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Volume Nummer 82, 13. November 1959

Full text: Steuer- und Zollblatt für Berlin (Public Domain) Ausgabe 9.1959,2 (Public Domain)

Steuer- und Zollblatt für Berlin. 9. Jahrgang Nr.82 13. November 1959 1151 
abgesehen, weil gerichtsbekannt sei, daß die Finanzämter! um eine freigebige Zuwendung handelt, sondern daß die 
auch sonst in solchen Fällen Aussteueraufwendungen be- Eltern in Erfüllung einer sittlichen Pflicht handeln. Tat- 
rücksichtigt hätten. sächlich betrachten es Eltern als Ausfluß des natürlichen 
> as HZ Verhältnisses zu ihren Kindern, auch für deren wirtschaft- 
8 Die SE SL SEP mit der unrichtige Anwendung |jche Zukunft dadurch zu sorgen, daß sie ihnen in Form 
ex3 gerügt wird, ist nicht begründet. einer Ausstattung bei der Begründung einer selbständigen 
S Eine Steuerermäßigung nach 8 33 EStG 1955 kann einem Existenz helfen. 
teuerpflichtigen gewährt werden, wenn ihm zwangs- Es ist dem Finanzgeri ; 
U ] A , y gericht allerdings zuzugeben, daß 
läufig größere Aufwendungen entstehen als der über- nicht ohne weiteres alles, was Eltern ihren Kindern zur 
wiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Ein- Erlangung oder Verbesserung einer Lebensstellung zu- 
kommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und wenden, als in Erfüllung einer sittlichen Verpflichtung 
gleichen Familienstands, Aufwendungen erwachsen dem i St$1i ; 
S En een . . gegeben gelten kann. Eine sittliche Verpflichtung besteht 
teuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus ü i j 
. Watt Year nn . nach der herrschenden Anschauung für Eltern nicht, die 
rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht __ önli Zn i j 
tzieheh k 33 A oft unter persönlichen Opfern ihren Kindern eine 
entziehen kann ($ bs. 2 Satz 1 EStG 1955). gute Berufsausbildung gegeben haben, die es den Kindern 
4 Näch $ 2620 BGB waren die Eltern verpflichtet, einer Ka Sn N nn en SSL NEU 
Oochter bei der Verheiratung zur Einrichtung des Haus- n ; Ka Orr ohn oder eme 
halts eine angemessene. Aussteuer zu geben, soweit sie bei Tochter als Arzt ausbilden lassen, so besteht für sie kein 
Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen ohne A ra aus GE en ie Arzt auch die 
Gefährdung ihres standesmäßigen Unterhalts dazu im- Fraxis einzurichten. Wenn Eltern, die dazu in der Lage 
stande waren und die Tochter nicht ein zur Beschaffung Sind, das tun, so wird man gemeinhin ihr Verhalten 
Met teuer AUSTOIOHADATS Vermögen hatte. Die Tochter A AS Und SeLSCHL denbender MUT 
atte also unter den Voraussetzungen des 8 1620 BGB Urteil US ne N nn 
einen Rechtsanspruch gegen ihre Eltern auf die Aussteuer. 9ürger verstoßen Eltern, die in solchen Fällen ihre weitere 
Eltern, die ihrer Tochter bei Verheiratung eine ange- Wirtschaftliche Hilfe versagen und die Kinder auf die 
messene Aussteuer gaben, handelten deshalb „zwangs- erhaltene Ausbildung verweisen, nicht gegen ihre sitt- 
läufig“ im Sinne des 8 33 EStG. Eine dem 8 1620 BGB lichen Pflichten, wie sie auch auf wirtschaftlichem Gebiet 
Pnfeprechen de One ist im Gesetz über die Gleich- on ran erechen le OL  eOHICHLUNE U 
erechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des “ E : ; . q 
bürgerlichen Rechts (GleichberG) vom 18. Juni 1957 (BGBl. Eltern zur Ausstattung der N DO A N der N Sin 
1957 I S. 609) nicht mehr enthalten. Seit dem Inkrafttreten °benfalls nicht angenommen, wenn die Kinder versäum 
des GleichberG (1. Juli 1958) besteht mithin rechtlich ein haben, in zumutbarem Maße selbst für ihre Zukunft 
Aussteueranspruch der heiratenden Tochter einwandfrei Hufen DEWESEN N Dar den En nennen he En 
nich: hr. Es ist in R | i be- , 7 
EC t en. eb Und in N TO nn MICH sparnisse für die Begründung einer eigenen wirtschaft- 
anspruch in der Zeit zwischen dem 1. April 1953 und dem lichen Existenz gemacht, so erfüllen die Eltern keine 
30. Juni 1958 bestand. Denn da nach Art. 3 Abs.2 in Ver- sittliche Verpflichtung, wenn sie in solchen: Fällen dem 
bindung‘ mit Art. 117 Abs.1 des Grundgesetzes für die Kind trotzdem noch eine Ausstattung geben. 
Bundesrepublik Deutschland (GG) mit dem 31. März 1953 Di ® ; & . 
x 5 x n n ijese Grundsätze gelten an sich auch für die Ausstat- 
alle: mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbaren Bestim- tung, die einer Tochter aus Anlaß ihrer Verheiratung als 
mungen außer Kraft getreten sind, kann'zweifelhaft sein, Au S steuer gegeben wird. Trotzdem sind dabei ge- 
inwieweit dadurch seit dem 1. April 1953 auch der Aus- wisse Besonderheiten . zu beachten.. Heiratet eine 
steueranspruch der Tochter nach 5 1620 BGB aufgehoben Tochter, so beginnt sie einen ihrer Natur als Frau ge- 
oder in seinem Inhalt verändert war. Insbesondere ist be- mäßen neuen Lebensabschnitt: ihr Beruf als Frau und 
stritten, ob ein Aussteueranspruch noch bestand, wenn die Mutter hat mit der vorher genossenen Berufsausbildung 
altern der Tochter eine Ole Berufsausbildung, wie sie nicht unmittelbar zu tun. Die Ehe ist die Keimzelle der 
üblicherweise Söhne genießen, gewährt hatten. Der Bf. | mmenden Generationen, Wegen dieser ihrer einmaligen 
bestreitet, daß die in den Urteilen des Bundesgerichtshofs Natur und Bedeutung ist ihr im Grundrecht des Art.6 
entwickelten einschränkenden Grundsätze, auf die sich das Abs.1 GG der besondere Schutz und die Förderung durch 
Finanzgericht beruft, auf seinen Fall zuträfen, den Staat garantiert. (Urteile des Bundesfinanzhofs I 
Einer abschließenden Stellungnahme zu dieser bürger- 335/56 U vom 2. April 1957, BStBl.1957 III S.162, SI1g. 
lich-rechtlichen Zweifelsfrage bedarf es nicht. Der Senat Bd. 64 S. 432%; III 125/57 S vom 28. Februar 1958, BStBl. 
geht nämlich — im Gegensatz zum Finanzgericht — davon 1958 III S. 191, Slg. Bd. 66 S. 497%). Will eine Tochter 
aus, daß unter näher zu bestimmenden Voraussetzungen heiraten, so betrachten es auch heute noch viele Eltern, die 
auch nach Wegfall des gesetzlichen Aussteueranspruchs wirtschaftlich dazu in der. Lage sind, als ihre Pflicht, der 
eine sittliche Verpflichtung der Eltern zur Ausstattung Tochter durch eine angemessene Aussteuer die Begrün- 
einer heiratenden - Tochter bestehen kann. Die Aussteuer dung einer eigenen Familie. zu erleichtern. Sie würden 
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war und ist ein Sonderfall der Ausstattung im Sinne des es, auch nachdem der Rechtsanspruch der Tochter auf 
$ 1624 BGB. Diese Bestimmung ist im GleichberG unver- eine Aussteuer ($ 1620 BGB) weggefallen und die Gleich- 
ändert aufrechterhalten worden. berechtigung . von Söhnen und Töchtern rechtlich 
Nach $ 1624 BGB gilt grundsätzlich nicht als Schenkung, verwirklicht N EC ein Ka EL a 
was einem Kind mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder ine Berufsausbildung erhalten un De x. 
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egründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft oder der E X E T CR 
Lebensstellung von den Eltern zugewendet wird (Ausstat- notwendigen Ersparnisse für eine Er der OU 
Ce TE EA Chen AVoR ur mit  reCl Aanslereh den Se aus dem 
 Hinen. N RECDLERNSU® a Men AUF (OLTUnS Un Ertrag ihrer während der Ehe fortgesetzten En ld 
Sinne des $ 1624 BGB gewährt das bürgerliche Recht den a DE Gen NE Sr u ichtet fühlen On 
Rt ne TE DET Gen he rhch RER on en Rah Hr Ss  Sumutbaren ihren Töchtern bei der Verhei- 
nn Da “da Ne die ratuns eine angemessene Aussteuer zu geben, kann nicht 
OH Eee ad dab Vor N N DE Dan übersehen werden, daß die aus den vorangegangenen Jahr- 
Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Beruf n et  überkommenen Anschauungen und Überzeu- 
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Ana En En er 0an ungen im sittlichen Bewußtsein noch weithin nachwirken 
er Tochter auf eine angemessene Aussteuer (8 1620 ZUn5 A Rn henden Auffassungen vom 
BGB a. F.). Wenn aber Eltern unter den Voraussetzungen Und daß bei den N N run en. des Familienbandes 
des $ 1624 BGB ihren Kindern eine Ausstattung geben, die Wesen der Ehe, DR ordern ee do. den Verpflichtungen 
ohne diese Hilfe nicht in der Lage sind, sich in absehbarer Zwischen Eltern und Kindern 
Zeit die Grundlage für eine ihren Verhältnissen ent- 
sprechende selbständige Lebensstellung zu schaffen, so , ‚ZBl. Bln. 1957 S. 784 
geht das bürgerliche Recht davon aus, daß es sich nicht 8 San Bln. 1959 S. 302 (Leitsatz).
	        
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