1368 Steuer- und Zollblatt für Berlin 11. Jahrgang Nr.92 29. Dezember 1961
Umsatzsteuer Ziff. 9b a. a. O. aufgeführten Fein-, Mittel- oder Grob-
Urteil des BFH vom 24. August 1961 — V 48/59 S1Y. blechen gehören. Da die Vorentscheidung diese Rechtslage
verkannt hat, ist sie aufzuheben.
(StZBl. Berlin 1961 S. 1368)
Der Senat ist nach 8 296 Abs.3 AO in der Lage, die
Stahlpfannenbleche fallen unter die im 8 29 Abs.? Ziff.9 b Streitfrage abschließend selbst zu entscheiden. Nach stän-
UStDB 1951 bezeichneten Gegenstände. An der gegenteiligen giger Rechtsprechung des Senats kommt es in erster Linie
Auffassung des Urteils des Reichsfinanzhofs V 32/39 vom darauf an, ob nach der Verkehrsauffassung Pfannenbleche
23. Februar 1940 (RStBl. 1940 S. 697, Sig. Bd. 48 S.344) als (Fein-) Bleche angesehen werden. In Zweifelsfällen wäre
wird nicht festgehalten. der Zolltarif, wenn dieser zum. Vergleich geeignete Begriffs-
UStG 8 4 Ziff, 4; UStDB 1951 8 29 Abs. 2 Ziff, 9 b. bestimmungen enthält, heranzuziehen. Der Zolltarif kommt
nicht nur für die Einreihung in die Freiliste 2 (Anlage 1 zu
Streitig ist, ob dem Bf. im Veranlagungszeitraum 1956 $ 20 Abs.2 Ziff.1 UStDB 1951), wie das Finanzgericht
für Großhandelslieferungen verzinkter Pfannenbleche meint, sondern überall dort, wo das Umsatzsteuerrecht ein
Steuerfreiheit nach 8 4 Ziff, 4 UStG zu gewähren ist. Die Warenverzeichnis ‚aufgestellt hat, in Betracht. Darüber
Vorinstanzen haben dies unter Berufung auf das Urteil des hinaus kann der Senat ihm bekannte Gepflogenheiten: des
Reichsfinanzhofs V 32/39 vom 23. Februar 1940 (RStBl. Handels sowie technische Gegebenheiten im Sinne einer be-
1940 S. 697, Slg. Bd. 48 S. 344) verneint und die Lieferungen stehenden Verkehrsauffassung würdigen. So spricht der
nach 8 7 Abs. 3 UStG mit 1 v. H. zur Steuer herangezogen. Umstand, daß Pfannenbleche, die in genormten Maßen von
; 5 ; 5 „el fü 2m Länge — also in keiner Weise den Dachpfannen (Dach-
der OPER Geh SU nen die Rb.; sie führt zur Aufhebung ziegeln aus. Ton oder Zement) vergleichbar - Walz-
? werkserzeugnisse wie auch die übrigen Bleche sind,
Der Reichsfinanzhof kam zur Steuerpflicht, weil er die daß sie‘ ganz überwiegend im Eisenhandel umgesetzt
Liefergegenstände als eine besondere Art von Fertig- werden und daß kein grundlegender Unterschied zu Well-
erzeugnissen angesehen hat. Aus der wiederholten Betonung blechen, gepreßten, gebuckelten, gelochten und gebogenen
des Gesetzgebers, daß nur der Umsatz notwendiger Roh- Blechen besteht, die seit je als Bleche im Sinne der Befrei-
stoffe und Halb erzeugnisse umsatzsteuerfrei sein‘ solle, ungsvorschrift anerkannt werden (vgl. Erlaß des Reichs-
ergibt sich nach Meinung des Reichsfinanzhofs die Steuer- ministers der Finanzen vom 23. Januar 1935 S 4138 — 18 111,
pflicht, wenn es sich nicht um Rohstoffe oder Halb- Umsatzsteuer-Kartei S 4338 f Karte 5) für die Auffassung
erzeugnisse handelt. Anderseits räumt dieses Urteil ein, des Bf. Der Bf. hat darüber hinaus mehrere Gutachten
daß der Unterschied zwischen steuerfreien Halberzeug- der beteiligten Wirtschaftskreise, darunter von Abnehmer-
nissen und steuerpflichtigen Fertigerzeugnissen technisch verbänden, vorgelegt, die durchweg zu dem durch An-
und wirtschaftlich nicht immer genau zu bestimmen sei. führung von Tatsachen erhärteten Ergebnis kommen, daß
Nach Auffassung des erkennenden Senats hat aber gerade die Liefergegenstände des Streitfalles zu den Blechen im
darum der Gesetzgeber angeordnet, daß die Bundes- Sinne der Befreiungsvorschrift rechnen. ‚So ist unter
regierung die Gegenstände, die nach $ 4 Ziff, 4 UStG anderem angeführt, daß die Profilierung der Bleche durch
steuerfrei geliefert werden können, zu bestimmen hat. Die Einpressen von Rippen nichts an dem Charakter der Bleche
von der Bundesregierung hiernach bestimmten Gegenstände ändere, weil selbst Spezialprofile bei Stabeisen (Hespen-
sind im 8 29 Abs. 2 UStDB 1951 aufgezählt. Die in diesem eisen, Fensterrahmenprofile) immer” noch als Stabeisen be-
Verzeichnis aufgestellten Gegenstände sind begünstigt, urteilt würden, daß Pfannenbleche im Montanunionraum als
ohne daß überhaupt zu prüfen ist, ob es sich noch um not- ‚nicht weiter verarbeitete Materialien“ bei den Blechen auf-
wendige Rohstoffe oder Halberzeugnisse handelt (im geführt würden, daß Pfannenbleche die gleiche preisliche
gleichen Sinne Beck in Hübschmann-Grabower-Beck- Behandlung erführen wie glatte Bleche oder Wellbleche,
v. Wallis, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, $ 4 Ziff. 4, und schließlich verzinkte Pfannenbleche nicht nur zu Be-
Anm. 2, II 1 Abs. 3). Eine gegenteilige Auffassung würde dachungszwecken, sondern auch zu Wandbekleidungen, losen
angesichts der auch vom Reichsfinanzhof eingeräumten Abdeckungen, Verkleidungen von Rohrschächten, also ähn-
Schwierigkeit, Halberzeugnisse und Fertigerzeugnisse von- lich wie glatte Bleche oder Riffelbleche verwendet würden.
einander abzugrenzen, eine gleichmäßige Handhabung‘ des Schließlich spricht auch die‘ zolltarifliche Behandlung,
8 4 Ziff, 4 UStG nicht gewährleisten. So kann denn auch wonach Pfannenbleche den gewellten Blechen gleichgestellt
die in dem oben angeführten Urteil vom 23. Februar 1940 werden, für die Auffassung des Bf. (vgl. die Erläuterungen
gegebene Begründung, daß es sich bei den Liefergegen- zum Zolltarif von 1951 zu Tarifnr. 7318 unter Ziff, 1.i).
ständen des Streitfalles um Fertig erzeugnisse handele,
nicht überzeugen. Einmal ist es bedenklich, entscheidend Nach alledem kommt‘ der Senat, da nach allgemeiner
auf den Verwendungszweck abzustellen. (vgl. Urteil des Auffassung auch die Verzinkung der Bleche der_ Ver-
Bundesfinanzhofs V 211/55 U vom 30. Januar 1958, BStBl. günstigung nicht entgegensteht, zu dem Ergebnis, daß die
1958 III S. 139, Sig. Bd. 66.8. 364%”). Zum anderen sei auf Liefergegenstände des Streitfalles als Feinbleche im Sinne
das in der gleichen Vorschrift ($ 29 Abs.2 Ziff.9b UStDB des 8 29 Abs.2 Ziff. 9b UStDB 1951 anzusehen sind und
1951) aufgeführte Oberbaumaterial hingewiesen. Die hier- deshalb nach & 4 Ziff. 4 UStG steuerfrei geliefert werden
unter fallenden Schienen, _Unterlagsplatten, Laschen, können. Auf die vom Bf. aufgeworfene Frage, inwieweit
Schienennägel u. a. brauchen selbst nicht mehr bearbeitet, das Finanzamt bei der Veranlagung für 1956 an eine
sondern nur miteinander verbunden zu werden, um eine früher gegebene Auskunft gebunden sei, braucht deshalb
Gleisanlage zu erhalten, während bei den Pfannenblechen nicht eingegangen zu werden.
gegebenenfalls ein Zuschneiden oder Aufbiegen in Betracht S A
kommt, um die Eindeckung eines Daches zu erreichen. Da die Voraussetzungen des $ 4 Ziff. 4 UStG im übrigen
N en N S nicht streitig sind, wird die Sache lediglich zur Berechnung
_ Hiernach hängt die Entscheidung des Streitfalles ledig- ger Umsatzsteuer 1956 unter Aufhebung der Vorentschei-
lich davon ab, ob Pfannenbleche zu den im $ 29 Abs.2 gungen an das Finanzamt zurückverwiesen. Dem Finanz-
I. _ amt werden auch die Kostenentscheidung und die Fest-
x stellung des Wertes des- Streitgegenstandes übertragen
SO DIE 1006 5 ds (88 318 Abs. 2, 320 Abs. 3 AO)
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