Path:
Volume Nummer 91, 22. Dezember 1961

Full text: Steuer- und Zollblatt für Berlin (Public Domain) Ausgabe 11.1961,2 (Public Domain)

Steuer- und Zollblatt für Berlin 11.Jahrgang XNr.91 22. Dezember 1961 1347 
Sohn und. Mutter (Bfin.) bildeten seit 1953 eine Erben-‘ Der Senat kann sich bei Beantwortung der Frage, ob 
gemeinschaft. Zu den Nachlaßgegenständen gehörte ein die Beendigung des Warenverkaufs zwangsläufig dazu 
Einzelhandelsgeschäft in Gold- und Silberwaren, das in führe, daß das zum Betriebsvermögen des Einzelhandels- 
einem zum Nachlaß gehörigen Grundstück betrieben wurde. geschäfts gehörende Gebäude notwendiges Privatvermögen 
In dem Grundstück befanden sich außer den gewerblichen, wurde, der Auffassung der Bfin. nicht anschließen. Die 
dem . Einzelhandelsgeschäft dienenden Räumen mehrere Bfin. geht davon aus, daß zum Betriebsvermögen gehörende 
an Dritte vermietete Wohnungen. In den Jahren 1955 und Wirtschaftsgüter nur dann Privatvermögen werden könn- 
1956 verkaufte die Erbengemeinschaft den Warenbestand ten, wenn, sie einen dahingehenden Beschluß gefaßt und 
des. Einzelhandelsgeschäfts und vermietete die gewerb- nach außen erkennbar gemacht- habe. In der Regel beruht 
lichen Räume an. einen. Dritten. Sie meldete den Gewerbe- die Entnahme eines Wirtschaftsguts und seine Überführung 
betrieb/bei der Stadtverwaltung ab und gab dabei als den von Betriebs- in das Privatvermögen auf einem Willens- 
Tag der Betriebsaufgabe den-31. Dezember 1956 an. entschluß des Steuerpflichtigen. Eine Privatentnahme kann 
In den Bilanzen des Einzelhandelsgeschäfts war das ge- deshalb in der Regel nur angenommen werden, wenn der 
samte Grundstück stets in vollem Umfange als. Betriebs- Steuerpflichtige seinen Entschluß in eindeutiger Weise zum 
gründstück ausgewiesen worden. Es hatte am 31. Dezem- Ausdruck brachte. Würde man auch im vorliegenden Falle 
ber 1956 einen Buchwert von 319430 DM. Streitig ist, ob einen solchen Willensentschluß der Bfin. nicht annehmen, 
die Erbengemeinschaft das Grundstück mit der Aufgabe So käme man zu dem Ergebnis, daß die aus der Vermietung 
des Einzelhandelsgeschäfts ins Privatvermögen übernahm eines Mietwohngrundstücks sich ergebenden Einkünfte 
und damit der Unterschied zwischen dem Buchwert und Weiter gewerbliche Einkünfte bildeten, obwohl ein Gewerbe- 
dem gemeinen Wert den für 1956 einheitlich festzustellen- betrieb nach Aufgabe jeder Verkaufstätigkeit nicht mehr 
den Gewinn erhöhte. vorlag. Mit Recht gehen die Vorinstanzen davon aus, daß 
n & £ y n diese Auffas: eine solche Folgerung mit $ 21 EStG nicht vereinbar ist. 
Se PInSRZEELICHE Stelle den Bemeinen Wert des Die En eines Mietwohngrundstücks Führt nur dann 
Grundstücks auf 512317 DM fest. Danach ergab sich für ZU Sewerblichen Finkünfdlen, wenn Sie: im Kahmen eine 
1956 nach den Gründen der angefochtenen Entscheidung Gewerbebetriebs durchgeführt wird. Ist ein Gewerbebetrieb 
; ; ; ; ; ht mehr vorhanden und besteht auch nicht die Absicht 
ein Gesamtgewinn von 179 783 DM, den das Finanzgericht 1" en Ch na N C nd bebetrich 
insoweit‘ als. Veräußerungsgewinn behandelte, als er auf daS Gebäude En St in Kahl Sn EN N PeabE ebetrie 
der Entnahme des Gebäudes (177570 DM) und auf der in U ei FAT HU En des Zn 
der Rb. nicht mehr streitigen Entnahme von’ Bausparver- 16rigen Betriebs alsbald zu veräußern, so/ Kann eS nic 
trägen (399 DM) beruhte. von dem Willen und Entschluß des. Steuerpflichtigen ab- 
A U il hängen, ob, die aus der Vermietung gezogenen Einkünfte 
Die Rb. der Bfin. ist nicht begründet. gewerblicher Natur sind oder zu den Einkünften aus Ver- 
Die Bfin. erhob im Verfahren vor dem Finanzamt und mietung und Verpachtung gehören. Der Wille des Steuer- 
dem Finanzgericht gegen die eindeutige Darstellung des pflichtigen kann eine auf Vermietung gerichtete Tätigkeit 
Sachverhalts durch das Finanzamt, daß nämlich das Ein- nicht zu einer gewerblichen machen. Die Aufgabe des 
zelhandelsgeschäft im Laufe der Jahre 1955 und 1956 durch Handelsgeschäfts führte deshalb zwangsläufig dazu, daß 
allmähliche Veräußerung des Warenbestands aufgelöst das  Mietwohngrundstück notwendiges Privatvermögen 
worden sei und damit die gewerbliche Betätigung erst im wurde. Der Entschluß des Kaufmanns, seinen Gewerbe- 
Jahr 1956 geendet habe, keine Einwendungen, Bei dieser betrieb aufzugeben, stellt in Verbindung mit dem Entschluß, 
Sachlage gab die frühere Behauptung des Finanzamts, der ein Wirtschaftsgut, im Streitfall das Hausgrundstück, 
Gewerbebetrieb sei bereits im Jahr 1955 eingestellt worden, durch Vermietung zu nutzen, eine Willensentscheidung des 
dem Finanzgericht keine Veranlassung, Ermittlungen über Kaufmanns dar, das; Wirtschaftsgut in das Privatvermögen 
die Beendigung der gewerblichen. Betätigung anzustellen. zu überführen. Die Grundsätze der Rechtsprechung zur 
Die von der ‚Bfin. in der Rb. aufgestellte Behauptung, die Verpachtung eines Gewerbebetriebs im ganzen oder doch 
Beendigung der gewerblichen Tätigkeit falle in das Jahr seiner wesentlichen Grundlagen können hier nicht‘ ange- 
1955, ist neu und kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht wendet werden. Die Vermietung von Wohnungen oder eines 
mehr berücksichtigt werden. Ladens kann mit der Verpachtung eines Gewerbebetriebs 
Das Finanzgericht ging‘ dadurch, daß es die durch die nicht verglichen werden. Die Überführung des Grundstücks 
Veräußerung des Warenlagers in den Jahren 1955 und 1956 ins Privatvermögen löste die vom Finanzgericht fest- 
erzielten Gewinne nicht ‚als tarifbegünstigte Aufgabe- gestellte Steuerpflicht aus. 
gewinne ($ 16 Abs. 3, 8 34 Abs. 2 Ziff. 1 EStG) ansah, ZU- _ Die von der Rechtsprechung für die Verpachtung eines 
gunsten der Bfin. davon aus, daß der Beginn des Waren- Gewerbebetriebs entwickelten Grundsätze, die dem Ver- 
ausverkaufs im Jahr 1955 noch nicht den Beginn der Auf- pächter ein weitgehendes Wahlrecht einräumen, zu welchem 
gabe des Gewerbebetriebs darstellte. Denn sonst wären. alle Zeitpunkt er die stillen Rücklagen des ruhenden Gewerbe- 
in den Jahren 1955 und 1956 erzielten Veräußerungs- und bpetriebs versteuern will (Urteil des Bundesfinanzhofs 
Aufgabegewinne, zu denen ‚auch der in der Rb. noch 1 201/58 U vom 1. September 1959, BStBl. 1959 IIL S. 482, 
streitige Gewinn aus dem Übergang. des Grundstücks ins s]m Bd. 69 S. 590%), sind nicht anwendbar, Denn bei’der 
Privatvermögen gehören würde, nicht tarifbegünstigt (Ur- Aufgabe eines Gewerbebetriebs bleibt kein ruhender Betrieb 
teile des Bundesfinanzhofs IV 368/55 U vom 7. März 1957” pestehen, weil ihn der bisherige Inhaber nicht mehr fort- 
und I 294/56 U. vom 10. September 1957%, BStBl. 1957 III setzen kann und anders als bei‘ der Verpachtung eine 
S. 209, S. 414, Slg. Bd. 64 S. 556 und Slg. Bd. 65 S. 468). Wiederaufnahme der früheren gewerblichen Betätigung 
Gegen diese Auffassung des. Finanzgerichts bestehen keine nicht in Betracht zieht. Das von der Bfin., erstrebte Wahl- 
rechtlichen Bedenken. Die Aufgabe des Betriebs liegt erst recht bei der Betriebsaufgabe würde im Ergebnis zum Ver- 
in der tatsächlichen Einstellung jedes Verkaufs. Ein in „;cht auf. die Versteuerung‘ der stillen‘ Reserven führen, 
Form eines Ladengeschäfts ausgeübter Gewerbebetrieb weil keine objektiven Voraussetzungen für den spätesten 
wird nicht bereits dann eingestellt, wenn kein Zukauf mehr 7ejtpunkt der Versteuerung aufgestellt werden können und 
erfolgt, sondern erst dann, wenn das vorhandene Waren- qgamit die Versteuerung für unbegrenzte Zeit der Entschei- 
lager in einem Zeitraum, der sich über Jahre erstrecken gung des Steuerpflichtigen überlassen. bleibt. Ein solches 
kann, „im Ladengeschäft“ allmählich, also nicht in Form Ergebnis ist mit den Grundsätzen des Einkommensteuer- 
eines Ausverkaufs veräußert ist. rechts nicht vereinbar 
2) StZBl. Bln. 1957 S. 898. m 
3). StZBl. Bln. 1958 S. 215. 4) StZBI. Bln. 1960 S. 31, 
Einkommensteuer — Gewerbesteuer des 8 7 b EStG. (erhöhte Absetzung für Wohngebäude) ge- 
Urteil des BFH vom 3. August 1961 — IV 79/60 UM. währt werden kann und unter welchen. Voraussetzungen in 
(StZBI. Berlin 1961 S. 1347) den Fällen dieser Art die Zimmervermietung eine gewerb- 
Zu den Fragen, ob dem Eigentümer eines Hauses, in dem liche Tätigkeit darstellt. 
Zimmer an Dirnen vermietet werden, die Vergünstigung EStG 8 7b: GewStG 8 2 Abs. 1. 
1) BStBl. 1961 III S. 518.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.