Steuer- und Zollblatt für Berlin 12. Jahrgang Nr.46 27. Juni 1962 1187
187. Abzug von außergewöhnlichen Belastungen in den Fällen der getrennten Veranlagung
von Ehegatten nach $ 26a EStG
Werden Ehegatten nach 8 26a EStG getrennt veranlagt, so sind ihre gesamten als außer-
gewöhnliche Belastungen im Sinn des 8 33 EStG zu berücksichtigenden Aufwendungen zusam-
menzurechen. Es kommt nicht darauf an, wer von den Ehegatten die Aufwendungen im
einzelnen getragen hat. Die Summe der Aufwendungen ist um die zumutbare Eigenbelastung
(864 EStDV) zu kürzen. Bei der Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung ist nach $ 64
letzter Satz EStDV. die Summe der Einkommen zugrunde zu legen, mit denen der Ehemann
und die Ehefrau zu veranlagen sind. Der Unterschiedsbetrag zwischen den zusammengerech-
neten Aufwendungen und der hiernach ermittelten zumutbaren Eigenbelastung ist nach 8 26a
Abs. 3 Satz 2 EStG zur Hälfte bei der Veranlagung jedes Ehegatten oder, falls die Ehegatten
eine andere Verteilung beantragen, entsprechend diesem Antrag bei der Veranlagung des Ehe-
manns oder der der Ehefrau oder mit Teilen bei beiden Veranlagungen abzuziehen.
Beispiel:
Ein Ehepaar, bei dem die Voraussetzungen des 8 26 Abs. 1 EStG vorliegen, ist getrennt zu
veranlagen. Der Ehemann hat ein Einkommen von 20 000 DM, die Ehefrau ein solches von
10 000 DM. Kinderfreibeträge sind bei den Veranlagungen der Ehegatten nicht abzuziehen.
Die Ehegatten haben außergewöhnliche Belastungen von insgesamt . ... 2000 DM.
Die zumutbare Eigenbelastung beträgt nach Spalte 3 Zeile 2 der Übersicht
in 8 64 EStDV 6 v. H. von (20 000 DM + 10 000 DM =) 30 000 DM =. . 1800 DM.
Der übersteigende Betrag von .. . 200 DM
ist für beide Ehegatten zusammen als Freibetrag nach 8 33 EStG zu gewähren.
Die Ehegatten können beantragen, daß der Freibetrag von 200 DM bei der Veranlagung
des Ehemanns oder bei derjenigen der Ehefrau abgezogen wird. Sie können auch bean-
tragen, daß bei beiden Veranlagungen jeweils ein Teilbetrag abgezogen wird. Stellen sie
keinen besonderen Antrag auf Verteilung des Betrags von 200 DM, so ist dieser je zur
Hälfte. also in Höhe von 100 DM. bei beiden Veranlagungen vom Einkommen abzuziehen.
188. Anwendung des $ 33 EStG auf Aussteueraufwendungen
(1) Aufwendungen für die Aussteuer einer Tochter können nur noch in beschränktem
Rahmen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Abweichend von der bis-
herigen Verwaltungspraxis mißt der Bundesfinanzhof der Höhe des Vermögens und unter
bestimmten Voraussetzungen auch der Höhe des Einkommens des Steuerpflichtigen dabei
wesentliche Bedeutung zu, ohne im einzelnen die Vermögens- und Einkommensgrenzen zahlen-
mäßig festzulegen (BFH-Urteile vom 7. 8. 1959 — BStBl III S. 383%. und 385%”). Im Interesse
einer einheitlichen Anwendung der Vorschriften des 8 33 EStG sind bei der Berücksichtigung
von Aussteueraufwendungen als außergewöhnliche Belastung die folgenden Grundsätze an-
zuwenden:
Allgemeines
(2) Aussteueraufwendungen sind Aufwendungen, die der Steuerpflichtige aus Anlaß der
Eheschließung seiner Tochter leistet. Die Aussteuer kann in der Hingabe von Sachwerten
oder von Geld bestehen. Die hingegebenen oder mit dem Geld beschafften Gegenstände
müssen jedoch dem herkömmlichen Begriff der Aussteuer (Hausrat, Wäsche und Kleidung)
| entsprechen. Mietvorauszahlungen und Baukostenzuschüsse fallen nicht darunter (BFH-
ı Urteil vom 17. 3. 1961 —- BStBl IIT S. 275%)
(3) Die Aussteueraufwendungen müssen in zeitlichem Zusammenhang mit der Ehe-
schließung der Tochter stehen. Der zeitliche Zusammenhang ist als gegeben anzusehen, wenn
die Aufwendungen zwischen der Verlobung und der Eheschließung oder innerhalb von zwei
Jahren nach der Eheschließung gemacht werden. Bei späteren Aufwendungen hängt die
Frage, ob der zeitliche Zusammenhang gewahrt ist, von den Verhältnissen des Einzelfalls
ab. Die Aufwendungen können auch dann im Kalenderjahr der Eheschließung berücksichtigt
werden, wenn der Steuerpflichtige die Aussteuersachen bereits in früheren Jahren ange-
schafft hat (BFH-Urteil vom 25. 11. 1960 — BStBl 1961 IIT S. 76%). Sind die Aussteuersachen
mit Kredit erworben worden, so liegt eine Belastung erst im Jahr der Schuldtilgung vor
(BFH-Urteil vom 23. 6. 1961 — BStB] III S. 3875).
(4) Der Steuerpflichtige erfüllt bei der Gewährung der Aussteuer eine sittliche Verpflichtung,
soweit die Tochter nicht eigenes Vermögen hat und auch aus ihrem Einkommen vor der Ehe-
schließung keine ausreichenden Ersparnisse machen konnte. Es ist deshalb in diesen Fällen die
Zwangsläufigkeit der Aussteueraufwendungen regelmäßig zu bejahen. Das gilt auch dann,
wenn der Steuerpflichtige seiner Tochter eine abgeschlossene Berufsausbildung hat zuteil
werden lassen.
Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Tochter
(5) Unwesentliches Vermögen der ‚Tochter kann außer Betracht bleiben. Das ist der Fall,
| wenn der Verkehrswert des Vermögens der Tochter 10 000 DM (vom VZ 1962 an: 15 000 DM)
nicht übersteigt. Vermögensgegenstände. die einen besonderen persönlichen Wert (z. B. Erinne-
1) StZBl. Bln. 1959 S. 1148. 1) StZBl. Bln. 1961 S. 315.
2) StZBl. Bln. 1959 S. 1150. 5) StZBl. Bln. 191 S. 1109.
3) StZBILl. Bln. 1961 S. 897.