L Steuer- und Zollblatt für Berlin 8.Jahrgang Nr. 80 13. November 1958
(4) Aufwendungen eines Arbeitnehmers für die angemessene Aussteuer einer Tochter, die
in zeitlichem Zusammenhang mit der Eheschließung gemacht werden, sind eine außergewöhn-
liche Belastung, soweit sie die Voraussetzungen des $ 25 LStDV erfüllen. Ein zeitlicher Zusam-
menhang mit der Eheschließung ist bei Aufwendungen in der Zeit zwischen der Verlobung und
der Eheschließung sowie innerhalb von zwei Jahren nach der Eheschließung stets anzunehmen,
bei späteren Aufwendungen nur ausnahmsweise (z. B. weil die Eheleute erst später eine eigene
Wohnung beziehen oder mehrere Töchter des Arbeitnehmers in verhältnismäßig kurzer Zeit
aufeinanderfolgend heiraten). Aufwendungen bleiben außer Betracht, soweit sie aus dem Ver-
mögen der Tochter bestritten werden können, es sei denn, daß es sich um geringfügiges Ver-
mögen (vgl. Abschnitt 39b Abs. 2) handelt. Ebenso bleiben Aufwendungen außer Betracht, so-
weit sie aus einer fälligen Aussteuerversicherung. gedeckt werden können,
(5) Ausgaben zur Tilgung von Schulden können als außergewöhnliche Belastungen
berücksichtigt werden, wenn und soweit die Schuldaufnahme durch Ausgaben veranlaßt
worden ist, die eine nach 8 25 LStDV anzuerkennende außergewöhnliche Belastung dar-
stellen und eine Steuerermäßigung dafür noch nicht gewährt werden konnte. Vgl. BFH-
Urteil vom 30. September 1954 (BStBl III S. 357)1°%%. Bei Abzahlungsgeschäften sind die
Tilgungsraten grundsätzlich in dem Kalenderjahr zu berücksichtigen, in dem sie geleistet
werden; vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 1955 (BStBl III S. 207)119), Satz 1 gilt auch, wenn die
Verschuldung auf zwangsläufige Arbeitslosigkeit zurückzuführen ist oder Schulden abge-
tragen werden, die wegen der Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung im Sinne des
Abschnitts 39a aufgenommen worden sind. Ausgaben zur Tilgung einer Schuld sind in der
Regel keine außergewöhnliche Belastung, soweit der Schuld eine Forderung gegenübersteht
(BFH-Urteil vom 17. Februar 1955, BStBl III S. 91)19,
Beispiel:
Ein erwerbsloser Steuerpflichtiger nimmt im Jahre 1957 zur Bestreitung von Krankheits-
kosten ein Darlehen von 300'DM auf, das bis Ende des Jahres 1958 zurückzuzahlen ist. Er
steht seit Januar 1958 wieder in einem Dienstverhältnis. Die Rückzahlung der Schulden ist
als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, soweit die Rückzahlungsbeträge die zu-
mutbare Eigenbelastung überschreiten.
(6) Ist im Krankheitsfall auf die Dauer oder für längere Zeit eine typische Krankendiät er-
forderlich (häufig bei Herz- und Lungenleiden und bei Zuckerkrankheit), so können die gegen-
über der normalen Ernährung glaubhaft gemachten Mehrkosten und etwaige Kosten für die
Verwendung von Heilmitteln berücksichtigt werden, wenn eine ärztliche Bescheinigung für ihre
Notwendigkeit beigebracht wird. Nach den Verhältnissen des Einzelfalls können ohne Nach-
weis im allgemeinen bis zu 30 DM, bei Gallen-, Leber- oder Nierenleiden bis zu 40 DM und bei
Tuberkuloseerkrankungen oder Zuckerkrankheit bis zu 60 DM monatlich als außergewöhnliche
Aufwendungen im Rahmen des $ 25 LStDV anerkannt werden.
(7) Wegen der Behandlung von Wiederbeschaffungsaufwendungen als außergewöhnliche
Relastungen vgl. Abschnitt 39a.
39a. Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung
‚ (1) Aufwendungen für die Anschaffung von Hausrat und Kleidung sind in der Regel keine
außergewöhnliche Belastung. Jedoch könnnen Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von
Hausrat und Kleidung eine außergewöhnliche Belastung darstellen, wenn diese durch ein unab-
wendbares Ereignis (Brand, Diebstahl, Hochwasser, Unwetter, Beschlagnahme durch eine frühere
Besatzungsmacht, Kriegseinwirkung, Aufgabe des Wohnsitzes in einem zum Inland gehörenden
Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes und von Berlin [West], Vertreibung,
politische‘ Verfolgung usw.) verloren wurden und wiederbeschafft werden müssen. Voraus-
seizung ist, daß diese Aufwendungen dem Arbeitnehmer zwangsläufig erwachsen, insbeson-
dere den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.
(2) Es muß sich um die Wiederbeschaffung verlorener Gegenstände für den Geschädigten
selbst, seinen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder seine Kinder, für die ihm Kinder-
ermäßigung zusteht oder gewährt wird, handeln. Ergänzungsbeschaffungen sind keine Wieder-
beschaffungen. Anschaffungen für Kinder, die erst nach dem schädigenden Ereignis geboren
wurden, sind Ergänzungsbeschaffungen. Bei Anschaffungen von Kleidung ist zu vermuten, daß
es sich um Ergänzungsbeschaffungen und nicht um Wiederbeschaffungen handelt, wenn das
schädigende Ereignis mindestens fünf Jahre zurückliegt. Auch bei der Anschaffung von Hausrat
bedarf es einer besonderen Feststellung, ob es sich um Wiederbeschaffung und nicht um Er-
gänzungsbeschaffung handelt, wenn das schädigende Ereignis längere Zeit zurücklieat.
(3) Entschädigungen und Beihilfen, die für die verlorenen Gegenstände (z. B. von Versiche-
rungsunternehmen oder aus öffentlichen Mitteln) geleistet werden, sind auf die Wiederbeschaf-
fungsaufwendungen anzurechnen. Das gilt auch für die in früheren Jahren gezahlten Entschädi-
gungen und Beihilfen, soweit sie noch nicht angerechnet worden sind Entschädigungen und
Beihilfen nach dem LAG und Beihilfen nach dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, die
der Arbeitnehmer in Kalenderjahren ‚erhalten hat, in denen ihm die Freibeträge nach $ 25b
LStDV ($ 25a LStDV 1950, 1952 und 1954) zustanden, werden nicht angerechnet. Bei Verlusten
durch Kriegseinwirkung (Schäden bis zum 5. Juni 1945), die nach dem 31. Dezember 1943 ent-
standen sind, kann unterstellt werden, daß seinerzeit ein Ersatz aus öffentlichen Mitteln nicht
geleistet worden ist. Bei Schäden, die bis zum 31. Dezember 1943 entstanden sind, genügt eine
Erklärung des Steuerpflichtigen über die Höhe des Schadens nach Art und Umfang und übeı
die Höhe der Ersatzleistung. In Zweifelsfällen kann das Finanzamt bei der Feststellunagsbehörde
Rückfrage halten.
(4) Zu den Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat, die den Umständen nach
notwendig sind, gehören die Aufwendungen für Gegenstände, die nach allgemeiner Anschauung
unter Berücksichtigung der Lebensverhältnisse des Arbeitnehmers zur Einrichtung einer Woh-
nung und zur Führung eines Haushalts erforderlich sind. Auch soweit die Aufwendungen den
Umständen nach notwendig sind, dürfen sie einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Die
Angemessenheit der Aufwendungen kann nur nach Lage des Einzelfalls beurteilt werden. Auf-
wendungen für die Wiederinstandsetzung von Gegenständen des Hausrats, die durch ein unab-
wendbares Ereignis im Sinn des Absatzes 1 beschädigt worden sind, sind ebenso zu behandeln
wie Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von verlorenem Hausrat.
109) StZBl. Bln. 1955 S. 19. — 110) StZBl. Bln. 1955 S. 1066. — 111) StZBl. Bln. 1955 S. 397.
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