© Steuer- und Zollblatt für Berlin 10. Jahrgang Nr.5 22. Januar 1960
Beträge unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber mit der Neu-
verwendet“. Die Vorinstanzen legen den Begriff Wohnungs- fassung des EStG im Jahre 1953 hier Einschränkungen
bau so aus, daß neue Wohnungen errichtet werden müssen. machen wollte. Die besseren Gründe sprechen dafür, das
Werden die Mittel zur Umschuldung‘ alter Verbindlichkeiten EStG 1953 so auszulegen, daß die Rückzahlung oder Be-
aus einem früheren Wohnungsbau verwendet, so soll nach leihung innerhalb der dreijährigen Sperrfrist nicht nur
der Auffassung der Vorinstanzen die Steuervergünstigung unschädlich ist, wenn die erhaltenen Mittel unmittelbar und
für die Bausparkassenbeiträge entfallen. Es ist dem Finanz- unverzüglich zum Bau neuer Wohnungen verwendet werden,
gericht zuzugeben, daß seine Auslegung, wenn man nur den sondern auch, wenn die Mittel unmittelbar und unverzüglich
Wortlaut des Gesetzes heranzieht, vertretbar ist. Die Wort- einem der anderen in Abschn. 76 Abs. 2 EStR 1953 genann-
auslegung wird aber dem Sinn des Gesetzes nicht gerecht. ten Zwecke, die Gegenstand eines begünstigten Baudar-
Der Sinn eines Gesetzes kann aber bei seiner Auslegung lehens sein können, zugeführt werden. Es kann nicht im
nicht außer Betracht bleiben (vgl. zuletzt Urteil des Senats Sinne des Gesetzes liegen, eine wirtschaftlich vernünftige
VI 90/59 U vom 31. Juli 1959, BStBl.1959 III S. 407%). Umschuldung, durch die der Bausparer vor allem oft eine
Die Sperrfrist von drei Jahren wurde im Jahre 1953 ein- Zinsverbilligung erreichen kann, während der Sperrfrist
geführt, um Mißbräuche, die aufgetreten waren, für die von drei Jahren unmöglich zu machen oder zu erschweren.
Zukunft abzustellen und vor allem, um im Interesse der Dem Abschn. 76 Abs. 8 Satz 2 EStR 1953, auf den sich das
Wettbewerbsneutralität die Kapitalansammlung im Rahmen Finanzgericht noch beruft, braucht man nichts anderes zu
von Bausparverträgen steuerlich nicht günstiger zu be- entnehmen. Der dort verwendete Begriff „Wohnungsbau“
handeln als die anderen Formen der Kapitalansammlung, braucht keinen anderen Inhalt zu haben als der Begriff
für die das Gesetz die Steuervergünstigung schon vorher ‚„Baudarlehen‘“. Für diese Auffassung spricht auch, daß die
von einer langfristigen Bindung abhängig gemacht hatte. Bundesregierung in Abschn. 92 Abs. 10 EStR 1958 aus-
Der Gesetzgeber wollte aber auf die Innehaltung der Sperr- drücklich den Begriff Wohnungsbau in Anlehnung an
frist verzichten, wenn der Bausparer die ihm zugeflossenen Abschn. 76 Abs.2 EStR 1953 (jetzt Abschn. 92 Abs.2
Mittel aus dem Bausparvertrag unmittelbar und unverzüg- EStR 1958) bestimmt.
lich dem Wohnungsbau zuführte. Geschieht das nämlich, so ; N N x .
sind Mißbräuche im allgemeinen ausgeschlossen; der Bau- Das Finanzgericht weist mit Recht darauf hin, daß nach
sparvertrag erfüllt dann den Zweck, zu dem er eigentlich $ 7c EStG Zuschüsse und Darlehen nicht begünstigt wer-
geschlossen wurde und dessentwegen der Gesetzgeber Bau- den, wenn sie erst nach Wertigstellung der Wohnungen
sparverträge steuerlich begünstigt. Zu welchen Zwecken gegeben werden. Aber aus der Vorschrift des $ 7c EStG,
Bausparverträge. steuerlich begünstigt abgeschlossen wer- die nach Wortlaut, Zweck und Entstehungsgeschichte
den können, ist, wie ausgeführt, in Abschn. 76 Abs. 2 EStR Wesentlich von der „klassischen“ Sonderausgabe der Bau-
1953 in zutreffender Auslegung des Gesetzes dargelegt. Es Sparkassenbeiträge abweicht, können für die Entscheidung
nn der vorliegenden Streitfrage keine überzeugenden Argu-
9) StZBl. Bln. 1959 S. 1218 (Leitsatz). mente gewonnen werden.
Körperschaftsteuer mellen Auslegung des 8 34 KStDV 1953 in vielen Fällen
Bescheid des BFH vom 2. Juni 1959 und Urteil des BFH eintreten könnten, die subjektive Seite nicht ganz außer
vom 29. September 1959 — I 37/59 UM. acht gelassen werden darf. Es muß aber bei Vorliegen einer
Kreditgewährung an ein Nichtmitglied der Genossenschaft
(StZBI. Berlin 1960 8.34) überlassen bleiben, einwandfrei den notwendigen Nachweis
. RI: Yan dafür zu führen, daß sie den Kreditnehmer als Mitglied an-
reiten a EUER CR CHA Mitglieder gewährten sah und im Rahmen des Zumutbaren alles tat, um Irrtümer
TE auszuschließen. Ist der Kreditnehmer eine ins Handels-
KStG 1953 $ 23; KStDV 1953 $ 34, register eingetragene Personengesellschaft, so muß die
nn Genossenschaft in der Regel anstreben, daß die Gesellschaft
Aus den Gründen als solche Genosse wird und damit der Gesellschafterwechsel
I. Bescheid keine steuerschädlichen Folgen mehr auslösen kann. Ge-
Bei Kreditgenossenschaften, die Kredite ausschließlich währt die Genossenschaft den Kredit der‘ Personengesell-
ihren Mitgliedern gewähren, wird die Steuer auf 1/s er- schaft, obwohl nur deren Gesellschafter m die Liste der
mäßigt ($ 34 KStDV 1953). Es handelt sich hier um eine Genossen eingetragen sind, so darf sich die Genossenschaft
Ausnahmevorschrift, die eng ausgelegt werden muß (vgl. nicht damit begnügen, der Personengesellschaft die SOfOT-
Urteil des Reichsfinanzhofs I A 39/33 vom 17. Januar 1934 tige Mitteilung eines Gesellschafterwechsels zur Pflicht zu
— RStBl. 1934 S. 616, Slg..Bd. 35 S. 196 — und Urteil des machen. Sie muß vielmehr darüber hinaus durch weitere
Bundesfinanzhofs I 197/58 U vom 24. Februar 1959 S°Clgnete Maßnahmen, zum Beispiel durch laufende Ein-
— BStBl. 1959 III S. 201, Slg. Bd. 68 S. 5292” —). Im Urteil sicht ins Handelsregister, sicherstellen, daß ihr jeder Ge-
I 197/58 U kam der Senat zu dem Ergebnis, daß bei der Sellschafterwechsel sofort bekannt wird.
Umwandlung eines Einzelunternehmens, dessen Inhaber Wenn sich die Genossenschaft der Steuerschädlichkeit
Mitglied der Genossenschaft war, in eine GmbH, eine OHG des Sachverhalts nicht bewußt war, so ist dieser Rechts-
oder eine KG die Mitgliedschaft nicht auf die Personen- irrtum für die Versagung der Steuervergünstigung ohne
gesellschaft oder die GmbH übergeht und daß, wenn die Bedeutung. Es kann der Auffassung der Genossenschaft
Personengesellschaft nicht durch eine Beitrittserklärung Nicht zugestimmt werden, daß sie zur damaligen Zeit den
und Eintragung in die Liste der Genossen die Mitgliedschaft Tatbestand als steuerunschädlich betrachten konnte. Denn
erwirbt, Kredite an diese Personengesellschaften Nichtmit- daß es zum mindesten zweifelhaft war, ob eine Kredit-
gliederkredite darstellen. An dieser Auffassung, die mit den 2ewährung an eine Personengesellschaft des Handelsrechts
Ausführungen des Finanzgerichts übereinstimmt, hält der Schon dann ein Mitgliedergeschäft darstellt, wenn der
Senat fest. Da schon ein einziges Nichtmitgliedergeschäft, frühere Einzelunternehmer und jetzige maßgebende Ge-
wenn es nicht aus besonderen Gründen oder wegen Gering- Sellschafter Genosse ist, lag auf der Hand.
fügigkeit außer Betracht gelassen werden kann, zur Ver- &
sagung der Steuervergünstigung ausreicht, bestehen keine Mn. Urteil
Bedenken dagegen, daß das Finanzgericht bei den Veranla- Es mag sein, daß die Verwaltung und die Kreditgenos-
gungen 11/1948 bis 1952 den vollen Steuersatz anwandte. OR bis 1954 der Prüfung der Frage, unter welchen
Die Vergünstigung des 5 34 KStDV 1953 hängt davon ab, V0raussetzungen bei der Umwandlung von Einzelunter-
daß Kein Nichtmitelicderseschätt. vorlieet. L45et objektiv A en
eine Kreditgewährung an ein Nichtmitglied vor, so ist es esellschaftern "einer Personengesellschaft“ das bisherige
nicht Sache des Finanzamts, der Genossenschaft nachzu- ‚itgliedergeschäft zu einem Nichtmitgliedergeschäft wird,
weisen, daß sie die Eigenschaft des Kreditnehmers als eme BeNNEE Bedeutung beimaßen und daß es nahegelegen
Nichtmitglied kannte. Zwar ist dem Finanzgericht zuzu- hätte, daß der Betriebsprüfer bereits bei früheren Früfun
geben, daß zur Vermeidung unbilliger Härten, die bei einer de en Anti Sehen Megan aCHtO rer UnSEn 20
AV den objektiven Sachverhalt berücksichtigenden for- Treu und Glauben verstoßen, weil es in erster Linie .oder
1) BStBl. 1959 IIT S. 486. jedenfalls in nicht geringerem Maße Sache der Genossen-
2) StZBl. Bln. 1959 S. 609. schaft war, die sich aus den Umwandlungen ergebenden