9) Steuer- und Zollblatt für Berlin 11. Jahrgang Nr.49 183. Juli 1961
unmittelbar zwischen Finanzamt und Schuldner abspielt‘ an die Zollfahndungsstelle Ausgeführte auch bei einem
und damit diesem bekannt wird. Da es bei diesem Tat- Auftrag zu einer allgemeinen Betriebsprüfung, den das
bestand gerade um Fälle geht, in denen Entstehung (oder bereits erwähnte Urteil des IV. Senates vom 3. Juli 1958
Unbedingtwerden) und Höhe des Anspruchs, mitunter so- zum Gegenstand hatte, zutrifft. Soweit jedoch der IV. Senat
gar die Person des Schuldners noch nicht feststehen, son- den von ihm aufgestellten Rechtssatz, daß ein Prüfungs-
dern zum Zwecke der Festsetzung und Einziehung des auftrag nur dann eine verjährungsunterbrechende Hand-
Anspruchs noch näher ermittelt werden müssen, können die lung im Sinne des $ 147 Abs.1 AO darstelle, wenn er nach
gebotenen Maßnahmen verschiedener Art sein, wie die außen, das heißt über den Bereich der Finanz verwal-
Worte „jede Handlung“ zum Ausdruck bringen. Es kann tung hinaus wirksam geworden sei (zustimmend unter
sich — abgesehen von der Befragung des Steuerpflichtigen anderen Vangerow, Steuer und Wirtschaft, 1958, Spalte 809;
selbst oder von Ermittlungen bei ihm — handeln um die Piesker, Der Betriebs-Berater, 1958 S. 1084; Nake und Os-
Vernehmung Dritter, um Auskunftsersuchen an öffentliche wald in Loepelmann, Besprechungen von Urteilen, Be-
und private Stellen, um Ermittlungsersuchen an Behörden schlüssen und Gutachten des Bundesfinanzhofs, BFH vom
innerhalb oder außerhalb der Finanzverwaltung oder an- 3. Juli 1958 (I) 1 und vom 20. Februar 1958 (V) 1), auch
dere Maßnahmen. Sie brauchen sich also durchaus nicht an für Ersuchen der im vorliegenden Streit-
den Steuerpflichtigen zu richten und ihm alsbald zur Kennt- fall gegebenen Art, die das zuständige Finanzamt
nis zu gelangen. Mitunter kann es sogar darauf ankommen, (Hauptzollamt) an eine andere Dienststelle der Verwaltung
daß er vorerst keine Kenntnis davon erhält. richtet, als gültig ansehen sollte, vermag der erkennende
. - . Senat dem nicht zu folgen. Entscheidend ist für
Auch aus Sinn und Zweck der Verjährung sowie jpnn dabei vor allem, daß das Gesetz eine Handlung des zu-
aus dem Bedürfnis der Rechtssicherheit und des ständigen Finanzamts und nicht eine solche der Finanz-
Schuldnerschutzes ist nichts anderes herzuleiten. verwaltung verlangt. Im übrigen aber sind nach seiner
Diesen Gesichtspunkten, über denen auch der der Gleich- Auffassung auch nicht die Schwierigkeiten zu unter-
mäßigkeit der Besteuerung nicht ganz aus dem Auge zu schätzen, die sich, wie der Bundesminister der Finanzen
lassen ist (vgl. dazu Hartz, Der Betrieb, 1958 S. 1262), ist zutreffend hervorgehoben hat, hinsichtlich der Abgrenzung
dadurch genügt, daß nach Ablauf der gesetzlich festgeleg- ges Bereichs der Finanzverwaltung daraus ergeben, daß es
ten Verjährungsfrist der Steuerpflichtige davor geschützt sowohl. Finanzbehörden des Bundes wie der Länder als
ist, daß das Finanzamt, soweit es einen ihm bekannten auch der Gemeinden gibt; es wäre schwer zu entscheiden,
Anspruch nicht verfolgt hat oder, wenn ein Anspruch dem op die Finanzbehörden der einzelnen Gebietskörperschaft
Grunde und (oder) der Höhe nach noch nicht feststand, oger aller Gebietskörperschaften zusammen als „Finanz-
nicht zu dessen Feststellung durch eine. nach außen wir- verwaltung“ anzusehen wären.
kende und daher nach Zeit und Umfang bestimmte Hand- N e
lung tätig geworden ist, ihn noch in Anspruch nehmen Die unterbrechende Wirkung des Ersuchens des Haupt-
könnte. Auf Grund der Untätigkeit des Finanzamts Zollamts vom 6. Mai 1957 ist auch nicht dadurch beseitigt
als der nach dem Aufbau der Finanzverwaltung und nach oder berührt worden, daß die Zollfahndungsstelle erstmals
der Aufgabenverteilung zur Vertretung des Steuer- am 9. Juli 1958 tätig geworden ist. Der Senat ist der An-
gläubigers berufenen Behörde erlischt der Steuer- Sicht, daß Ermittlungsersuchen des Hauptzollamts (Finanz-
anspruch. amts), die es zur Feststellung des Steueranspruchs oder
des Verpflichteten vornimmt, die Verjährung unterbrechen
Es kann jedoch kein Bedürfnis anerkannt werden, auch ohne Rücksicht darauf, wann die ersuchte Stelle dem Er-
die Unkenntnis des Schuldners von einem suchen nachkommt. Der Senat schließt sich insoweit den
Tätigwerden des Finanzamts zu schützen. Gegen die Not- Ausführungen des VI. Senats in seinem Urteil, VI 33/60 U
wendigkeit eines derart erweiterten Schuldnerschutzes vom 29. April 1960 (BStBl.1960 III S.275, Slg. Bd. 71
sprechen besonders Fälle, wie der vorliegende, in dem be- S.”72%”) an, nach denen die Unterbrechungswirkung einer
reits entstandene Ansprüche durch Nichteinhaltung der Handlung des Finanzamts nicht von einer späteren Maß-
Voraussetzungen einer gewährten Vergünstigung unbe- nahme abhängig gemacht werden und damit in der Schwebe
dingt geworden sind, was der Schuldner auf Grund seines bleiben kann.
eigenen Verhaltens wissen muß. Es würde über das er- E .
forderliche Maß an Rechtssicherheit und Schutz des 4. Fasychen des Hauptzollamts an die Zellfanndungsstelle
Schuldners hinausgehen und dem Grundsatz der Gleich- 6. Mai 1957 di N äh der i Tah 9056.10 d
mäßigkeit der Besteuerung nicht gerecht werden, wenn Der: „N A An GET
; s erson des Bg. unbedingt gewordenen Ansprüche an Zoll,
Schon das Nichtwissen. des. Schuldners” davon, daß das Mineralölsteuer und Umsatzausgleichsteuer unterbrochen
Finanzamt Anhaltspunkte für die Entstehung von Steuer- worden ist. so daß am 1. Januar 065 eine neue Verjährun
ansprüchen gewonnen, Verdacht geschöpft und daher vor begann ünd die Ans yüche erst mit dem Ablaut N S Talırer
Ablauf der Verjährung das zur Verfolgung der Ansprüche 958 jährt wä Di huldeten. Abgab C d.dah S
Erforderliche getan hat, zu einer Verjährung der Ansprüche ER EEANTE WATEN, IC BESCAUGGIEN. BANCH SINE dANET
genügen würde. mit Recht durch den Steuerbescheid vom 2. Dezember 1958
angefordert worden.
Es kann hier dahingestellt bleiben, ob das vorstehend für _________
das im Streitfalle vorliegende Ersuchen des Hauptzollamts 3) StZBl. Bln. 1960 S. 757
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