950 Steuer- und Zollblatt für Berlin 11. Jahrgang Nr. 39 6. Juni 1961
liegt, und solchen Fällen, in denen die Tierhaltung oder Tierzucht für sich (8 13 Abs. 1 Ziff. 2
EStG) das Gesamtbild eines Betriebs 80 entscheidend bestimmt, daß der Betrieb nach der
Verkehrsauffassung nicht mehr ohne weiteres zur Landwirtschaft gerechnet werden kann.
a) Zu 8 13 Abs. 1 Ziff. 1 EStG:
Die hier genannten Betriebe sind auf die Ausnutzung der Fruchtbarkeit des Bodens ge-
richtet. Soweit in ihnen auch Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung anfallen, Sind diese
den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen, wenn es möglich wäre, das für
den gesamten Tierbestand des Betriebs erforderliche Futter überwiegend in dem
Betrieb selbst zu gewinnen. Es ist nicht erforderlich, daß tatsächlich Futter in diesem Um-
fang angebaut wird. Wenn das Futter für den gesamten Tierbestand nicht überwiegend im
Betrieb selbst gewonnen werden kann, weil eine Tierart in ungewöhnlich großer Stückzahl
gezüchtet oder gehalten wird, ind die Einkünfte aus der betreffenden Tierzucht oder Tier-
haltung nicht wie die Einkünfte aus der sonstigen Tierzucht und Tierhaltung dieses Be-
triebs den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen, sondern als gewerb-
liche Einkünfte zu behandeln.
b) Zu 8 13 Abs. 1 Ziff. 2: EStG:
Bei den hier genannten Betrieben tritt die Ausnutzung der Fruchtbarkeit des Bodens
zurück und die Tierzucht oder Tierhaltung bestimmt das Gesamtbild des Betriebs derart,
daß nach der Verkehrsauffassung der Betrieb nicht mehr zur Landwirtschaft gerechnet
werden kann. Die Verkehrsauffassung benennt derartige Betriebe vielmehr danach, welche
Tiere sie züchten oder halten. In diesen Fällen kommt es bei der Entscheidung der Frage,
ob die Einkünfte aus einem derartigen Betrieb als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
gelten, auf das Verhältnis von Eigenerzeugung und Zukauf bei den Futtermitteln an. Die
Frage, ob zur Tierzucht oder Tierhaltung überwiegend Erzeugnisse verwendet werden,
die aus dem Boden des eigenen Betriebs gewonnen sind, ist nach einem längeren Zeitraum
-- mindestens drei bis vier Jahre -- zu beurteilen. Wenn aus besonderen Gründen der Zu-
Kauf nur vorübergehend überwiegt, 80 ist das in der Regel unschädlich.
125. Bewertung von Vieh
(1) Buchführende Land- und Forstwirte, die in der DM-Eröffnungsbilanz das Vieh mit
Durchschnittswerten angesetzt haben, müssen diese Durchschnittswerte auch in den Schluß-
bilanzen beibehalten. Die Durchschnittswerte Sind Schätzungswerte,. die in der Regel den
Teilwerten im Sinn des 8 6 EStG entsprechen. Es liegt im Wegen der Durchschnittswerte, daß
Wertschwankungen, die sich im Laufe der Jahre von selbst ausgleichen, bei der Bewertung
an den einzelnen Bilanzstichtagen unberücksichtigt bleiben müssen (RFH-Urteil vom 29. 1.
1936 -- RStBI S. 752).
(2) Das Vieh kann auch bei der Eröffnung eines Betriebs oder bei Beginn der Buch-
führungspflicht ohne Rückgicht auf die tatsächlichen Anschaffungskosten in der Eröffnungs-
bilanz mit Durchschnittswerten bewertet werden. Entnimmt der Steuerpflichtige Vieh aus
dem landwirtschaftlichen Betrieb, 80 Sind die Tiere nicht mit dem Durchschnittswert, 8ondern
mit dem Teilwert im Sinn des 8 6 Abs. 1 Ziff. 4 EStG anzugetzen (BFH-Urteil vom 21. 11. 1952
- BStB]I 1953 III S. 12).
(3) Besonders wertvolle Tiere muß der Steuerpflichtige einzeln bewerten. Er darf sie nicht
mit Durchschnittswerten angetzen. Das gilt insbesondere für Zuchttiere (Zuchthengste,
Zuchtstiere usw.) und für Rennpferde (RFH-Urteil vom 6. 12. 1939 -- RStBI 1940 S. 282).
(4) Die Viehdurchschnittswerte gelten nicht für Tiere, die zum Umlaufsvermögen gehören
(z. B. verkaufsreife Mastschweine).
126. Mitarbeit von Kindern in einem landwirtschaftlichen Betrieb
(1) Auf Grund der Entwicklung der Verhältnisse in der Landwirtschaft wird die Ableh-
nung von Arbeitsverbältnissen zwischen Eltern und Kindern in landwirtschaftlichen
Betrieben nicht im bisherigen Umfang aufrechterhalten (BFH-Urteil vom 17. 2. 1955 --
BStBI III S. 102*]). Bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbarte und ernsthaft durchgeführte
Arbeitsverträge zwischen Eltern und Kindern müggen grundsätzlich auch steuerlich anerkannt
werden. Die Arbeitsverträge brauchen nicht schbriftlich oder mündlich ausdrücklich geschlos-
gen zu gein. Sie können gich, wie bei Arbeitsverhältnissen zwischen Fremden, auch aus den
Umständen ergeben. Eine besondere Rolle spielt dabei, ob die Arbeitskraft des Kindes im
Betrieb benötigt wird. Es kommt auch darauf an, ob der Steuerpflichtige alle Folgerungen
aus dem behaupteten Arbeitsverhältnis gezogen hat, insbesondere, ob er den vereinbarten
Barlohn in üblicher Höhe (Tariflohn) gezahlt und die Lohnsteuer sowie die Sozialversiche-
rungsbeiträge ordnungsmäßig einbehalten und abgeführt hat. Da für einen künftigen Hoferben
nach. einer im allgemeinen ab 1. 4. 1957 angewendeten Entscheidung des Bundessozialgerichts
vom 5. 4. 1956 (3 RK 65/55) Sozialversicherungspflicht besteht, wenn ein abhängiges Be-
schäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung vorliegt, genügt bis dahin das Vorliegen der
übrigen Voraussetzungen.
(2) Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 17. 2. 1955 (BStBI III S. 102"]) zind in der Praxis
meist noch nicht angewendet worden. Den buchführenden Land- und Forstwirten, die die
in diesem Urteil geforderten Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsverbältnisses
2] StZBL. Bln. 1955 S. 614.
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