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Volume Nummer 43, 23. Juni 1961

Full text: Steuer- und Zollblatt für Berlin (Public Domain) Ausgabe 11.1961,2 (Public Domain)

Steuer- und Zollblatt für Berlin 11.Jahrgang XNr.43 . 28. Juni 1961 677 
3 Eine Reise zum Zwecke der Berufsfortbildung liegt nicht durchgeführt und Anleitungskurse mitgemacht. Wenn er 
vor, wenn die hierdurch erwachsenen Aufwendungen im an einem sechsmonatigen Kurs an einem der deutschen 
Verhältnis zu dem, was der Steuerpflichtige auf der Tropenkrankenhäuser teilgenommen hätte, so hätte kein 
Reise im Hinblick auf die Fortbildung in seinem Beruf Zweifel darüber bestehen können, daß die weit größeren 
erreicht, unangemessen hoch sind. Eine Trennung der Aufwendungen für den Kursbesuch als Betriebsausgaben 
Aufwendungen in solche der Berufsfortbildung einer- hätten anerkannt werden müssen. Die Reise nach Lam- 
seits und in solche der privaten Lebensführung anderer- barene erfülle aber den gleichen Zweck viel besser und 
seits ist in diesem Falle nicht möglich. eindrucksvoller. Ärztliche Studien über Tropenkrankheiten, 
EStG 1955 88 4 Abs. 4, 9, 12 Ziff. 1. Seuchenbekämpfung, Behandlung von Lepraerkrankungen 
A P nn usw. würden am zweckmäßigsten an den Orten durch- 
Streitig ist, ob Ausgaben in Höhe von 5772 DM als Be- geführt, wo diese Erkrankungen in größerem Umfang auf- 
triebsausgaben anerkannt werden können, die dem Bf., treten. 
einem Facharzt für innere Krankheiten, durch eine Reise N N S S 
nach Lambarene (Afrika) entstanden sind. An dieser Reise, Die Rb. ist nicht begründet, 
die auf Grund einer Ausschreibung in den ärztlichen Mit- wFortbildungskosten eines Steuerpflichtigen sind nach 
teilungen. durch die Gesellschaft der Freunde Albert ständiger Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des 
Schweitzers durchgeführt wurde, nahmen 24 Teilnehmer Bundesfinanzhofs Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten. 
verschiedener Berufe aus sechs europäischen Ländern teil. Das gilt auch für Aufwendungen, die durch Reisen er- 
Finanzamt und Finanzgericht lehnten die Anerkennung Wachsen, die ausschließlich oder weitaus überwiegend. der 
dieser Aufwendungen als Betriebsausgabe ab. Das Finanz- beruflichen Fortbildung gewidmet sind. Es besteht zwar 
gericht . führte im wesentlichen aus, es müsse zwischen die vom Finanzgericht hervorgehobene Unterscheidung 
Studienreisen und Lehrgängen unterschieden werden (vgl. Von Studienreisen und Lehrgängen. Die Möglichkeit, daß 
Urteil des Bundesfinanzhofs IV 479/53 U vom 29. Juli 1954, eine Studienreise ausschließlich oder weitaus überwiegend 
BStBl. 1954 III S. 264, Slg. Bd. 59 S. 144%). Der Begriff berufliche Fortbildungszwecke verfolgt, kann jedoch nicht 
des Lehrgangs setzte die Veranstaltung durch die zustän- 2USgeschlossen werden, , 
dige Fachorganisation voraus. Das ‚sei bei der Reise des Eine andere Frage ist, ob die Aufwendungen im HEinzel- 
Bf. nicht der Fall, da diese im Rahmen der Gesellschaft fall der Berufsfortbildung gedient haben. Nach der vom 
der Freunde Albert Schweitzers auf Initiative des Profes- Finanzgericht zutreffend zitierten Rechtsprechung des 
sors Andre Henry, Basel, eines Professors für französische Senats sind bei der Entscheidung über diese Frage, wenn 
Sprache, durchgeführt worden sei, Nach der Rechtsprechung es sich um Auslandsreisen handelt, besonders strenge Maß- 
des Bundesfinanzhofs, namentlich in den Urteilen IV stäbe anzulegen. Die Aufwendungen hierfür können nur 
199/54 U vom 27. Januar 1955 (BStBl. 1955 III S. 126, dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten anerkannt 
Slg. Bd. 60 S. 3319) und IV 229/57 U vom 28. August 1958 werden, wenn die Reise im Rahmen einer lehrgangsmäßigen 
(BStBl. 1959 III S. 44, Slg. Bd. 68 S. 113%), sei Voraus- Organisation oder nach Art eines beruflichen Praktikums 
setzung für die Abzugsfähigkeit der durch eine Studienreise oder sonst in einer Weise durchgeführt wird, die die Mög- 
ins Ausland erwachsenen Aufwendungen, daß der Durch- lichkeit eines anderen Reisezwecks so gut wie ausschließt. 
führung der Auslandsreise eine straffe Lehrgangsorgani- Dieses Erfordernis ist deshalb von Bedeutung, weil sonst 
sation zugrunde liege. Diese Voraussetzung sei im Streit- dgie beruflich bedingte Studienreise von Reisen, insbesondere 
fall nicht gegeben. Die Reise nach Lambarene habe im Auslandsreisen, die der Erholung, der Wissensbereicherung 
wesentlichen Besichtigungen und Besuchen gedient und sei oder der Erweiterung des persönlichen Erlebnisschatzes 
auch nach dem Teilnehmerkreis nicht auf Ärzte beschränkt dienen, nicht zuverlässig abgegrenzt werden kann. Bei 
gewesen. Daß die Reise im Streitfall nicht nur der beruf- vjelen Steuerpflichtigen in guten Einkommensverhältnissen 
lichen Fortbildung des Bf. gedient habe, ergebe sich auch gehören Auslandsreisen heutzutage zur privaten Lebens- 
aus seiner Darstellung über ihren Verlauf. Bei einigen gestaltung, mögen sie auch in Gebiete führen, die für den 
Zwischenreisezielen sei ein Zusammenhang mit der beruf- Reisenden im Hinblick auf seine beruflichen Interessen 
lichen Tätigkeit des Bf. nicht ersichtlich. Es sei daher pesonders reizvoll sind. Da es bei der Reise des Bf. am 
davon auszugehen, daß die Reise nicht ausschließlich oder vorliegen einer lehrgangsmäßigen Organisation fehlte, sind 
weitaus überwiegend beruflichen Zwecken gedient habe. die Aufwendungen vom Finanzgericht zu Recht den 
Mit der Rb. wird geltend gemacht, es könne dem Bf. Lebenshaltungskosten im Sinne des $& 12 Ziff. 1 EStG 
nicht zum Nachteil gereichen, wenn die Reise nicht von zugerechnet worden. Die Auffassung des Finanzgerichts 
einer zuständigen Berufsorganisation durchgeführt worden Über den privaten Charakter der streitigen Reise wird 
sei. Vielen Interessenten für eine berufliche Fortbildungs- Noch dadurch unterstrichen, daß an ihr Menschen der ver- 
reise nach Lambarene werde die Teilnahme aus zeitlichen, Schiedenartigsten Berufe und Geistesrichtungen (außer 
finanziellen oder, da bekanntlich nur wenige Europäer das Ärzten auch Apotheker, Naturwissenschaftler, Heilpflan- 
subtropische Klima dieser Breitengrade vertragen, aus ge- Zzensammler, Tierforscher, Fotografen) teilgenommen 
sundheitlichen Gründen nicht möglich sein. Für die meisten haben. 
Ärzte entfalle ein berufliches Interesse an einer derartigen Die Reiseaufwendungen von über 5700 DM stehen bei 
Reise, da sie nur für einen kleinen Teil von Fachärzten, dem nur wenige Tage währenden Aufenthalt in Lambarene 
insbesondere Hautärzten und Internisten, von beruflicher in keinem angemessenen Verhältnis zu der möglichen 
Bedeutung sei. Für diese allein aber erscheine es nicht Berufsfortbildung. Der Bf. wird nicht im Ernst behaupten 
A a von seiten der Berufsorganisation einen Lehr- wollen, daß das, was er in dieser kurzen Zeitspanne in 
gang durchzuführen. Auch die Abwicklung der Reise be- Lambarene gesehen und erlebt hat, seiner Berufsfortbil- 
weise im Gegensatz zu der Ansicht des Finanzgerichts dung wesentlich förderlich gewesen ist. Das um so weniger, 
keineswegs, daß sie nicht nur der beruflichen Fortbildung als nach den eigenen Angaben des Bf. ein regelrechter 
des Bf. gedient habe. Im übrigen sei die Reise nach Lam- Lehrgang auf diesem Gebiet sechs Monate dauert. Über- 
barene zweifellos keine Erholungs- und Vergnügungsreise schreiten aber die Aufwendungen für eine behauptete Be- 
gewesen, da sie große Entbehrungen und Anstrengungen rufsfortbildung ein angemessenes Maß und sind sie durch 
erfordert habe und mit allen möglichen Gefahren verbunden Maßnahmen bedingt, die nach der Lebenserfahrung auch 
gewesen sei. Die berufliche Bedingtheit der Reise ergebe die Lebensführung des Steuerpflichtigen berühren, wie das 
sich daraus, daß für einen Arzt in Lambarene im wesent- bei Reisen wie der des Bf. der Fall ist, so können sie nicht 
lichen nur Menschen und Gegenstände zu finden seien, die als Betriebsausgaben oder Werbungskosten anerkannt 
dem beruflichen Interesse dienen. Es sei hinreichend: be- werden (vgl. Urteil des Senats IV 633/54 U vom 10. März 
kannt, daß zum Zwecke der ärztlichen Fortbildung in 1955, BStBl. 1955 III S. 131, Slg. Bd. 60 S. 3435). 
Lambarene durch Professor Dr. Albert Schweitzer und & . 
: z . © S Dem Bf. kann auch nicht gefolgt werden, wenn er die 
N FOhrt Mitarbeiter Vorträge gehalten, Operationen VOYSC- Kosten seiner Reise den Aufwendungen gleichgestellt sehen 
ührt und besondere Krankheitsfälle vorgetragen würden. ©. Ss : ? : 
Den Teilnehmern sei Gelegenheit gegeben, bei all diesen will die im Falle’ der Teilnahme al einem Lehrgang mM 
Tätigkeiten mitzuwirken; der Bf. selbst h abe Operationen einem deutschen Tropenkrankenhaus entstehen. Bei einem 
) ) solchen Lehrgang scheidet offensichtlich jegliches persön- 
2) StZBl. Bin. 1954 S. 948. liche Lebenshaltungsinteresse der Teilnehmer aus. 
3) StZBl. Bln. 1955 S. 612. Ha 
4) StZBIl. Bln. 1959 S. 465. 5) StZBl. Bln, 1955. 8. 1182.
	        
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