Steuer- und Zollblatt für Berlin 11.Jahrgang Nr.67 22. September 1961 1035
Entscheidung nicht vorliegt. Wegen dieser und anderer nicht auszuschließen. Nach dem Beschluß des Bundesfinanz-
Steuerrückstände des Bf. nahm das Finanzamt ........... hofs II 284/55 U vom 27. Juni 1956 (BStBl. 1956 III S. 228,
gegen ihn Vollstreckungsmaßnahmen vor, die jedoch im SIlg. Bd. 63 S. 81V) gilt der nach Art. 5 Ziff, 6 des Gesetzes
wesentlichen erfolglos blieben. Durch Verfügung vom über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung
14. September 1956 forderte es den Bf. auf, ein Vermögens- vom 20. August 1953 (Bundesgesetzblatt — BGBl. — 1953 I
verzeichnis einzureichen und den Offenbarungseid zu leisten. S. 952%) für das Verwaltungszwangsverfahren in Kraft ge-
Dieser Verfügung kam der Bf. trotz mehrmaliger, auf bliebene 8 19d der obengenannten Zwangsvollstreckungs-
seinen Antrag bewilligter Fristverlängerungen nicht nach. Verordnung nicht im Vollstreckungsverfahren vor den
Am 14. März 1957 lud daher das Finanzamt den Bf. erneut Zivilgerichten, so daß der Steuerpflichtige dort nicht an
unter gleichzeitiger Aufforderung zur Vorlage eines Ver- Stelle der Leistung des Offenbarungseides die Versicherung
mögensverzeichnisses zur Leistung des Offenbarungseides der Vollständigkeit seines Vermögensverzeichnisses abgeben
vor. kann. Selbst wenn das aber der Fall wäre, ließe sich nicht
Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Landes- in Abrede stellen, daß der Steuerpflichtige schon durch das
finanzamt als unbegründet zurück. Seine „Klage“ wurde Verlangen der Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und
von der Vorinstanz mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Leistung des Offenbarungseides vor dem Finanzamt
die Beschwerde als unzulässig verworfen werde. - N UN En un Ce lich: Er A DS den
Mit seiner Rb. macht der Bf. folgendes geltend: 325 dere RE N ann an we
Reichsabgabenordnung (AO) sei A A Umstand SUSSSSCHIOSSCN, daß ger En
Die Frage, ob vom Steuerpflichtigen der Offenbarungseid dem VOlNSiTeCKunESSCHCHL I en A OOrDES ee
gefordert werden könne, sei nach pflichtgemäßen Ermessen Jahren gegebenen Kechtsbehelten Minwendungen Eegen Re
unter Anwendung der Grundsätze von Recht und Billigkeit Anforderung des Mideskerheben Kann.
zu treffen. Sei die Einziehung einer Steuerforderung aus So: ıl über die Beschwerde des Bf. als auch über sein
sachlichen Gründen unbillig, so gelte das auch für die Ab- als Berufung anzusehendes Rechtsmittel gegen die Be-
forderung des Offenbarungseides. Die Rechtslage sei im schwerdeentscheidung war daher sachlich zu entscheiden.
Berufungsverfahren eingehend dargelegt worden. Zu Un- Die Vorinstanz hätte also die Entscheidungen der Verwal-
recht habe die Vorinstanz angenommen, daß 8 19d der tungsbehörden in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht
Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangs- nachprüfen müssen. Da sie dies unterlassen hat, ist die
vollstreckung vom 26. Mai 1933 (Reichsgesetzblatt — RGBl.— Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif.
ande. De de BE Semenlen vor den ZiVIECTIChIER RO 2. Kntgegen dor Auffassung des Bf. nötigt die Kinlegung
Verfassungsbeschwerde eingelegt habe — die Frage, ob das einer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundes-
Bundesverfassungsgericht auch bei vorangegangenen Akten a . EN RE SR N KG Wie der
der öffentlichen Verwaltung Berlins zuständig sei, sei nach ae ee auf Ve u. ei N IT 3932/68 - SE m fo N Dezom-
einer Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts noch nicht Der 1055. (BStBL 1959. I & 140. 81 En Bd A 3619) auf
entschieden — sollte der bestehende Verdacht eines Ver- Na n S N Rn m a
stoßes gegen die Verfassung zu einer Aussetzung der Voll- SU Gründe Bezug ati die V ES für N KUH In ‚der
ziehung führen. Das angefochtene Urteil habe weder den tenerpflichtige sich auf die Verfassungswidr gkeit eines
Rechtsstoff durchdrungen noch die tatsächliche Rechtslage Steuergesetzes bzw. einer steuergesetzlichen Einzelbestim-
aufgeklärt und berücksichtigt. mung beruft, entschieden hat, muß die Finanzverwaltungs-
behörde bis zu einer etwaigen Entscheidung des Bundesver-
Die Rb. hat keinen Erfolg. fassungsgerichts das betreffende Steuergesetz als verfas-
1. Die Vorinstanz hat die Zulässigkeit eines Rechts-[%40eABig ansehen und Kann daher nicht zu einer Aus”
mittels gegen das Verlangen des Finanzamts, der Bf. solle Setzung nach $ 251 AO verpflichtet sein. Der Senat sieht
ein Vermögensverzeichnis vorlegen und den Offenbarungs- Keinen Anlaß, von diesem Urteil abzuweichen, und hält es
eid leisten, wegen Fehlens eines Rechtsschutzinteresses ver- daher auch für zulässig, daß das Finanzamt im Streitfalle
neint und daher die Beschwerde gegen die Maßnahmen des Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs ungeachtet
Finanzamts als unzulässig verworfen. Zu Unrecht beruft der vom Bf. eingelegten Verfassungsbeschwerde Vollstrek-
sie sich dabei auf die Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Kungsmaßnahmen gegen den Bf. durchführte.
vom 20. Dezember 1933 (Reichsteuerblatt — RStBl. — 1934 3. Das in der angegriffenen. Verfügung des Finanzamts
S.51) und vom 9. September 1936 (RStBl 1936 S. 947). vom 14. März 1957 enthaltene Verlangen der Vorlage eines
Dort hat der Reichsfinanzhof nicht die Zulässigkeit einer Vermögensverzeichnisses und der Leistung des Offen-
Beschwerde gegen eine die Leistung des Offenbarungseides parungseides hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.
anordnende Verfügung des Finanzamts, sondern nur die T x an T .
Zulässigkeit einer Rb. gegen die Beschwerdeentscheidung ‚Wie der früher für Rbn, in Offenbarungseidsachen zu-
des Landesfinanzamts in derartigen Fällen verneint; auch Ständige II. Senat des Bundesfinanzhofs wiederholt ent-
das ist jedoch nicht etwa wegen des Fehlens einer Beschwer Schieden hat, bedeutet es keinen Ermessensmißbrauch,
geschehen, sondern weil nach 8 305 Abs.1 Satz 1 AO nur wenn das Finanzamt wegen Steuerrückständen, deretwegen
gegen die Beschwerdeentscheidungen des Landesfinanzamts Vollstreckungsversuche in das bewegliche Vermögen des
über Anordnungen, die nach 8 202 AO erzwungen werden Bf. erfolglos geblieben waren und weitere Vollstreckungs-
können, die Rb. an den Reichsfinanzhof zulässig war. maßnahmen aussichtslos erschienen, zur Klärung der Ver-
n . mögensverhältnisse des Bf. und der Möglichkeiten einer
Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landesfinanzamts angemessenen Tilgung seiner Steuerschulden gemäß 8 325
(bzw. der Oberfinanzdirektion), die nach der AO mit einem Apps, 2 AO von ihm die Vorlegung eines Vermögens-
anderen Rechtsmittel nicht angreifbar ist, steht aber iM verzeichnisses fordert. Wie der Senat weiter aus-
Gegensatz zu der Rechtslage zur Zeit der obenerwähnten geführt hat, ist dabei zu beachten, daß dieses Verlangen
Entscheidungen des Reichsfinanzhofs nunmehr nach Art. 19 för sich allein sich wirtschaftlich nicht als Härte für den
Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutsch- Bf. auswirken konnte und andererseits das Finanzamt auch
land (GG), der auch für Abgabenstreitigkeiten im Lande gq;e Interessenlage des Steuergläubigers nicht außer acht
Berlin gilt (wegen der Geltung des Grundrechtsteils des GG jassen durfte. Dem schließt sich der erkennende Senat für
in West-Berlin siehe den Beschluß des Bundesverfassungs- gen Streitfall an.
gerichts 1 BvR 24/51 vom 25. Oktober 1951, Entscheidungen e
des Bundesverfassungsgerichts 1. Bd. S. 70) dem Steuer- Auch das Verlangen der Leistung des Offen-
pflichtigen der erweiterte Rechtsweg offen, und zwar ent- barungseides ist rechtlich nicht zu beanstanden, Wie
scheiden die Finanzgerichte im Berufungsverfahren und der Sich im Streitfall aus den Akten ergibt, ist der Bf. auf die
Bundesfinanzhof im Rechtsbeschwerdeverfahren (vgl. Gut- erste Ladung zum Offenbarungseid vom 19. September 1956
achten des Bundesfinanzhofs Gr. S. D 1/51 S vom 17. April Nicht erschienen, hat aber auch kein Vermögensverzeichnis
1951, Bundessteuerblatt — BStBl. — 1951 III S. 107, Slg. vorgelegt. Das ist auch später nicht geschehen, obwohl sein
Bd. 55 S. 277). Bevollmächtigter die Einreichung eines Vermögensverzeich-
Auch die weiteren von der Vorinstanz angeführten _ Zn.
Gründe vermögen die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen ı) StZBIl. Bln. 1957 S. 17.
das Verlangen des Finanzamts auf Vorlegung eines Ner- 2) GVBl. Bln. 1953 S. 1016.
mögensverzeichnisses und Ableistung des Offenbarungseides s) StZBl. Bln. 1959 S. 561 (Leitsatz).