958 Steuer- und Zollblatt für Berlin 10. Jahrgang Nr. 80 9. Dezember 1960 :
ren Zweck des $7b EStG 1958 zusammenhängen. Hierbei selben System verbundenen günstigen Punkte als mit dem
handelt es sich um Fragen des gesetzgeberischen Ermes- Gleichheitsgrundsatz im Widerspruch stehend anzusehen.
sens. Von Willkür ist aus den bereits oben erwähnten Grün- Man kann, wie das Finanzgericht bereits zutreffend aus-
den keine Rede. Hätte der Bf. mit seiner Auffassung Recht, geführt hat, auch nicht über den Grundsatz von Treu und
daß die Nichtberücksichtigung des Verlustabzugs bei der Glauben zu einem anderen Ergebnis kommen. Es ist zwar
Berechnung der Lohnsteuer wider den Gleichbehandlungs- richtig, daß eine Steuer in aller Regel dann nicht gefordert
grundsatz verstoße, dann könnte mit demselben Recht. die werden darf, wenn sie doch alsbald wieder erstattet werden
Berücksichtigung auch laufender Verluste aus anderen Ein- müßte. Diese Frage hat aber mit der Frage, um die es im
kunftsarten oder des künftigen Wegfalls der Einkünfte aus vorliegenden Fall geht, nichts zu tun. Hier geht es allein
nichtselbständiger Arbeit selbst gefordert werden — alles darum, ob die Eintragung eines den Verlustabzug berück-
Forderungen, über die sich reden ließe, die aber nach der sichtigenden steuerfreien Betrages in die Lohnsteuerkarte
gegenwärtigen Regelung des Lohnsteuerabzugs unberech- zulässig ist. Diese Frage ist zu verneinen. Für die Begrün-
tigt sind, ohne daß man dies als Willkür bezeichnen könnte. dung der Verneinung ist es gleichgültig, ob man den (be-
Man kann hier die Regelung nur als Ganzes sehen. Man darf antragten) einzutragenden steuerfreien Betrag als unter
Nicht einen dem Steuerpflichtigen ungünstigen Punkt her- dem Gesichtspunkt des Verlustabzugs oder dem von Treu
ausgreifen, um diesen unter Außerachtlassung der mit dem- und Glauben gerechtfertigt ansieht.
Umsatzsteuer bei der Bfin. heranzuziehen sind. Das Finanzamt hat dies
Urteil des BFH vom 31. März 1960 — V 187/57 U). bejaht und die Beträge bei der Bfin. versteuert. Das Finanz-
gericht ist auf die Sprungberufung hin der Auffassung. des
(StZBl. Berlin 1960 8. 958) Finanzamts beigetreten. Hiergegen richtet sich die Rb.
Zur Frage, ob der Schlachter Schuldner der Fleischbeschau- Sie kann keinen Erfolg haben.
gebühren ist und ihm deshalb bei Entrichtung dieser Ge- wMaßgebend für die Entscheidung des Streitfalls ist die
bühren durch einen anderen in Höhe dieser Gebühren Ent- Feststellung, wer in den Jahren 1953 und 1954 Schuldner
gelte zuzurechnen sind. der Beschaugebühren gewesen ist. Wenn es die Bfin. war,
UStG 88 1 Ziff. 1, 5 Abs. 3. so ist nur sie in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu dem
rn Gebührengläubiger getreten, und die zu entrichtenden Ge-
Aus den Gründen: bühren, gleichgültig ob sie unmittelbar von der Bfin. oder
Die Bfin. betreibt eine Schlachterei, die sie mit dem durch eine dritte Person an den Gebührengläubiger gezahlt
dazu gehörenden Schlachthaus von der Firma X., einer wurden, waren Unkosten der Bfin., die bei der Leistung an
Fleischgroßhandlung und -agentur, gepachtet hat. Zwi- die Landwirte, der Schlachtung, entstanden waren. Ihr
schen der Bfin. und der genannten Firma bestand in den Ersatz erhöhte das umsatzsteuerpflichtige Entgelt für die
Jahren 1953- und 1954 eine enge personelle Verbundenheit. Leistung.
In den genannten Jahren haben Landwirte, welche die Die Fleischbeschaugebühren sind für die hier in Be-
von ihnen aufgezogenen Schlachttiere nicht. durch ‘den tracht kommenden Jahre in der „Verordnung, betreffend
Verkauf der lebenden Tiere verwerteten, sondern zu der die Kosten und Gebühren der Schlachttier- und Fleisch-
sogenannten „Totverwertung“ übergegangen waren, durch beschau sowie der Trichinenschau bei Schlachtungen im
Vermittlung von Landagenten die Bfin. beauftragt, Inland außerhalb der öffentlichen Schlachthäuser für das
Schlachttiere für ihre Rechnung zu schlachten und bis zur Land Niedersachsen“ vom 5. November 1951 (Nieder-
Verwertung zu kühlen und zu lagern. Gleichzeitig erteilten sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1951 S. 189, hier:
sie der Firma X. den Auftrag, die Schlachttiere in ihrem "Teil IIT) geregelt. Nach $ 21 Abs.2 Satz 2 a. a. O. sind die
Namen und für ihre Rechnung zu verwerten. In dem Auf- dem Lande Niedersachsen zustehenden Beschaugebühren
tragschreiben an die Bfin. wurde diese auch angewiesen, von dem für diese Gebühren zahlungspflichtigen Besitzer
die anfallenden Unkosten und Gebühren der Einfachheit der Schlachttiere und ‘des Fleisches zu entrichten. Der
halber durch die Firma X. einzuziehen. Bis zum 30. Sep- Begriff „Besitzer“ ist in der Verordnung zwar nicht näher
tember 1953 erfolgte die Abrechnung über den Erlös aus erläutert. Jedoch ergibt sich insbesondere aus der Vor-
dem agenturweisen Verkauf des Fleisches durch die schrift über die Erhöhung der Gebühren. bei Schlachtungen
Firma X. in der Weise, daß hierbei neben den anfallenden außerhalb der in der Anmeldung angegebenen Zeit (8 27
sonstigen Unkosten auch die Schlachtlöhne und die bei der Abs. 4 Buchst. c, a. a. O.), das als „Besitzer“ des Schlacht-
Schlachtung zu entrichtenden Gebühren einschließlich der tieres und des Fleisches im Sinne dieser Verordnung der-
Fleischbeschaugebühren den Landwirten in Rechnung ge- jenige anzusehen ist, der bei der vorgeschriebenen Anmel-
stellt wurden. Die Beschaugebühren, die dem Lande Nieder- dung der Schlachtung den Zeitpunkt der Schlachtung ange-
sachsen zustanden, waren durch die Beschauer bei der geben hat. Die Schlachtung anmelden und den Zeitpunkt
Bfin., der Lohnschlachterei, erhoben worden, die auch in den der Schlachtung angeben kann aber nur die Schlächterei,
von den Beschauern zu führenden Gebührennachweisen als also die Bfin., die in ihrem Geschäftsbetrieb die Schlachtun.
die Zahlungspflichtige bezeichnet wurde. gen vornimmt, die Unternehmerin der Schlachtungen ist.
Vom 1. Oktober 1953 an sind diese Gebühren von den In dieser Eigenschaft hat sie das amtliche Tätigwerden des
Beschauern nicht mehr bei der Bfin. erhoben. worden. Die Beschauers veranlaßt und ist deshalb entsprechend dem für
Beschauer übergaben vielmehr die an die Landwirte ge- Gebühren dieser Art maßgebenden Grundsatz, daß derjenige
richteten Gebührennachweise einem bestimmten Angestell- die Gebühren zu tragen hat, der im eigenen Interesse der
ten der Firma X., der „als Beauftragter der Landwirte“ Veranlasser der amtlichen Tätigkeit ist, Zahlungspflichtiger
die den Beschaugebühren entsprechenden Beträge aus dem und Schuldner der Gebühren.
Verkaufserlös des Fleisches von der Firma X. erhielt, die Es ist hiernach nicht angängig, so wie die Bfin. meint,
Beträge in gesonderte Verwahrung nahm und sie auf ein gen auch in Ausführungsbestimmungen zum Fleisch-
Bankkonto „Fleischbeschauer der Firma X.“ einzahlte. beschaugesetz verwendeten Begriff ‚„Tierbesitzer“ ohne
Über dieses Bankkonto konnten nur zwei Fleischbeschau- weiteres mit dem in der Gebührenordnung als Zahlungs-
Tierärzte verfügen, die über die auf dem Konto eingegange- pflichtigen angegebenen „Tierbesitzer“ gleichzusetzen. Dies
nen Gelder mit dem Lande Niedersachsen abrechneten. Der zeigt sich auch in Verordnungen anderer Länder über die
Angestellte ‚übersandte die Gebührennachweise den Land- Fleischbeschaugebühren. So ist in der „Gebührenordnung
wirten. Die Firma X. führte über die Beschaugebühren fir die Schlachttier- und Fleischbeschau in Gebietsteilen
außerhalb ihrer Hauptbuchhaltung eine Anschreibekladde der Hansestadt Hamburg, die nicht dem Schlachthauszwang
und stellte die Gebühren den Landwirten nicht mehr in unterliegen“ vom 18. April 1952 (Hamburgisches Gesetz.
Rechnung. und Verordnungsblatt S.131) in 8 1 der Begriff „Tier-
Streitig ist, ob die Beschaugebühren, die im Jahre 1953 besitzer“ im Sinne der Verordnung dahin erläutert, daß
„.. DM und im Jahre 1954 ...... DM betragen haben, den darunter derjenige zu verstehen ist, der das Tier in Ge-
Entgelten, die die Bfin. für die vorgenommenen. Schlach- wahrsam hat. Im übrigen ergeben auch die für das Umsatz-
tungen erhalten hat, zuzurechnen und zur Umsatzsteuer steuergesetz in besonderem Maße entscheidenden tatsäch-
lichen Verhältnisse zwischen Schlachter und Beschauer
1) BStBl. 1960 III S. 432. innerhalb des für die Bfin. zuständigen Bezirkes, daß die