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Volume Nummer 46, 17. Juli 1959

Full text: Steuer- und Zollblatt für Berlin (Public Domain) Ausgabe 9.1959,1 (Public Domain)

Steuer- und Zollblatt für Berlin 9. Jahrgang Nr.46 17. Juli 1959 4 
D. Rechtsprechung 
Entscheidungen des Bundesfinanzhofs 
Einkommensteuer Nach $ 33a Abs.1l EStG 1955 kann ein Steuerpflichtiger, 
Urteil des BFH vom 1. Januar 1958 — VI 207/57 U9. 005 Z"ROEäung bedürftige Angehörige unterstützt. für 
(StZBI. Berlin 1959 8.521) für jede unterstützte Person bis zum Höchstbetrag von 
720 DM jährlich von seinem Einkommen abziehen. Hat die 
1. Unterstützt ein Steuerpflichtiger seine in Haushalts- unterhaltene Person andere Einkünfte oder Bezüge, so 
gemeinschaft lebenden Eltern, so sind für die Anwen- vermindert sich nach $ 33a Abs.1 Satz3 EStG 1955 der 
dung des 8 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG 1955 die Einkünfte Betrag von 720 DM um den Betrag, um den die Einkünfte 
der Eltern zusammenzurechnen. Die Verwaltungs- den Betrag von 480 DM übersteigen. Nach dem Wortlaut 
anweisung in Abschn. 190 Abs. 3 EStR 1955 entspricht dieser Bestimmung könnte man mit dem Bf. vielleicht die 
insoweit dem Gesetz. Auffassung vertreten, daß, wenn mehrere Personen gleich- 
« ale E zeitig unterstützt werden, für jede unterstützte Person die 
A a Et 1 Satz 3 EStG Voraussetzungen des $ 33a Abs.1 EStG 1955 selbständig 
82 EStG: 8 > festzustellen seien. Die Bundesregierung geht in Abschn. 190 
e Abs. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1955 von 
GG Art. 6; EStG 1955 8 33 a Abs. 1; LStDV 1955 $ 25a. einer anderen Rechtsauffassung aus. Sie hat die Verwal- 
Der. Beschwerdeführer (Bf.) beantragte im Lohnsteuer- tungsbehörden angewiesen, wenn mehrere von “einem 
Jahresausgleich 1955 eine Steuerermäßigung nach 8 33a Steuerpflichtigen unterhaltene Personen einen gemein- 
des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1955. ($ 25a der Samen Haushalt führen, bei der Anwendung des 
Lohnsteuer-Durchführungsverordnung — LStDV — 1955), $ 33a Abs.1 EStG 1955 die Einkünfte und Bezüge dieser 
weil er seine Eltern unterstützt habe. Das Finanzamt lehnte Personen zusammenzurechnen und auf die Summe der Ein- 
den Antrag ab, weil die eigenen Einkünfte oder Bezüge der Künfte und Bezüge für jede unterhaltene Person 480 DM 
Eltern die Grenze des $ 33a Abs.l Satz 3 EStG 1955 über- anzurechnen; der übersteigende Betrag soll von der Summe 
stiegen hätten. Das Finanzamt berücksichtigte bei Berech- der Höchstbeträge von 720 DM je unterhaltener Person ab- 
nung dieser Grenze Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit Z°Zzogen werden. Die Bundesregierung will also bei unter- 
von 742 DM und eine Angestelltenrente von 1897 DM unter Stützten Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, die 
Abzug eines Werbungskostenpauschbetrags von 200 DM. Beträge von 480 DM und 720 DM entsprechend der Zahl 
Bei dieser Berechnungsweise war die Grenze des 8 33a der Personen vervielfachen, die Einkünfte und Bezüge der 
Abs.1 Satz3 EStG 1955 unstreitig überschritten. Der Bf. Haushaltsgemeinschaft aber zusammenfassen. 
wollte dagegen die. Angestelltenrente. gemäß $ 22 EStG Die Auslegung, die 8 33a EStG 1955 in Abschn. 190 
1955 nur mit dem Ertragsanteil bewertet wissen. Bei dieser Abs.3 EStR 1955 gegeben wird, ist, mindestens wenn es 
Berechnungsweise wirkt sich die geleistete Unterstützung sich um in Haushaltsgemeinschaft lebende Ehegatten 
unstreitig nach 8 33 a Abs.1 EStG 1955 aus. handelt, rechtlich zutreffend. 
Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg. Das Finanz- Die vom Bf. vertretene Auffassung, daß für jeden Eltern- 
gericht führte aus, die Fassung des $ 33a EStG 1955 +oj] selbständig festzustellen sei, ob er Einkünfte beziehe, 
„Einkünfte oder Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts „gerspricht einer natürlichen Betrachtung der Dinge und 
bestimmt oder geeignet sind“, zeige, daß die Einkünfte qep 7,ebenserfahrung, daß Eheleute aus einer gemeinsamen 
nicht steuerfreie oder steuerpflichtige Einkünfte im Sinne Wirtschaftskasse leben; was dem einen zugewendet wird, 
des EStG zu sein brauchten. Es würde dem Sinn der Vor- „%ommt tatsächlich auch dem anderen zugute. Ehegatten 
schrift nicht entsprechen zu unterscheiden, aus welchen sing auch einander nach bürgerlichem Recht unterhalts- 
Quellen die Bezüge der unterhaltenen Person stammten und „gjchtig, Lebt deshalb ein Ehegatte in guten Verhältnissen, 
welcher Rechtsnatur sie seien. Es komme nur darauf an, 0 ;st damit auch der Unterhalt des anderen Teiles rechtlich 
wieviel der unterstützten Person zur Bestreitung des Lebens- <;opergestellt. Für Unterstützungen von dritter Seite be- 
unterhalts zur Verfügung stehe. Die Aufteilung von Renten «+opt dann in der Regel kein Bedürfnis. Es ist also rechtlich 
in einen Stammrechts- und einen Ertragsanteil, wie es in „;cht möglich, mit dem Bf. anzunehmen, daß die Mutter be- 
$ 22 EStG 1955 vorgesehen sei, habe nur für die Einkom- qürffig sei und „zwangsläufig“ von ihm unterhalten werden 
mensbesteuerung der Rentenempfänger Bedeutung. Diese müsse, ohne äuf die Einkünfte des Vaters einzugehen, der 
Auffassung liege auch Abschn. 39 b Abs.4 Sätze 1 und 2 der Mutter gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist. Bei 
der Lohnsteuer-Ergänzungsrichtlinien (LStER) 1957 zu- zusammen lebenden Ehegatten müssen also für die An- 
grunde, wendung des 8 33 a Abs. 1 EStG 1955 die Bezüge insgesamt 
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) rügt der Bf. unrichtige betrachtet werden. In der Entscheidung VI 9/56 S vom 
Anwendung des $ 33a EStG 1955. Er wendet sich unter 24, Januar 1958 (BStBl. 1958 III S. 77%) hat der Senat aus- 
Berufung auf Labus (Der Betriebs-Berater 1957 S.700) gesprochen, daß bei zusammen lebenden Ehegatten die 
gegen die der Entscheidung‘ des Senats VI 206/56 U vom abzugsfähigen Sonderausgaben und außergewöhnlichen 
22.März 1957 (Sig. Bd.64 S.609, Bundessteuerblatt — Belastungen einheitlich zu berechnen sind, ohne Rücksicht 
BStBl. — 1957 III S. 228”) zugrunde liegende Rechtsauf- garauf, wer von den beiden Ehegatten die Ausgaben leistet 
fassung. Er trägt im übrigen vor, Einkünfte habe nur sein oder zur Leistung verpflichtet ist. Ähnliche Grundsätze 
Vater bezogen. Er habe aber die Mutter unterstützt, die müssen für die Auslegung des 8 33a Abs.1 EStG 1955 
keine eigenen Einkünfte gehabt habe. Es sei mit dem angewendet werden, 
Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 17.Januar . wi 
1957 betreffend die Nichtigkeit des 8 26 EStG 1951 unver- Der Bf. beruft sich auf den Grundsatz der Individual- 
einbar, die Eltern steuerlich als Einheit zu behandeln. Nach besteuerung, von dem das Bundesverfassungsgericht im 
dem Grundsatz der Individualbesteuerung, der nach der Beschluß vom 17.Januar 1957 gesprochen hat, Dieser 
Begründung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts Grundsatz kann aber, wenn überhaupt, nur für die Be- 
im Einkommensteuerrecht gelte, müßten Ehegatten je für steuerung der Ehegatten selbst gelten. Im Streitfall geht es 
sich allein beurteilt werden. aber um die Besteuerung des Bf. Im übrigen besagt der 
Die Rb. ist nicht begründet Grundsatz nicht, daß die Ehe als Lebens- und Wirtschafts- 
) T ET . n 8 gemeinschaft einkommensteuerlich in jeder Hinsicht außer 
Der Einwand des Bf., er habe seine Mutter, die keine Betracht zu bleiben habe, so daß zusammen lebende Ehe- 
eigenen Einkünfte erziele, unterstützt, greift nicht durch. gatten steuerlich immer wie zwei fremde unabhängige 
Es kann dahingestellt bleiben, ob und wie der Bf, beweisen Personen behandelt werden müßten, wenn ihnen das steuer- 
will, daß er nicht die zusammenlebenden Eltern, sondern l;ich günstiger ist (vgl. zur Auslegung des Beschlusses des 
nur die Mutter unterstützt habe. Denn auch wenn man Bundesverfassungsgerichts auch die Entscheidung des Bun- 
seiner Behauptung folgt, daß er nur seine Mutter unter- gesfinanzhofs I 231/56 S vom 3. Dezember 1957 — BStBl. 
stützt habe, ist $ 33 a EStG nicht anwendbar. 1958 III 8.279 —). 
1) BStBl. 1958 III _S. 108. 3) StZBIl. Bln. 1958 S. 705. 
2) StZBI. Bln. 1957 S. 948, 4) StZBI. Bln. 1958 S. 151. 
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