522 Steuer- und Zollblatt für Berlin 9. Jahrgang Nr.46 17. Juli 1959
Auch der weitere Einwand des Bf., das Finanzgericht soll es nicht darauf ankommen, aus welchen Quellen sie
habe den Begriff „Einkünfte“ in $ 33 a Abs.1 Satz3 EStG stammen und ob sie steuerbare oder steuerbefreite Ein-
1955 zu Unrecht dem Begriff „Bezüge“ gleichgestellt, greift künfte im Sinn des EStG sind oder ob sie überhaupt unter
nicht durch. Der Senat hat bereits in der vom Bf. angeführ- eine Einkunftsart des EStG fallen. Ist das der Sinn der
ten Entscheidung VI 206/56 U vom 22. März 1957 (BStBl: gesetzlichen Regelung, so ist dem Finanzgericht darin bei-
1957 III S 228%”) darauf hingewiesen, daß der Wortlaut des zutreten, daß der Ausdruck „Einkünfte“ oder „Bezüge“ ein
$ 33a Abs.1 Satz3 EStG das, was der Gesetzgeber in Pleonasmus ist. Bei wiederkehrenden Bezügen (Renten)
Wirklichkeit wollte, nicht klar zum Ausdruck bringe und wird zwar nach 8 22 Ziff. 1 Buchst. a EStG 1955 für die
eine wörtliche Auslegung der Vorschrift zu sinnwidrigen Besteuerung der Rentenempfänger als. Einkunft nur der
und ungleichmäßigen Ergebnissen führe. Richtig ist, daß Ertragsanteil angesetzt. Für die Berechnung der Bezüge,
SEES „Einkünfte“ in $ 2 EStG als technischer Begriff die dem Unterstützten für seinen Lebensunterhalt bereit-
festgelegt ist und daß, wenn im EStG von Einkünften ge- stehen, ist aber nach Sinn und Zweck des 8 33a Abs.1
sprochen wird, damit im allgemeinen Einkünfte im Sinn EStG 1955 die Rente in voller Höhe anzusetzen. Der Senat
des 8 2 EStG gemeint sind. Mit Recht weist aber das Finanz- ist der Auffassung, daß dabei sogar entgegen der Berech-
gericht darauf hin, daß in 8 33a Abs.1l Satz 3 EStG 1955 nung des Finanzamts. auch die Werbungskostenpausch-
„Einkünfte“ und „Bezüge“ nebeneinander erwähnt werden beträge nach $ 9a EStG 1955 nicht abgesetzt werden kön-
und der Relativsatz, „die zur Bestreitung. des Unterhalts nen. Man käme sonst insbesondere für Renten zu einer wirt-
bestimmt oder geeignet sind“, sich wohl auf beide Begriffe schaftlich nicht gerechtfertigten unterschiedlichen Behand-
bezieht. Stellt das Gesetz aber „Einkünfte“ und „Bezüge“ lung. Denn in der Entscheidung VI 206/56 U hat der Senat
gleich, so dürfte der Ausdruck „Einkünfte“ nicht im Sinn abgelehnt, bei der Unterhaltshilfe aus dem Lastenausgleich
des $2 EStG zu verstehen sein. Da der Wortlaut des Ge- den. Bruttobetrag der Rente um einen Pauschbetrag. von
setzes mindestens, mehrdeutig ist, muß zur Ermittlung 200 DM zu kürzen.
dessen, was der Gesetzgeber wollte, der Sinn und Zweck _
der Bestimmung ausschlaggebend sein. Das Gesetz sieht Nach allem haben die Vorinstanzen mit Recht die An-
offenbar in typisierender Betrachtung die Zwangsläufigkeit gestelltenrente der unterstützten Eltern nicht nur mit dem
für eine Unterstützung nicht mehr als gegeben an, wenn Ertragsanteil im Sinn des 8 22 Ziff.1 Buchst. a EStG 1955
die eigenen Mittel, die dem Unterstützten für den Lebens- berücksichtigt. Folgt man aber der Berechnung der Vor-
unterhalt zur Verfügung stehen, eine bestimmte Grenze instanzen, so haben unstreitig die eigenen Bezüge der
übersteigen. „Bezieht“ der Unterstützte Mittel, die zur Be- unterstützten Eltern die Grenze des $ 33a Abs.1 Satz3
streitung seines Unterhalts bestimmt oder geeignet sind, so EStG 1955 überschritten, so daß die Rb. unbegründet ist.
Einkommensteuer rechtzeitig einen Vertrag geschlossen und durchgeführt
. hätten, anerkannt werden könnte, daß die Ehefrau im Ver-
Urteil des BFH vom 20. Februar 1959 — VI 147/58 UM, hältnis zu ihrem Ehemann wirtschaftlich die Stellung einer
(StZBlI. Berlin 1959 8.522) Arbeitnehmerin hatte. Bei mitarbeitenden Handwerker-Ehe-
N. frauen wird es im allgemeinen an dieser Voraussetzung
Li. Der VI. Senat tritt der Auffassung des I. Senats über fehlen, wie es der I. Senat in der Entscheidung I 105/57 U
vo. EEE era te (Oele 1 a für mitarbeitende Ehegatten in mittleren Handelsbetrieben
Zw n riehe des SundesfinanzhofS bereits angenommen hat.
T 251/56 S vom 3. Dezember 1957, BStBI. 1958 III S,. 27, ‚Zwischen Ehegatten vereinbarte und durchgeführte Ge-
Slg. Bd. 66 S. 66%; I 105/57 U vom 10. Dezember 1957, “ : : .
sellschaftsverhältnisse sind auch steuerlich zu
BStBl. 1958 III S. 70, Sig. Bd. 66 S. 178%) und von Ge- : ; -
ira s e beachten, wie der I. Senat des Bundesfinanzhofs in der Ent-
sellschaftsverhältnissen zwischen Ehegatten (Urteil des
scheidung I 116/58 U vom 26. August 1958 (BStBl. 1958
A U
BStBl. 1958 IIT S. 445, Sig. Bd. 67 S. 450%) bei, kennende Senat tritt auch dieser Rechtsprechung bei. Ein
- Die Finanzämter und die Steuergerichte brauchen dem A x era Der ist, ERDE
Antrag eines Steuerpflichtigen, die Veranlagung vor- den egatlen NIC egründet worden. Kine sogenan:
läufig Sn machen oder die Entscheidung AUSAUSCLZON, faktische Innengesellschaft wird steuerlich nicht anerkannt,
bis das Bundesverfassungsgericht in einer bereits anhän- Wie in der Entscheidung I 116/58 U a. a. O. dargelegt ist.
gigen anderen Sache über die Verfassungsmäßigkeit :----.--.
eines Gesetzes entschieden hat, grundsätzlich nicht zu Wenn die Finanzverwaltungsbehörden und die Steuer-
entsprechen. gerichte gezwungen wären, in allen Fällen, in denen. vor
GG Art. 3 Abs.1l, 6 Abs.1; AO 88 100, 259 Abs.3, 264: dem Bundesverfassungsgericht anhängige Rechtsfragen
EStG 1957 8 26a Abs.1 Satz2. eine Rolle spielen, die Veranlagungen vorläufig zu machen
° oder ihre Entscheidungen. auszusetzen, bis das Bundesver-
Aus den Gründen fassungsgericht entschieden hat, so würde das bei der
Der-Besch defüh Br e Ibständi Bäck Massenarbeit der Besteuerung eine schwerwiegende Läh-
et ESS Te DS a TüE Gl Ds Can TS it. te D ut de mung der Verwaltung und der Steuergerichtsbarkeit zur
her Er, Von ES Er Al a Arbeitalch Se x ea Br © De) Folge haben, zumal erfahrungsgemäß Entscheidungen des
© S Un men Ser MT Di © Zi (Be RO A CH nn Bundesverfassungsgerichts erst nach verhältnismäßig lan-
! a 10614 a0 DM und m NOS ur A 600 DM ger Zeit ergehen. Im allgemeinen können die Verwaltungs-
an DS Und. Für un Je ‘ behörden und die Steuergerichte davon ausgehen, daß die
PS DE En RD I N EURE ndet Steuergesetze verfassungsmäßig sind (vgl. Urteil des Bun-
1e Hechtsbeschwerde ‚) 1St nic egründet. desfinanzhofs III 332/58 S vom 12. Dezember 1958 (BStBl.
Die Rechtsausführungen, mit denen das Finanzgericht die 1959 III S. 140). Bei vernünftiger Abwägung der Interessen
Berücksichtigung eines Arbeitslohns für die Ehefrau ab- des Steuerfiskus und der Steuerpflichtigen bedeutet . es
gelehnt hat, entsprechen den Grundsätzen der Urteile des darum keinen Verstoß gegen Recht und Billigkeit, wenn die
Bundesfinanzhofs I 231/56 S vom 3. Dezember 1957 (BStBl. Verwaltungsbehörden und die Steuergerichte von der Mög-
1958 III S.27, Slg. Bd. 66 S.66%) und I 105/57 U vom lichkeit, die Veranlagung gemäß 8100 AO vorläufig zu
10. Dez. 1957 (BStBl. 1958 III S. 70, Slg. Bd. 66 S. 178%). machen oder nach 8 259 Abs.3 und $ 264 AO die Entschei-
Der Senat tritt der in diesen Urteilen niedergelegten Recht- dung auf Antrag des Steuerpflichtigen auszusetzen, keinen
sprechung des I. Senats bei. Unstreitig ist in den Streit- Gebrauch machen, sondern ihn auf den Weg der Verfas-
jahren kein Arbeitsvertrag zwischen den Ehegatten ge- sungsbeschwerde. beim Bundesverfassungsgericht verweisen.
schlossen und durchgeführt worden. Rückwirkend kann ein Aus diesen Erwägungen hat auch der Bundesfinanzhof bis-
Arbeitsverhältnis mit steuerlicher Wirkung nicht verein- her Anträge der Steuerpflichtigen, bei Meinungsverschie-
bart werden. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob, denheiten über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes die
wenn der Steuerpflichtige und seine Ehefrau tatsächlich Entscheidung über die Rb. auszusetzen, bis das Bundes-
Sn verfassungsgericht entschieden. hat, ‚abgelehnt. Auch im
B Sn IE u Streitfall sieht der Senat keine Veranlassung, dem Aus-
NT "OT setzungsantrag des Steuerpflichtigen für das BRechts-
) Seel Die T 00 S Ar beschwerdeverfahren stattzugeben.