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(LA 876) Steuer- und Zollblatt für Berlin 12. Jahrgang Nr.19 15. März 1962
V. Auswirkung des 8 55c LAG auf die Entschädigungsseite Tz.
Die Regelung des $ 55c Abs. 2 LAG 63 bis 65
Berechnungsbeispiele 66 bis 67
Mitteilung an das Ausgleichsamt 68
VI. Durchführung des 8 55c LAG in Fällen mit Vermögen im Bundesgebiet
und (oder) in Berlin (West), die von einem Finanzamt im Bundesgebiet
veranlagt worden sind
Grundsatz 69
Fälle nur mit Vermögen in Berlin (West) 70
Fälle mit Vermögen sowohl im Bundesgebiet als auch in Berlin (West) 71 bis 74
VII. Buch- und kassenmäßige Behandlung 75
VII. Statistische Anschreibungen 76
IX. Vordrucke 77
XI. Allgemeines
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Februar 1961
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 21. Februar 1961 —
1 BvL 29/57, 1 BvL 20/60 — (BStBl. 1961 I S. 55')) die Vereinbarkeit der Vorschriften
der 88 29 und 38 LAG mit dem Grundgesetz bejaht. Es hat jedoch in den Entscheidungs-
gründen der Vorschrift des $ 29 Abs. 1 LAG über den allgemeinen Freibetrag eine von
der bisherigen Handhabung abweichende Auslegung dahin gegeben, daß der allge-
meine Freibetrag jedem Ehegatten nach Maßgabe seines Vermögens zu
gewähren ist. Entsprechendes gelte auch für die Anwendung der Vorschriften über die
besonderen Freibeträge unddie Freigrenzen in den $8 24. 26 LAG und
in 8 67 BewG.
Diese Entscheidung hat unmittelbare Auswirkungen nur bei den Zusammenveran-
{agungsfällen, die noch nicht veranlagt oder noch nicht rechtskräftig gewor-
den sind. In diesen Fällen ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bei der Veran-
lagung‘. bzw. bei der Änderung der Veranlagung zu berücksichtigen. Bei den bereits
rechtskräftig gewordenen Veranlagungsfällen besteht keine Möglichkeit, die Ver-
anlagung unter Berufung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu ändern.
Das Urteil kann in diesen Fällen mit Wirkung für die Vergangenheit
nur — und dann grundsätzlich nur im Rahmen des 8 234 AO — berücksichtigt werden,
wenn die rechtskräftige Veranlagung auf Grund der Berichtigungsvor-
schriften der A O zu ändern ist.
Das 15. Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes
Dem Gesetzgeber erschien es nicht vertretbar, es bei den rechtskräftigen Zusammen-
veranlagungsfällen weiterhin bei der — nach der Auffassung des Bundesverfassungs-
gerichts — unzutreffenden Auslegung der Vorschriften über Freibeträge und Frei-
grenzen zu belassen. Er hat daher durch das 15. Gesetz zur Änderung des Lastenaus-
gleichsgesetzes (15. ÄndG LAG) vom 4. August 1961 (BGBl. 1961 I S. 1169, BStBl. 1961 I
S. 586?)) in den rechtskräftigen Fällen die Berücksichtigung des Urteils für die
Zukunft vorgeschrieben. Nach dem durch das 15. ÄndG LAG eingefügten 8 55c LAG
sind die Vierteljahrsbeträge bei rechtskräftig zusammenveranlagten Ehegatten für die
Zeit ab 1. April 1961 bis zum Ende der VA-Laufzeit auf den Betrag herabzusetzen, der
sich ergibt, wenn die Vorschriften über Freibeträge und Freigrenzen auf die einzelnen
Vermögen der Ehegatten angewandt werden. Die Abgabepflichtigen sollen somit ab
1. April 1961 so gestellt werden, als ob die Vorschriften über Freibeträge und Frei-
grenzen von vornherein in verfassungsgemäßer Weise angewandt worden wären.
Das Prinzip der Zusammenveranlagung und die rechtskräftige Ver-
anlagung bleiben unberührt. Ferner hat $ 55c LAG keine Auswirkung auf die
Vierteljahrsbeträge, die auf Grund der rechtskräftigen Veranlagung für die Zeit vom
1. April 1952 bis 31. März 1961 festgesetzt worden sind. Eine Erstattung
dieser VA-Beträge oder ihre Verrechnung kommt nicht in Betracht. Ebenso bleibt die
SHA unberührt; eine Erstattung der bei der rechtskräftigen VA-Veranlagung ange-
rechneten Beträge ist nicht möglich,
Antrag
5 Die Herabsetzung der Vierteljahrsbeträge erfolgt nach 8 55ec Abs. 3 LAG nur auf
Antrag. Der Antrag, der von den Ehegatten gemeinsam oder auch nur von einem
Ehegatten gestellt werden kann, muß spätestens am 31. März 1962 beim Finanzamt ein-
gegangen sein. Eine Verlängerung dieser Frist ist nicht möglich, jedoch kann unter den
Voraussetzungen der $8 86, 87 AO Nachsicht gewährt werden,
Es erscheint geboten, die Abgabepflichtigen allgemein auf die Antragsfrist hinzu-
weisen. Ich bitte daher, die als Anlage beigefügte „öffentliche Bekanntmachung“ in der
Tagespresse veröffentlichen zu lassen (die Veröffentlichung im Bundesanzeiger wird von
mir veranlaßt).
Sind die abgabepflichtigen Ehegatten verstorben und sind die Vierteljahrs-
beträge auf mehrere Erben übergegangen und ggf. bereits aufgeteilt, so ge-
nügt es, wenn ein Erbe den Antrag nach 8 55c Abs. 3 LAG stellt. Das für den Erben
1) StZBl. Bin. 191 S. 286.
2) StZBIl. Bln. 1961 S. 875.