Steuer- und Zollblatt für Berlin 9. Jahrgang Nr. 59 28. August 1959 817
Die Prüfung dieser Frage ergibt folgendes: S. 382, Slg. Bd. 63 S. 48411)). Das Darlehen verliert auf diese
Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hat der bür- Weise wirtschaftlich nicht seinen Charakter als Darlehen,
gerlich-rechtlichen Ausgestaltung wesentlich größere Be- ®S wird nicht zu einer Einlage und damit nicht zu Eigen-
deutung zugemessen, als dies in der Rechtsprechung des Kapital der Gesellschaft.
Reichsfinanzhofs der Fall war. Die Änderung der Recht- Es kann deshalb der Auffassung des Bundesministers
sprechung‘ diente der Erhöhung der Rechtssicherheit, Sie ger Finanzen darin nicht gefolgt werden, daß ein zinsloses
sollte für den Kaufmann die Möglichkeit schaffen, zuver- Darlehen oder, wie der Bundesminister der Finanzen in
lässig vorauszuberechnen, Grundsätzlich geht die Recht- seiner Stellungnahme im einzelnen ausführt, ein teilweise
sprechung davon aus, daß der Kaufmann in der Gestaltung „insloses Darlehen in Höhe der Zinslosigkeit als verdecktes
seiner bürgerlich-rechtlichen Beziehungen auch steuerlich Stammkapital angesehen werden muß. Diese Grundsätze
A Er a An Kt on en entsprechen bereits der bisherigen Rechtsprechung. Im
Ne A 7 ”- Rahmen des 87c des Einkommensteuergesetzes (EStG)
NDS de Ende AR nZAOE A wurden stets zinslose Darlehen zwischen Gesellschaftern
1 A Ban N und Gesellschaft anerkannt. Die Zinslosigkeit (niedere
1958 (BStBl. 1959 IIT S. 50%”) im einzelnen für das Körper- verzinslichkeit) eines solchen Darlehens m allerdings in
schaftsteuerrecht besonders unterstrichen (Bedeutung der gleicher Weise wie die Verträge zwischen Gesellschaften
Rechtsform für die Abgrenzung der körperschaftsteuer- ung Gesellschafter-Geschäftsführern über das Arbeitsver-
en He nr Rdn hältnis nicht rückwirkend verändert werden, Nachzahlun-
N din Eds Bund SAan en Te IV 46 ae °N gen an Zinsen auf Grund von Änderungen der Darlehns-
Na N USE DSL CSStER 2057 N EU TUT Ye. B4 TO Se 4000 bedingungen mit Rückwirkung stellen in gleicher Weise
7 Mitunternehmerschatt Zwischen Familienan ee hörigen —. wie Nachzahlungen beim /Gesellschafter-Geschäftsführer
IV 520/53 U vom 17. Februar 1955 (BStBl 1955 II1 8.102, Srdeckte Gewinnausschüttungen dar.
Sig. Bd. 60 S. 2625) — Arbeitsverträge zwischen Eltern Verdecktes Stammkapital liegt bei formellen Darlehen
und Kindern — und dem Gutachten I D 1/56 S vom 27. No- dann vor, wenn die Darlehnsbedingungen nach steuerlicher
vember 1956 (BStBl. 1957 III S.139, Slg. Bd. 64 S. 368%) Beurteilung Mitunternehmerschaft zur Folge haben. Diese
— Organverhältnis mit Ergebnisabführungsverträgen — Grundsätze hat der Reichsfinanzhof eingehend in seiner
zugrunde. Des weiteren hat die Rechtsprechung, insbe- Entscheidung I 77/37 vom 31. Oktober 1939 (RStBl. 1940
sondere auf dem Gebiete der Beurteilung der Beziehungen S.35, Slg. Bd.48 S.13) dargestellt. Im Streitfalle wird
zwischen einer Gesellschaft und den Gesellschaftern, die als vom Finanzamt nicht behauptet, daß die Ausstattung des
Gesellschafter-Geschäftsführer tätig sind, die Gestaltungs- Darlehens sachlich Mitunternehmerschaft bedeutet.
freiheit anerkannt. Der Gesellschafter ist‘ berechtigt zu . .
entscheiden, ob er eigene Leistungen für die Gesellschaft ı Re 88 a Et dt N Dar-
voll oder teilweise unentgeltlich der Körperschaft zur Ver- A apital anzusehen, als
fügung stellen oder ob er sie in seiner Eigenschaft als die Gelder der Kapitalgesellschaft zwingend in Form
Angestellter tätigen will (siehe Entscheidungen des Bun- von Einlagen hätten gegeben werden MESSST: Der Bundes-
desfinanzhofs I 47/55 U_vom 11. Oktober 1955, BStBl. 1955 Minister der Finanzen hat seine Ansicht in erheblichem
III S. 397, Sig. Bd. 61 S. 51597, und I 190/57 U vom 24. Juni Umfang auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs IIT
1958, BStBI. 1958 III S. 381, Slg. Bd. 67 S. 2818). 103/52 S gestützt. Diese Entscheidung mißt auch den Dar-
} . lehnsbedingungen Bedeutung zu. Der Senat hat aber bereits
Hieraus ergibt sich für das Rechtsproblem des verdeck- in der Entscheidung I 178/55 U einen andersartigen Stand-
ten Stammkapitals folgendes: punkt eingenommen, wie auch der Bundesminister der
Der Gesellschafter ist grundsätzlich berechtigt, eigene Finanzen ausführt. Für das Körperschaftsteuerrecht ist
Mittel in Form von Darlehen oder in Form von Eigen- die Frage der Ausstattung des Darlehens (Zinshöhe) nicht
kapital seiner Körperschaft zur Verfügung zu stellen. Auch ausschlaggebend. Entscheidend ist allein, ob nach Lage der
hier ist er an die von ihm getroffene Wahl, wie sie in der Verhältnisse die Gelder der Gesellschaft in Form von
bürgerlich-rechtlichen Gestaltung zum Ausdruck kommt, Eigenkapital hätten zugeführt werden müssen. Ein Dar-
gebunden. Die Doppelbesteuerung des Körperschaftsteuer- lehen ist deshalb hinsichtlich der Frage, ob es Eigenkapital
rechts ist also insoweit begrenzt, als die Rechtsbeziehungen oder eine obligatorische Verpflichtung darstellt, nicht ein-
des Gesellschafters zur Körperschaft nicht auf die Gesell- heitlich zu würdigen. Es ist vielmehr zu prüfen, ob und in-
schaftereigenschaft gestützt werden, sondern auf obliga- wieweit das Darlehen nach Lage der Verhältnisse zwin-
torische Verträge, wie sie auch unter Dritten möglich sind. gend als Einlage hätte gegeben werden müssen,
Hierbei ist der Gesellschafter nicht verpflichtet, hinsicht- Diesem Rechtsgrundsatz entspricht auch der Antrag des
lich eines Darlehens die gleichen Bedingungen zu wählen, Finanzamts, nur einen Teilbetrag des Darlehens als ver-
wie sie marktmäßig gegeben sind. Die Doppeleigenschaft decktes Stammkapital anzusehen.
des Darlehnsgebers als Gesellschafter und als Gläubiger A ; " ®
kommt hier in gleicher Weise wie beim Gesellschafter-Ge- wie der Senat \n SCOner Entscheidung I 178/55 U aus-
Schäftstührer zum Ausdruck. Der Cesellscharter ist he- ROLL 2C DAL ler der Steuerpfichlige ticht verpflichtet, den
rechtigt, seiner Gesellschaft günstigere Bedingungen zu DEE Se de Ve EEE Ka
gewähren als sie fremde Gläubiger gewähren würden. Er werden müssen. Hs ist N Eimehr 8 h Gr en <=“ ir
kann auf einen Teil der ihm nach der Marktlage zustehen- seine‘ Ansicht ; die. entsprechen dent Gründe MarzUba S, Sie
den Zinsen in seiner Eigenschaft als Gesellschafter verzich- Müssen aus ‘dem bür etlichen Recht und Sur ne DI ; et
ten. Die Grundsätze, wie sie die Rechtsprechung für zins- © lichen Verhält 5 a S De Kar -
lose Darlehen einer Gesellschaft an ihre Gesellschafter auf- SCH Bei en A a
gestellt hat: (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs T 272/56 ZUM Beispiel der Fall Sein, wenn die Gesellschafter und
U vom 10. Dezember 1957, BStBl 1958 III S. 69, Sig. Ba.6c6 Darlehnsgeber durch Bürgschaften das mangelnde Eigen.
8. 174%, und 1 88/57 U vom 16, September 1958, BStBl “"Pital zu ersetzen versuchen und damit milielbar” dem
1958 III S. 451, Sig. Bd. 67 S. 46810), können nicht unein- Darlehen wirtschaftlich den obligatorischen Charakter
geschränkt auf den umgekehrten Fall der Gewährung lang- nehmen. Ist es aber einer Gesellschaft möglich, ihren Ge-
fristiger zinsloser Darlehen der Gesellschafter an die Ge- schäftsbetrieb ohne Schwierigkeiten auf der Grundlage der
sellschaft übertragen werden. Daß ein Gesellschafter auf Pürgerlich-rechtlichen Gestaltung zu führen, so wird man
diese Weise langfristig seine Gesellschaft in Form eines Kaum nachweisen können, daß diese Gestaltung unnatürlich
zinslosen Darlehens finanziert, kann wirtschaftlich nicht als und ‚Eine andere zwingend notwendig ist. Im übrigen OP”
ungewöhnlich angesehen werden (vgl. Urteil des Bundes- Scheint es nicht gerechtfertigt, von der bürgerlich-recht-
finanzhofs I 207/55 U vom 9. Oktober 1956, BStBl. 1956 III lichen Gestaltung körperschaftsteuerlich in einem Umfange
abzuweichen, dem im sachlichen Ergebnis nur eine sehr
geringe Bedeutung zukommt. Von besonders gelagerten
3) StZBl. Bln. 1959 S. 306. Ausnahmefällen abgesehen, wird man deshalb im all-
4) StZBl. Bln. 1952 S. 291. gemeinen in dieser Beziehung der bürgerlich-rechtlichen
H Ser Dar a S: Zn Gestaltung folgen müssen. Die Hingabe von Geldern in
7) StZBl. Bln. 1957 S. 344. Form von Darlehen hat bürgerlich-rechtlich erhebliche
5 En NE aa
10) StZBIl. Bln. 1959 S. 305, 11) StZBl. Bln. 1957 S. 294.