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Steuer- und Zollblatt für Berlin 12. Jahrgang Nr.59 2. August 1962
(2) Die Anordnungen im Absatz 1 gelten auch für die Betriebsabmeldung und die
Betriebsummeldung. Die Betriebsabmeldung ist bei Einstellung , eines gewerblichen
Betriebs oder bei Schließung einer gewerblichen Betriebstätte zu erstatten. Meldepflichtig ist
der bisherige Unternehmer. Beim Wechsel ‚des Unternehmers eines gewerblichen Betriebs oder
einer gewerblichen Betriebstätte ist eine Betriebsummeldung vorzunehmen. Meldepflichtig ist
der neue Unternehmer.
(3) Wird eine Betriebsanmeldung, Betriebsabmeldung oder Betriebsummeldung nicht ord-
nungsmäßig bewirkt, kann das Finanzamt nach $ 202 AO Zwangsmittel anwenden. Die.gleiche
Befugnis steht nach $ 202 Abs. 1 Satz 2 AO den Gemeinden bei der Verwaltung der Real-
steuern zu.
(4) Die Anordnungen in den Absätzen 1 bis 3 gelten auch für den Fall, daß die Festsetzung
und Erhebung der Gewerbesteuer nach 3 5 Abs, 2 des Gesetzes zur Änderung des Gewerbe-
steuerrechts vom 27. 12. 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 996) dem Finanzamt übertragen ist.
8. Begriff des Gewerbebetriebs ($ 2 Abs. 1 GewStG)
$ 1 Abs. 1 GewStDV enthält die Begriffsbestimmung des Gewerbebetriebs, die in $ 7 Abs 2
GemV vom 16, 12. 1941 (RStBI S. 937) enthalten war, in die GemV vom 24 12. 1953 (Bundes-
gesetzbl. I S. 1592, BStBl I 1954 S. 65) aber nicht mehr übernommen worden ist, weil es auf die-
sem Rechtsgebiet auf die Unterscheidung zwischen einem Gewerbebetrieb und einem wirtschaft:
lichen Geschäftsbetrieb (im engeren Sinn) nicht mehr ankommt.
i 9. Begriff des stehenden Gewerbebetriebs und des Reisegewerbebetriebs
(1) Die Begriffsbestimmung des stehenden Gewerbebetriebs ergibt sich aus $ 1 Abs. 2
GewStDV. Die Unterscheidung zwischen stehenden Gewerbebetrieben und
I Reise gewerbebetrieben ist. erforderlich, weil beide Formen des Gewerbebetriebs
steuerlich verschieden behandelt werden. Reisegewerbebetriebe unterliegen nicht der Lohn-
summensteuer. Außerdem finden die Vorschriften über die Zerlegung des einheitlichen Steuer-
” meßbetrags vorbehaltlich des $ 35a Abs. 4 GewStG auf Reisegewerbebetriebe keine Anwendung.
(2) Der Begriff des Reisegewerbebetriebs ist in $ 35a Abs. 2 GewStG bestimmt. Danach ist
ein Reisegewerbebetrieb ein Gewerbebetrieb im Sinn des Gewerbesteuergesetzes, dessen In-
haber nach den Vorschriften der Gewerbeordnung (GO) und den Ausführungsbestimmungen
dazu entweder einer Reisegewerbekarte bedarf oder von der Reisegewerbekarte lediglich des-
halb befreit ist, weil er einen Blindenwaren-Vertriebsausweis (8 55a Abs. 1 Nr. 4 GO) besiizt.
Demgemäß gelten z. B. Angestellte, die für ihren Arbeitgeber im Umherziehen Waren feilbieten
und dazu eine Reisegewerbekarte brauchen, nicht als Reisegewerbetreibende. Liegt ein gewerb-
liches Unternehmen im Sinn des Gewerbesteuergesetzes vor, so ist auf Grund der Vorschriften
der Gewerbeordnung (GO), insbesondere auf Grund des $ 55 GO, zu prüfen, ob der Inhaber zur
Ausübung des Unternehmens einer Reisegewerbekarte bedarf. Es kann dabei grundsätzlich
darauf abgestellt werden, ob der Steuerpflichtige für den ganzen Erhebungszeitraum oder einen
Teil des Erhebungszeitraums eine Reisegewerbekarte erworben hat.oder ob er einen Blinden-
waren-Vertriebsausweis besitzt. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung gehört zu den reise-
gewerbekartenpflichtigen Tätigkeiten auch das ambulante Gewerbe am Wohnort; wer ein Reise-
gewerbe im Sinn des $ 55 Abs, 1 Nr: 1 und 2 GO in der Gemeinde seines Wohnsitzes oder seiner
gewerblichen Niederlassung betreibt, bedarf jedoch nach $ 55a Abs. 1 Nr. 3 GO keiner Reise-
gewerbekarte, sofern diese Gemeinde nicht mehr als 10000 Einwohner zählt.
(3) Beim Zusammentreffen von Reisegewerbe mit stehendem Gewerbe ist für die
" gewerbesteuerliche Behandlung wesentlich, ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb oder
zwei selbständige Betriebe bestehen. Vgl. Abschnitt 19. Ist ein einheitlicher Betrieb gegeben, so
ist dieser in vollem Umfang. als stehendes Gewerbe zu behandeln ($ 35a Abs. 2 GewStG).
10. Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ($ 2 Abs. 3 GewStG)
° (1) Die Begriffsbestimmung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in 8 8 Abs. 1 GewStDV
stimmt mit $ 6 Abs. 2 GemV überein. Der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs wird in
$ 2 Abs. 3 und in $ 3 Ziff, 6 GewStG verwendet. Diese in beiden Vorschriften verwendeten
Begriffe stimmen nach Inhalt und Umfang überein.
(2) Wegen des Begriffs der Vermögensverwaltung vgl. Abschnitt 15 Abs. 1.
11. Selbständigkeit
(1) Voraussetzung für die Annahme eines Gewerbebetriebs ist die Selbstän digkeit
der Tätigkeit. Die Person muß die Tätigkeit auf eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung
ausüben. Die Frage, ob Selbständigkeit oder Unselbständigkeit vorliegt, ist nach den Grund-
sätzen des Einkommensteuerrechts und des Umsatzsteuerrechts zu prüfen. Der unselbständig
Tätige unterliegt der Lohnsteuer. Die Frage der Selbständigkeit muß deshalb in der Regel schon
bei der Heranziehung zur Einkommensteuer entschieden worden sein. Die für die Einkommen-
steuer getroffene Entscheidung ist aber für die Gewerbesteuer nicht bindend.
| (2) .Hausgewerbetreibende unterliegen als selbständige Gewerbetreibende im Gegensatz zu
Heimarbeitern, deren Tätigkeit als unselbständige Arbeit anzusehen ist, der Gewerbesteuer.
Als Hausgewerbetreibende sind auch Zusammenschlüsse von Personen zu behandeln, die Haus-
gewerbetreibende sind (vgl. BFH-Urteil vom 8. 3. 1960, BStBl III S. 160%). Die Begriffe des
Hausgewerbetreibenden und des Heimarbeiters sind im Heimarbeitsgesetz vom 14. 3. 1951
(Bundesgesetzbl. I S. 191%) bestimmt. Danach gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:
Heimarbeiter ist, „wer in selbstgewählter Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder selbst-
gewählter Betriebsstätte) allein oder mit seinen Familienangehörigen im Auftrag von
Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern gewerblich arbeitet, jedoch die Verwertung
der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbe-
treibenden überläßt. Beschafft der Heimarbeiter die Roh- und Hilfsstoffe selbst, so wird
hierdurch seine Eigenschaft als Heimarbeiter nicht beeinträchtigt“ ($ 2 Abs. 1 des
Heimarbeitsgesetzes),
5) GVBl. 1954 S,. 33; _StZBl. Bln. 1954 S. 109. 7) GVBl. 1952 S, 244.
6) StZBl. Bln. 1960 S. 382,