Steuer- und Zollblatt für Berlin 10. Jahrgang Nr.57 19. August 1960 663
Jäufige und außergewöhnliche Aufwendungen darstellten, haltung. Es ist denkbar, daß sie als Krankheitskosten an-
sei eine Steuerermäßigung nach 833 EStG 1955 gerecht- zusehen sind und daß sie unter diesem Gesichtspunkt nach
fertigt. 833 EStG 1955 bei der Einkommensteuer berücksichtigt
Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Rb. ME A an N has letzter aa rat 1955 steht
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. em JedentAMS nINL ENPBESEN, WENNS Au wend UnSeN
nicht zum beruflichen, sondern zum privaten Bereich der
Der Senat hat in dem Urteil VI 159/58 S vom 18. März Steuerpflichtigen zu rechnen sind. Es geht deshalb nicht
1960 (BStBl. 1960 III S. 255) die Rechtsgültigkeit der in an, die Möglichkeit der steuerlichen Berücksichtigung der
$26 Abs.2 EStDV 1955 (820 Abs.2 Ziff.2 LStDV 1955) Kosten für mittägliche Heimfahrten, die auf eine ärztliche
getroffenen Regelung über die steuerliche Berücksichtigung Anordnung zurückzuführen sind, von vornherein abzuleh-
der durch die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nen. Das Finanzgericht hat dies verkannt. Die Vorentschei-
entstehenden. Kosten bejaht. In dieser Entscheidung wurde dung ist daher wegen Rechtsirrtums aufzuheben. Da bis-
ausgeführt, daß der nach der Entfernung zwischen Woh- her die Voraussetzungen für eine Steuerermäßigung nach
nung und Arbeitsstätte in Betracht. kommende Pausch- $ 33 EStG 1955 nicht geprüft worden sind, ist die Sache in
betrag für jeden Arbeitstag nur einmal als Werbungskosten tatsächlicher Hinsicht noch nicht spruchreif. Sie wird daher
abgezogen werden kann. Es liegt auch keiner der in dieser nach Aufhebung der Vorentscheidung an das Finanzgericht
Entscheidung angeführten Ausnahmefälle vor, der eine Be- zur nochmaligen Entscheidung zurückverwiesen.
rücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für eine : : z . 7
mit einem Pkw zurückgelegte zweite Fahrt Palschen Woh- Das Finanzgericht wird bei der Prüfung den Voraus
: ER . z setzungen des $ 33 EStG zu beachten haben, daß die Kosten
nung und Arbeitsstätte im Rahmen der Werbungskosten fü jitäbliche Heimfahrten nur dann al Ber öhn-
rechtfertigen würde. Es ist danach nicht zu beanstanden, dich BD en re im Si die TE a T a Kegehe
daß das Finanzgericht in der Vorentscheidung dem Antrag a NOS Tre ANBOSCHEN
a ; e 5 werden können, wenn auf Grund einer ärztlichen Anord-
des Bf. auf ANETKENDUNG der Kosten für die Mittagsheim- nung einwandfrei dargetan ist, daß die Heimfahrten zur
a Ptochen hat. von 518 DM als Werbungskosten nicht ent- Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit des Bf.
) erforderlich waren. Zur Verhinderung einer mißbräuch-
Dem Finanzgericht kann jedoch nicht gefolgt werden, lichen Inanspruchnahme des 833 EStG muß hierbei ein
wenn es ohne nähere Prüfung der Voraussetzungen auch strenger Standpunkt eingenommen werden, Falls das
eine Steuerermäßigung nach $ 33 EStG 1955 unter Hinweis Finanzgericht hiernach dazu kommen sollte, die Kosten
auf Abs. 2 letzter Satz dieser Vorschrift abgelehnt hat. Die der mittäglichen Heimfahrt als außergewöhnliche Belastung
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gehören anzusehen, können die tatsächlich erwachsenen Aufwen-
zwar begrifflich im allgemeinen zu den Werbungskosten. dungen, soweit sie auch der Höhe nach zwangsläufig sind,
Fährt ein Steuerpflichtiger jedoch mit seinem Kraftfahr- gemäß $ 33 EStG berücksichtigt werden. Die in $ 26 Abs.2
zeug ohne berufliche Veranlassung aus rein privaten Grün- EStDV 1955 (820 Abs.2 Ziff. 2 LStDV 1955) enthaltenen
den mehrfach am Tag zur Arbeitsstätte und zurück, so Pauschsätze können dabei nicht zugrunde gelegt werden,
sind die Fahrtkosten insoweit keine Aufwendungen zur da diese pauschale Regelung nicht für 833 EStG erlassen
Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus wurde und die für die Abgeltung der Werbungskosten maß-
seinem Arbeitsverhältnis. Sie sind dann keine Werbungs- gebenden Gesichtspunkte auch nicht sinngemäß für die
kosten. Weil sie auf private Gründe zurückzuführen sind, Behandlung von Fahrtkosten im Rahmen der außergewöhn-
gehören sie vielmehr zu den Kosten der privaten Lebens- lichen Belastung herangezogen werden können.
Umsatzsteuer freiheit nach 8 4 Ziff. 18 UStG verlangte Schutz-
z ar bedürftigkeit bei der Bfin. nicht gegeben sei. Das
Urteil des BFH vom 24. März 1960 — V 187/58 UM, Finanzgericht hat sich im Hinblick auf die günstige Ent-
(StZBIl. Berlin 1960 S. 663) wicklung des Unternehmens der Bfin. in den Jahren 1953
öl bis 1955, vor allem im Hinblick auf die Höhe ihrer Um-
Zu den Voraussetzungen des & ? Abs. 2 HAG. Bei echten sätze und Gewinne in 1954 und 1955, die Steigerung ihres
Hausgewerbetreibenden ist für die Gewährung der Umsatz- An]agevermögens von 1953 bis 1955, die Höhe der Betriebs-
steuerfreiheit nach $ 4 Ziff. 18 UStG die Schutzbedürftig- ausgaben (insbesondere der Kraftfahrzeugkosten, Reise-
keit nur zu prüfen, wenn der Gesamtumsatz die 40 000 DM- und Bewirtungsspesen, Buchhaltungs- und Beratungskosten
Grenze überschritten hat. und Werbespesen) im Jahre 1957 der Ansicht des Finanz-
UStG 8 4 Ziff, 18: UStDB 8 44; HAG 88 1 Abs. 2, 2 Abs. 2. amts angeschlossen. Als Beweisanzeichen gegen die Eigen-
n schaft der Bfin. als Hausgewerbetreibende hat es außerdem
Gründe die Zahl der Auftraggeber, die Art der Geschäftsabwick-
Die Bfin. betreibt in X. eine ....-Werkstatt. Sie hat im lung und das Nichteinhalten der im HAG vorgesehenen
Jahre 1955 unter Mitwirkung ihres Ehemanns und einer Schutzvorschriften durch die Auftraggeber gewertet.
fremden Hilfskraft für elf Auftraggeber ....-Arbeiten Der Rb. ist der Erfolg nicht zu versagen.
an Gegenständen ausgeführt, die von den Auftraggebern Nach 8 4 Ziff, 18 UStG in Verbindung mit 8 44 UStDB
Eee UT alt Rn UT eT Gesch AL VerRELT sind Umsätze von Hausgewerbetreibenden im Sinne des
stand 8 HAG vom 14. März 1951, die überwiegend mit bestimmten
en % T Unternehmern in festem Geschäftsverkehr stehen, insoweit
Seit der Eröffnung der Werkstatt bis zum Jahre 1955 umsatzsteuerfrei, als sie Umsätze an diese Unternehmer
hat die Bfin. die folgenden Umsätze und Gewinne erzielt: bewirken. Nach 8 2 Abs. 2 HAG ist Hausgewerbetreibender,
Umsatz: Gewinn: wer in eigener Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder Be-
triebsstätte) mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften
1953-1955 4 DM DM im Auftrage von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern
Die Auftraggeber haben die in 8 6 des Heimarbeits- Waren herstellt, bearbeitet oder verpackt, wobei er selbst
gesetzes (HAG) vom 14. März 1951 — BGBl. 1951 I S. 191 — wesentlich. am Stück mitarbeitet, jedoch die Verwertung
(Listenführung), $ 8 HAG (Entgeltverzeichnisse) und $ 9 der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auf-
HAG (Entgeltbelege) vorgeschriebenen Schutzbestimmun- traggebenden Gewerbetreibenden überläßt.
gen nicht oder nur unzureichend eingehalten. Streitig ist, Diese Voraussetzungen werden sämtlich von der Bfin.
ob die im Jahre 1955 aus dem Geschäftsverkehr mit den erfüllt. Nach Ansicht der Vorinstanz läßt die vom Vertreter
elf Auftraggebern erzielten Umsätze in Höhe von .... DM ger Bfin. geschilderte Geschäftsabwicklung nicht er-
nach $ 4 Ziff. 18 UStG in Verbindung mit $ 44 UStDB kennen, daß die Bfin. zu ihren Auftraggebern als „Haus-
umsatzsteuerfrei sind. Das Finanzamt hat die Bfin. in gewerbetreibende“ und damit als „in Heimarbeit Beschäf-
vollem Umfange zur Umsatzsteuer herangezogen, weil tigte“ in ein „Heimarbeitsverhältnis“ getreten sei; die
die von der Rechtsprechung für die Gewährung der Steuer- Geschäftsabwicklung deute vielmehr auf eine von arbeits-
rechtlichen Bindungen freie Vertragsgestaltung hin. Diese
1) BStBl. 1960 III S. 242. Ausführungen sind nicht hinreichend begründet. Offen-