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Steuer- und Zollblatt für Berlin 12. Jahrgang Nr. 51 10. Juli 1962 (LA 939)
Stundung; Einschränkung der Erlaßmöglichkeit wegen
nachträglich eingetretener Umstände 83 bis 89
1. Zu erwartender Schadensausgleich 84
2, Nachträglich für die Abgabeentrichtung zur Verfügung stehende Mittel 85 bis 88
3. Tilgungsstreckung 89
VI. Einschränkung der Erlaßmöglichkeiten für den durch den
Eigentumsübergang beendeten Erlaßzeitraum 90 bis 92
VII. Reihenfolge bei teilweisem Erlaß 93 bis 94
I. Allgemeines
1. Gegenstand und zeitliche Geltung der Verwaltungsanordnung
Die vorliegende Verwaltungsanordnung —.im folgenden als „VAO 1959“ abgekürzt — trifft
nach $ 131 Abs, 1 Satz 1 zweiter Halbsatz LAG auf dem Gebiet der Hypothekengewinnabgabe
(HGA) nähere Bestimmungen über den Erlaß oder die Stundung der laufenden Abgabeleistun-
gen wegen wirtschaftlicher Bedrängnis für Erlaßzeiträume, die nach dem 31. Dezember 1958
beginnen.
Die VAO 1959 tritt neben die VAO vom 10. Juli 19561), die weiterhin für vor dem 1. J 207) ©
1959 abgelaufene Erlaßzeiträume anzuwenden ist.
2. Rechtliche Form der Abgabeschulden, für die die VAO 1959 gilt
Der Erlaß nach der VAO 1959 ist ohne Rücksicht auf die rechtliche Form der Abgabeschulden
{öffentliche Last, Ersatzgrundschuld, persönliche Abgabeschuld nach $ 111 Abs. 5 Nr. 2 oder
$ 118 LAG) zulässig. Insofern sind die Fälle nach der VAO 1959 weiter abgegrenzt als die Fälle
nach der 17. AbgabenDV-LA, nach welcher der Ertragslageerlaß nur bei Abgabeschulden in der
Form einer öffentlichen Last und in bestimmten Ausnahmefällen auch in der Form einer Ersatz.
grundschuld durchgeführt werden kann.
3. Personen, zu deren Gunsten ein Erlaß in Betracht kommt
Der Erlaß wegen wirtschaftlicher Bedrängnis kommt nur zugunsten einer natürlichen
Person oder mehrerer natürlicher Personen in Betracht, die die Abgabeleistungen schulden.
[n dieser Hinsicht sind die Fälle, in denen $ 131 LAG und die VAO 1959 angewendet werden,
enger abgegrenzt als die Fälle des Ertragslageerlasses nach 8 129 LAG. der auch. zugunsten
juristischer Personen durchgeführt wird.
Als Schuldner der Abgabeleistungen kommen beispielsweise, wenn die Abgabeschuld als
öffentliche Last oder als Ersatzgrundschuld auf dem Grundstück ruht, dessen Eigentümer,
Bruchteilseigentümer, sowie die Beteiligten an einer Gesamthand in Betracht, in deren Eigen-
tum das Grundstück steht. In der Beteiligung an einer juristischen Person, der das Grundstück
gehört, darf kein wirtschaftliches Eigentum der beteiligten Personen an dem Grundstück ge-
sehen werden, auf Grund dessen zu ihren Gunsten Billizkeitsmaßnahmen in Betracht gezogen
werden könnten. ;
Der, Nießbraucher oder Nutznießer ist nicht Abgabeschuldner; die dingliche Haftung und
die persönliche Haftung treffen in diesen Fällen ausschließlich. den Grundstückseigentümer,
Hiernach kann ‚ein Erlaß grundsätzlich allein zugunsten des Eigentümers und auf Grund seiner
wirtschaftlichen Verhältnisse und auch nur insoweit in Betracht kommen, wie die Abgabe-
leistungen: nicht von dem Nießbraucher oder Nutznießer zu tragen sind — z. B. nur wegen der
vom Eigentümer zu tragenden Tilgungsleistungen — oder wie die Leistungsverpflichtung des
Nießbrauchers oder‘ Nutznießers vom Eigentümer nicht durchgesetzt werden kann.
Trotzdem läßt es sich für besondere Fälle des Nießbrauchs vertreten, daß die Abgabeleistun-
gen auch einem nach den Grundsätzen dieser VAO nicht bedürftigen Eigentümer auf Grund der
wirtschaftlichen Verhältnisse des Nießbrauchers erlassen werden und daß auf diese Weise eine
mittelbare Inanspruchnahme: des bedürftigen Nießbrauchers abgewendet wird. Bei der Ab-
grenzung der besonderen Fälle müssen vor allem an die Entstehung, an eine dem wirtschaft-
lichen Eigentum verwandte Ausgestaltung und an die volle Auswirkung des Nießbrauchs die
folgenden Anforderungen gestellt werden:
a) Der Nießbrauch muß auf einer Zuwendung von Todes wegen (Erbeinsetzung mit entsprechen-
der Teilungsanordnung oder Vermächtnis), einer Erbauseinandersetzung oder einer vorweg-
genommenen Erbfolge beruhen;
b) der Nießbraucher hat im Innenverhältnis sämtliche laufenden, das Grundstück betreffenden
Leistungen mit Einschluß der Zins- und Tilgungsleistungen bei der HGA zu tragen;
c) der Eigentümer und der bedürftige Nießbraucher gehören nicht derselben Familieneinheit
(Tz. 27) an.
ı) BStBl. 1956 I S. 347; StZBl. Bln. 1956 S. 858.