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich ausgeschlossen,
Jedoch hat er für die durch diese Vorschrift begünstigten dann muß die einzelne Begünstigung beim Vorliegen der
Umsätze, im Streitfalle also für alle Umsätze des Bf., eine Voraussetzungen auch dann Platz greifen, wenn die steuer-
Übergangsregelung im Satz 3 des 8 4 Ziff. 17 getroffen. liche Belastung der von ihr erfaßten Umsätze bereits durch
Durch diese Vorschrift wird erreicht, daß ‚die volle Be- INC andere Vorschrift gemilderf ist. Min Rechtsgrundsatz,
steuerung der bezeichneten Umsätze nicht bereits bei einem daß das Vorliegen einer Begünstigung die Anwendung einer
geringfügigen Überschreiten der 18 000-DM-Grenze eintritt. Weiteren Begünstigung ausschließt, besteht nicht.
Die Regelung führt allmählich von der völligen Steuer- Der hier dargestellte Grundsatz über die gleichzeitige
freiheit der begünstigten Umsätze zur Besteuerung mit Anwendung der beiden Begünstigungsvorschriften des $ 4
den im 8 7 UStG festgesetzten allgemein gültigen Steuer- Ziff. 17 Satz 3 und des 8 7a soll nunmehr an Beispielen
sätzen. Dabei bildet im Einzelfalle der zwischen 18 000 DM näher erläutert werden.
und dem Gesamtumsatz liegende Unterschiedsbetrag die : ; £ Kar ;
maßgebende Grundlage für die Berechnung der steuerlichen Beispiel 1: Ein Steuerpflichtiger hat ausschließlich
Belastung der begünstigten Umsätze. Die steuerliche Be- Nach $ 4 Ziff. 17 begünstigte Einnahmen, und zwar in Höhe
Jastung dieser Umsätze steigt mit dem Anwachsen des Von 20 000 DM. Bei Anwendung nur des $ 4 Ziff. 17 Satz 3
Unterschiedsbetrages. Der Gesetzgeber hat also bei dieser beträgt die Umsatzsteuer für diese Umsätze 200 DM. Die
Übergangsregelung darauf verzichtet, nach Überschreiten begünstigten Umsätze unterliegen also einem Steuersatz
der 18 000-DM-Grenze die Höhe der steuerfreien Umsätze VON 1v.H. Die Anwendung des $ 7a führt dazu, daß nach
nach und nach zu verringern. Er unterwirft vielmehr die Abzug von 8000 DM 12000 DM der Umsätze als steuer-
gesamten begünstigten Umsätze, sobald die Freigrenze pflichtig verbleiben. Da diese Umsätze gemäß 8 4 Ziff, 17
überschritten ist, der Besteuerung, wobei er jedoch die Satz 3 dem errechneten Steuersatz von 1 v. H unterliegen,
Höhe dieser steuerlichen Belastung allmählich bis zur An- beträgt die Umsatzsteuer 120 DM,
wendung der allgemein gültigen Steuersätze ansteigen Beispiel 2: Ein Steuerpflichtiger hat ebenfalls nur
Jäßt. Hieraus geht hervor, daß in diesen Übergangsfällen nach 8 4 Ziff. 17 begünstigte Umsätze, und zwar in Höhe
die begünstigten Umsätze einem gleitenden Steuersatz (vgl. von 26 000 DM. Bei alleiniger Anwendung des 8 4 Ziff. 17
Hübschmann-Grabower-Beck-von Wallis, Kommentar zum Satz 3 beträgt die Steuer 800 DM und damit die steuer-
Umsatzsteuergesetz, zu $ 7a Anm. 5 Abs. 2) unterliegen. liche Belastung 3,08 v.H. Nach Abzug von 8000 DM
Bei dieser Regelung war es naturgemäß sehr schwierig, gemäß 8 7a sind mithin 18 000 DM dem Steuersatz von
die im Einzelfall anzuwendenden Steuersätze festzulegen; 3,08 v. H. zu unterwerfen. Die Steuer beträgt also bei gleich-
deshalb hat der Gesetzgeber im Satz 3 des 8 4 Ziff, 17 eine zeitiger Anwendung beider ‚Begünstigungsvorschriften
Berechnung, nämlich 10 v. H. des 18 000 DM übersteigenden 554,40 DM.
Betrages, für die steuerliche Belastung im HEinzelfalle be- . nn e n
stimmt. Im Ergebnis hat‘.der Gesetzgeber also für die Die folgenden Beispiele unterscheiden sich von. den beiden
unter 8 4 Ziff. 17 Satz 3 fallenden begünstigten Umsätze Vorstehend erörterten insbesondere dadurch, daß der
besondere Steuersätze festgesetzt. Steuerpflichtige gleichzeitig auch nicht nach 8 4 Ziff. 17
Hieraus folgt für die Beurteilung der hier zu entschei- be ÜNSHBte AL mSRtZS ETZIEl Hal,
denden Frage, ob 8 4 Ziff. 17 Satz 3 und $ 7a nebenein- Beispiel 3: Ein Handelsvertreter hat einen Gesamt-
ander anzuwenden sind, daß die nach 8 4 Ziff. 17 begünstig- umsatz von 21000 DM «erzielt, nämlich Provisionen
ten Umsätze, sobald sie steuerpflichtig sind, hinsichtlich 6000 DM, Großhandelsumsätze 5000 DM, Einzelhandels-
der Begünstigung nach $ 7a nicht anders behandelt wer- umsätze 10000 DM. Für eine Anwendung ‚des 8. 4
den können als die Umsätze, die mit den allgemein gültigen Ziff. 17 Satz 3 ist kein Raum, weil 10 v.H. von 3000
Steuersätzen des 8 7 UStG der Besteuerung zu unter- (21 000-18 000) — 300 DM höher sind als 4. vV/H. von
werfen sind. 6000 DM =— 240 DM. Es ist nur $ 7 a.anzuwenden. ”