(46 Steuer- und Zollblatt für Berlin. 9. Jahrgang‘ Nr. 57 25. August 1959
‘Zusammenhang ist als gegeben anzusehen, wenn die Aufwendungen zwischen der Verlobung
und der Eheschließung oder innerhalb von zwei Jahren nach der Eheschließung gemacht
werden. Bei späteren Aufwendungen hängt die Frage, ob der zeitliche Zusammenhang ge-
wahrt ist, von den Verhältnissen des Einzelfalls ab. Auf Aussteueraufwendungen, die’ im
VZ 1958 und im VZ 1959 geleistet worden sind, können noch die Anordnungen der EStR 1955
id. F. der EStER 1956/57 angewendet werden.
(2) Ausgaben zur Tilgung von Schulden sind dem Grunde nach eine außergewöhnliche
Belastung, soweit die Schuldaufnahme durch Aufwendungen veranlaßt worden ist, die eine
außergewöhnliche Belastung im Sinn des 8 33 EStG darstellen und für die eine Steuerermä-
Bigung noch nicht gewährt werden konnte (BFH-Urteil vom 30. 9. 1954 — BStBl III
5. 357°]); Das gleiche gilt, wenn die Verschuldung auf zwangsläufige Arbeitslosigkeit zurück-
zuführen ist. Ausgaben zur Tilgung einer Schuld sind in der Regel keine außergewöhnliche
Belastung, soweit der Schuld eine Forderung gegenübersteht (BFH-Urteil vom 17. 2. 1955
— RStBI HITS. 91°).
(3) Ist im Krankheitsfall auf die Dauer oder für längere Zeit eine typische Krankendiät
erforderlich (häufig bei Herz- und Lungenleiden und bei Zuckerkrankheit), so können die
gegenüber der normalen Ernährung glaubhaft gemachten Mehrkosten und etwaige Kosten
für die Verwendung von Heilmitteln (z. B. Insulin) berücksichtigt werden, wenn der Steuer-
pflichtige eine ärztliche Bescheinigung über ihre Notwendigkeit beibringt. Nach den Ver-
hältnissen des Einzelfalls können ohne Nachweis im allgemeinen bis zu 30 DM, bei Gallen-,
Leber- oder Nierenleiden bis zu 40 DM und bei Tuberkulose oder Zuckerkrankheit bis zu
60 DM monatlich als außergewöhnliche Belastung im Rahmen des 8 33 EStG, 8 64 EStDV
anerkannt werden.
189. Anwendung des $ 33 EStG auf Aufwendungen für die Wiederbeschaffung
von Hausrat oder Kleidung
(1) Aufwendungen für die‘ Anschaffung von Hausrat oder Kleidung sind in der Regel
keine außergewöhnliche Belastung. Sie sind jedoch dem Grunde nach eine außergewöhnliche
Belastung, wenn Hausrat oder Kleidung durch ein unabwendbares Ereignis (Brand, Dieb-
stahl, Hochwasser, Unwetter, Beschlagnahme durch eine frühere Besatzungsmacht, Kriegs-
einwirkung, Aufgabe des Wohnsitzes in einem zum Inland gehörenden Gebiet außerhalb des
Geltungsbereichs des Grundgesetzes und von Berlin (West), Vertreibung, politische Verfol-
gung usw.) verloren wurden und wiederbeschafft werden müssen. Ergänzungsbeschaf-
fungen sind keine Wiederbeschaffungen. Bei Anschaffung von Kleidung sind Ergänzungs-
beschaffungen zu vermuten, wenn das schädigende Ereignis fünf oder mehr Jahre zurück:
liegt. Anschaffungen für Kinder, die erst nach dem schädigenden Ereignis geboren wurden,
sind Ergänzungsbeschaffungen. Bei der Anschaffung von Hausrat ist besonders zu prüfen,
ob es sich um Wiederbeschaffungen handelt. wenn das schädigende Ereignis längere Zeit
zurückliegt. ,
(2) Die Aufwendungen müssen dem -Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen. Sie
müssen den Umständen nach notwendig sein und dürfen außerdem einen angemessenen
Betrag nicht übersteigen (Hinweis auf Abschnitt 186 Abs. 3 Ziff. 1). Zu den Aufwendungen
für die Wiederbeschaffung von Hausrat, die den Umständen nach notwendig sind, gehören
Aufwendungen für Gegenstände, die nach allgemeiner Anschauung unter Berücksichtigung
der Lebensverhältnisse des Steuerpflichtigen zur Einrichtung einer Wohnung und zur Führung
eines Haushalts üblicherweise erforderlich sind (BFH-Urteil vom 8. 8. 1958 — BStBl IN
15.378°)).
(3) Entschädigungen und Beihilfen, die der Steuerpflichtige für den Verlust von Haus-
rat oder Kleidung erhält (z. B. von Versicherungsunternehmen oder aus öffentlichen Mitteln),
sind von den zwangsläufig erwachsenen Wiederbeschaffungsaufwendungen abzuziehen. Das
gilt auch für in früheren Jahren gezahlte Entschädigungen und Beihilfen, soweit sie noch nicht
angerechnet worden sind. Jedoch werden Entschädigungen und Beihilfen nach dem Lasten-
ausgleichsgesetz ‚und. Beihilfen nach dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, die der
Steuerpflichtige in Kalenderjahren erhalten hat, in denen ihm die Freibeträge nach 8 33a
der Einkommensteuergesetze 1950, 1951 und 1953 zustanden, nicht angerechnet. Bei Verlusten
durch Kriegseinwirkung (bis zum 5. 6. 1945 eingetretene Schäden), die nach dem 31. 12. 1943
entstanden sind, kann unterstellt werden, daß ein Ersatz aus öffentlichen Mitteln seinerzeit
nicht geleistet. worden ist. Bei Verlusten, die bis zum 31. 12. 1943 entstanden sind, genügt
eine Erklärung des Steuerpflichtigen über Art und Umfang des Schadens und über die Höhe
der Ersatzleistung. In Zweifelsfällen kann das Finanzamt bei der Feststellungsbehörde
nachfragen.
(4) Aufwendungen für die Wiederinstandsetzung von Gegenständen des Hausrats, die
durch ein unabwendbares Ereignis im Sinn des Absatzes 1 beschädigt worden sind, sind
ebenso zu behandeln wie Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von verlorenem Hausrat.
(5) Erfüllt der Steuerpflichtige nach 8 52 Abs. 16 EStG, 8 83 EStDV die Voraussetzungen
für die Gewährung des Freibetrags nach 8 33a Abs. 1 EStG 1953 (Hinweis’auf Abschnitt-196),
so kann er für die Aufwendungen zur Wiederbeschaffung von Hausrat oder Kleidung für sich,
seinen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder für seine Kinder, für die er einen
Kinderfreibetrag erhält, in demselben VZ nicht auch von 8 33 EStG Gebrauch machen ($ 52
Abs. 16 EStG in Verbindung mit 8 33a Abs. 2 EStG 1953). Der Steuerpflichtige kann jedoch
wegen dieser Aufwendungen 8 33 EStG in Anspruch nehmen, wenn er in der Vergangenheit
a] StZBl.‘Bln. 1955 S. 19. — 1 StZBl. Bln. 1955 S. 397. —-°1_StZBl. Bln. 1959 S. 330 (Leitsatz).