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Volume Nummer 45, 10. Juli 1959

Full text: Steuer- und Zollblatt für Berlin (Public Domain) Ausgabe 9.1959,1 (Public Domain)

516 Steuer- und Zollblatt für Berlin 9. Jahrgang Nr.45 10. Juli 1959 
Falle muß er sich in den Grenzen der guten Sitten- halten standes vom ArbGeb. nur nach billigem Ermessen ausge- 
und darf sich nicht über das Verbot des Rechtsmißbrauchs übt werden. 
und der Willkür hinwegsetzen, d. h. er darf sich bei seinem . S 7 
Widerruf nicht auf Gründe stützen, die offensichtl. unsachl. II. Der Widerruf konnte daher im vorliegenden Falle nur 
sind. Insoweit unterliegt auch der dem freien Belieben nach billigem Ermessen ausgeübt werden, da alle Kl. be- 
anheimgestellte Widerruf der gerichtl. Nachprüfung. reits im Ruhestand lebten. Ohne Rechtsirrtum hat das 
n Tr . BerGericht angenommen, daß der Widerruf der Billigkeit 
Kann jedoch der ArbGeb. den Widerruf eines Ruhegeldes n;cht entspricht. Ob er — wie das BerGericht darüber 
nur nach billigem Ermessen vornehmen, dann hat er pinaus meint — geradezu willkürl. ist, konnte dahingestellt 
sich gleichsam wie ein Unparteiischer seine Interessen und bleiben. 
die Belange des ArbN zu vergegenwärtigen, sie gegen- 
einander abzuwägen und danach seine Entscheidung zu Was zunächst die beiden im Widerrufsschreiben vom 
treffen. Der ArbGeb. muß im Streitfall die Billigkeit seiner November 1954‘ genannten Gründe angeht, so entbehren sie 
Entscheidung durch Anführung besonderer sachlicher einer sachl. Rechtfertigung. Es fehlt ein sachl. Anlaß, ein 
Gründe, die zu dem Widerruf geführt haben, dartun und betriebl. Ruhegeld zu widerrufen, weil etwa zukünftig die 
eventuell beweisen. Altersversorg. tarifl. geregelt werden könnte oder weil nach 
. x van Erhöhung der Beiträge für die staatl. Renten künftig etwa 
Die Frage, wann der Widerruf nach billigem Ermessen eine ausreichende Versorgung aller Rentenempfänger, aus 
und wann- er nach freiem Belieben des ArbGeb. vorzu- = a ; ; ; 
; 5 . öffentl. Mitteln gesichert sei. Das alles kann zum mindesten 
nehmen ist, hat das Ges. durch die Bestimmung des $ 315 5 Sa X ; - 
% ; . g . solange nicht gelten, als die Änderungen nicht eingetreten 
Abs.1 BGB zunächst dahin entschieden, daß im Zweifel ©: 5 ; ; ; ; 
1 € a n sind. Die Bekl. hat weiter auf die Tatsache hingewiesen, 
billiges Ermessen maßgebend ist. Daraus ergibt sich, daß ; ; : es ; 
A . x , daß sie mit steigenden UnterstützLeistungen zu rechnen 
der ArbGeb., wenn er sich auf freies Belieben beruft, dar- ; Kants 
R % - z Pu habe und dadurch — zwar nicht gegenwärtig, aber doch 
tun und im Streitfall beweisen muß, daß dies ausdrücklich : ; Het s : ; 
; ; . x = A in Zukunft — einer für sie nicht tragbaren finanziellen 
oder jedenfalls unzweideutig vereinbart ist. Ist die Ruhe- Belastung ausgesetzt sei. Nach Meinung der Rev. müsse sie 
geldzusage unter einer der in der Praxis üblichen Formeln, ; Sahn 5 ; 
N EUKATTE RT 5 dem eingeholten versichmathemat. Gutachten entsprechend 
z. B. „freiwillig und ohne Rechtsanspruch“, oder „jeder- _: km : 
hr 5 ee z einen Deckungsfonds von weit über 100000 DM bilden. 
zeitiger Widerruf vorbehalten“, oder „ein Rechtsanspruch 7. A ; 7] 
& x DR . x e Gegenüber diesem Vorbringen der Rev. hat jedoch schon 
auf die Leistung besteht nicht“, oder „die Leistungen sind das BerGericht zu Recht darauf hingewiesen, daß die 
unverbindl.“ oder mit einer ähnl. Formel. gegeben, dann . fr A e z 
Sa . . . Pensionsverpflichtungen des ArbGeb. nicht von der Ein- 
wird im allgemeinen, wenn nicht besondere Umstände eine stellung entsprechender Posten in die Jahresbilanz ab- 
andere Auslegung rechtfertigen, anzunehmen sein, daß der /. 8 pr z < ı 
. 5 A . hängig sind. Die Ruhegeldverpflichtung ist die Voraus- 
Widerruf dem freien Belieben des ArbGeb. unterliegt, daß is : x - : ; 
; : ; setzung für die Einstellung eines etwaigen Bilanzpostens 
jedoch durch das Verbot des Rechtsmißbrauchs, der Will- x x A 
kür und des Verstoßes gegen die guten Sitten begrenzt und nicht umgekehrt der Bilanzposten die Voraussetzung 
bleibt EC8 8 8 für einen Ruhegeldempfang (AP Nr. 3 zu 8 242 BGB Ruhe- 
) gehalt). Das BerGericht hat daher auch ‚zu Recht davon 
Anders ist jedoch die Rechtslage, wenn der ArbN auf abgesehen, die von der Bekl. insoweit angetretenen Be- 
Grund einer allgemeinen Ruhegehaltsregelung bereits in weise zu erheben. Die von der Rev. dieserhalb erhobene 
den Ruhestand getreten ist und Ruhegeld bezieht oder der Verfahrensrüge ist unbegründet. Die Bekl‘ gibt selbst zu, 
Eintritt der Ruhegeldberechtigung unmittelbar bevorsteht. daß die gegenwärtige Belastung mit Unterstützungszah- 
In diesem Zeitpunkt hat sich die Rechtsstellung des ArbN lungen in Höhe von rd. 400 DM monatl. für den Betrieb 
dem das Ruhegeld widerrufl. zugesagt worden ist, so ver- finanziell nicht ins Gewicht fällt. 
festigt, daß ein Widerruf nach freiem Belieben nicht mehr 
zugelassen werden kann. Ein solches freies-Belieben steht III. Wenn die Bekl. zukünftig dadurch, daß ein ArbN 
bei einer betriebl. Ruhegeldregelung mit dem Grundge- nach dem anderen die Altersgrenze erreicht oder arb- 
danken des nunmehr eingetretenen Ruhestandsverhältnisses unfähig wird, finanziell durch steigende Leistung in un- 
in Widerspruch. Es kann jetzt nicht mehr zugelassen tragbarer Weise belastet zu werden glaubt, so ist sie nicht 
werden, daß der ArbGeb. nur seine Interessen bei Ausübung gehindert, gegenüber den noch nicht in den Ruhestand ge- 
des Widerrufs berücksichtigt. Denn die Tatsache, daß die tretenen ArbN ihr Ruhegeldversprechen nach freiem Be- 
Rente dem Pensionär, der regelmäßig zudem nicht mehr lieben, d. h. unter Berücksichtigung nur des eigenen sachl. 
arbeitsfähig ist, nunmehr bestimmungsgemäß unmittelbar Interesses, zu widerrufen, weil der freie Widerruf bei den 
ganz oder teilweise die Grundlage für die Bestreitung seines noch im aktiven ArbVerh. stehenden ArbN nicht an die 
Lebensunterhalts bieten soll, erfordert es zwingend, eine Ab- Grundsätze des billigen Ermessens gebunden ist. Auch er- 
wägung vorzunehmen und dem berechtigten Interesse des fordert es der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht, daß die 
Pensionärs Rechnung zu tragen. Ein vorbehaltener jeder- zukünftigen Pensionäre den schon vorhandenen gleichge- 
zeitiger Widerruf kann daher nach Eintritt des Ruhe- stellt werden. 
Schriftleitung: Landesfinanzamt Berlin, Berlin W 15, Kurfürstendamm 193-194; Fernruf: 91 02 11, App. 126, 444, 
Verlag: Kulturbuch-Verlag GmbH., Berlin W 30, Passauer Straße 4; Fernruf: 24 06 71. 
Bezugspreis: monatlich 4,20 DM und Zustellgebühr; laufender Bezug nur durch die Post. 
Preis dieses Heftes 0,50 DM und Versandspesen; Einzelhefte nur beim Verlag. 
Druck: ICB 3533, Verwaltungsdruckerei Berlin, Berlin SO 36, Kohlfurter Straße 41-43. 48558a. 7.59 IE]
	        
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