88 Steuer- und Zollblatt für Berlin 8. Jahrgang Nr.11 8. Februar 1958
Reichsabgabenordnung Die Aussetzung gemäß 8251 AO ist aus den gleichen
. Gründen nicht möglich. In dem Rechtsmittelverfahren, das
— 1 ,
Urteil des BFH vom 8, FebruRr 1957 v7 141/66 893. dem Aussetzungsantrag im Streitfall zugrunde liegt, fehlt es
(StZBI. Berlin 1958 8.88) zudem an einer den Bf. treffenden Pflicht. Die Einbehal-
tungspflicht, wie sie in dem hier in Betracht kommenden
Zur Frage der Stundung oder Aussetzung von Lohnsteuer. stadium zunächst nur gegeben ist, trifft den Arbeitgeber,
AO 88.127, 251; EStG 8 38; LStDV 8 30. nicht den Arbeitnehmer, der selbst nur unter bestimmten
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Angestellter. Wegen der Voraussetzungen in Anspruch genommen werden kann.
Ablehnung seines Antrags auf Gewährung von Kinder- Die vom Bf. erstrebten Maßnahmen widersprechen dem
ermäßigung und entsprechender Ergänzung seiner Lohn- gesetzlichen Aufbau des Lohnsteuerabzugsverfahrens. Das
steuerkarte 1955 ist es zu einem Rechtsmittelverfahren ge- Lohnsteuerabzugsverfahren führt zwangsläufig zu gewissen
kommen. Dieses hat sich in der Berufungsinstanz in der Besonderheiten. gegenüber der veranlagten Einkommen-
Hauptsache dadurch erledigt, daß das Finanzamt wegen in- steuer. Die Erfassung an der „Quelle“ dient der Verein-
zwischen eingetretener Änderung der Lohnsteuer-Richt- fachung, und zwar einer Vereinfachung, die im Interesse
linien (LStR) dem Antrag stattgegeben hat. aller Beteiligten liegt. Das Finanzamt braucht, sich, weil
Mit der Einlegung des Einspruchs gegen die Ablehnung die Einbehaltung und Abführung der Steuer dem Arbeit-
hatte der Bf. den Antrag verbunden, seine Lohnsteuer in geber auferlegt ist, mit der Mehrzahl der Arbeitnehmer
Höhe des Unterschieds zwischen dem Steuerbetrag vor der Nicht zu befassen. Diese entrichten im Regelfall ihre Steu-
Ergänzung und dem Steuerbetrag nach der Ergänzung der ©TN, ohne sich um die Mittelbereitstellung kümmern und
Lohnsteuerkarte zu stunden. Das Finanzamt lehnte den Ohne Steuererklärungen abgeben zu müssen. Ist das Gehalt
Antrag ab. Die Beschwerde wurde als unbegründet zurück- Oder der Lohn vorschriftsmäßig gekürzt, so kann der Ar-
gewiesen. beitnehmer nicht mehr in Anspruch genommen werden
. > rn (8 38 Abs. 3 Satz 3 EStG). Sind auf seiner Lohnsteuerkarte
sache wurde, weil der Stundungsantrag durch die dem Bf. Eintragung zumeist für die Zukunft wirkt, mit Nach-
, - Eintragung zumeist für die Zukunft wirkt, mi ach-
günstige Ergänzung der Lohnsteuerkarte gegenstandslos FOTOCrünsCn in aller Regel nicht zu rechnen. Das gilt grund-
geworden war, für erledigt erklärt. Die Kosten wurden dem sätzlich auch für den Lohnsteuerjahresausgleich, der — im
Bf. auferlegt. Das Finanzgericht hielt eine Stundung wie Gegensatz zum Veranlagungsverfahren — nur zugunsten
auch eine Aussetzung mit dem Lohnsteuerabzugsverfahren ges Arbeitnehmers wirkt (vgl. das Urteil des Bundesfinanz-
für nicht vereinbar. hofs IV 69/55 U vom 12. Mai 1955, Slg. Bd. 61 S. 39, Bundes-
Mit seiner wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Steuerblatt — BStBl. — 1955 IL S. 213)”
Sache vom Finanzgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde & Rn? &
wehrt sich der Bf. gegen die Auferlegung der Kosten. Er L Ce SER a NG Tas Abs T Se
trägt vor: Die Lohnsteuerpflichtigen seien nicht Steuer- ONNZANINE EIDERATIEN | W va 7
as ; 8 30 LStDV). Das Finanzamt kann den Arbeitgeber von
pflichtige minderen Rechts. Wenn das Lohnsteuerabzugs- di Verpflicht dsätzlich nicht entbinden. Wollte
verfahren auch ein Verfahren besonderer Art sei, so habe Bd et I Se Amt Set: ie Z RN ER de A nn it
es doch seinen ursprünglichen Charakter verloren, nachdem BUbe em N teuerah SCH nid SO Uediu CE De n
die Lohnsteuer durch die Möglichkeit der Erstattung, durch ge St liche En Destin Zug ZU © el en < Sr di a nom
die Anrechnung auf die veranlagte Einkommensteuer und SCSC ; Me a es a PhODEIE N den C Ni Due te d a Rocht
nicht zuletzt durch den Lohnsteuerjahresausgleich weit- N Dieter el MO si N hieSit A & 808 hen SC ve N OS
gehend an die veranlagte Einkommensteuer angeglichen ehr eine h Dr ACC) d Tram € Wen € a en 4
worden sei. Daß der Arbeitgeber für die Einbehaltung und nl MEIN. HAC 4 N BRIG) C a es der Tunnel ® ich. nt N e Ar.
Abführung der Lohnsteuer hafte, berühre nicht das zwischen N DH ehr (8 7 n © ft er De Heid. (6. 46: LSLDV)- vr
dem Arbeitnehmer und dem Steuergläubiger bestehende el MS OLE Stun SbeBCS S yo
Steuerschuldverhältnis. Auch im Lohnsteuerverfahren sei Zn nn
und bleibe der Arbeitnehmer der Schuldner der Steuer. Die Man darf auch die Schwierigkeiten nicht außer acht
Möglichkeit der Stundung sei in der Reichsabgabenordnung 1assen, die bei der vom Bf. erstrebten Maßnahme ein-
N OEECSEHEN! CE m N SER TGSCHUTET BES treten würden. Dem Lohnsteuerabzugsverfahren entspricht
a N N X : es, daß das „Finanzamt der Betriebsstätte“ des Arbeit-
Möglichkeiten könnten daher auch von einem Lohnsteuer- gebers über die Einbehaltung und Abführung der Lohn-
pflichtigen in Anspruch genommen werden. steuer durch den Arbeitgeber wacht und entscheidet (vgl.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. $$ vu 43, ME * NO Wollte a A De
- an : ; °r nehmer zuständige ohnsitzfinanzam urc undung
u N ne der Stundung ($ 127 AO) und die Mög- oder Aussetzung in das Steuerabzugsverfahren eingreifen,
em ST A A tn A a De so würde dies einer Anweisung an den Arbeitgeber gleich-
rar “ ar A äh - kommen, den Gesetzesbefehl des $ 38 Abs.1 EStG nicht
En Trotzdem ist die Feststellung des Finanzgerichts, zu befolgen, und zwar durch ein Finanzamt, das mit dem
ern NE dr Bechlen tu in dem Streitfall un- Apzugsverfahren, soweit der Arbeitgeber in Betracht
Z z kommt, nichts zu tun hat. Der Arbeitgeber müßte über
Eine Stundung nach 8127 AO setzt einen Zahlungs- die ihn ohnehin treffende Aufzeichnungspflicht hinaus Auf-
anspruch voraus. Stundung ist zwar, wenn ein Zahlungs- Zeichnungen über Stundungen oder Aussetzungen führen
anspruch vorliegt, grundsätzlich auch hinsichtlich der Und den Ablauf der Maßnahmen überwachen, Das der Ver-
Lohnsteuer möglich. Das Finanzamt kann Lohnsteuer stun- einfachung und Sicherung rechtzeitiger Steuerleistung
den, wenn es sich z.B. um die Erfüllung einer gegen den dienende Steuerabzugsverfahren würde dadurch in prak-
Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer geltend gemachten tisch nicht mehr tragbarer Weise unübersichtlich und kom-
Nachforderung handelt. Hier liegen Zahlungsansprüche Pliziert werden.
vor. Im Streitfall geht es aber nicht um einen Zahlungs- 8 s x x
anspruch. Denn der Arbeitgeber hat noch keine Lohnsteuer Zu Unrecht bezeichnen das Schrifttum und die Recht-
einbehalten, die er an das Finanzamt abführen muß. Es DES (vgl. za letzterer da EEE Finanzgerichts
ist auch keine Lohnsteuernachforderung erhoben worden. Schleswig-Holstein I »„HEintscheidungen der Finanzgerichte
Es besteht nur die Pflicht des Arbeitgebers, bei der Lohn- 1056 Nr. 215), soweit sie die Möglichkeit der Stundung
zahlung die Lohnsteuer einzubehalten ($ 38 des Einkommen- und der Aussetzung auch für die im Steuerabzug einzu-
steuergesetzes — EStG —, 8 30 der Lohnsteuer-Durchfüh- behaltende und abzuführende Lohnsteuer aus dem allge-
rungsveroränung — LStDV —). Der Bf. will im Streitfall meinen Wortlaut der 8$ 127 und 251 AO heraus bejaht
eine Anordnung des Finanzamts an den Arbeitgeber er- WieEen wollen, A ‚mit SolCher Stunduns oder Ausselzung
reichen, bei der Lohnzahlung von der Erhebung der Lohn- verbundenen Schwierigkeiten als rechtlich belanglos. Bei
steuer Abstand zu nehmen. Ein solcher Antrag findet im der -AUsSICSUNg der Steuergesetze ist im Zweitel auch der
Gesetz keine Stütze, insbesondere nicht In $127 AO (vgl GeSChispunkt der möglichst einfachen Mandhabuns Zu be-
Hartz-Over, Lohnsteuer, Stichwort „Stundung“). rücksichtigen (vgl. Becker, Reichsabgabenordnung, 7. Aufl..
1) BStBI. 1957 III S. 329. I2) StZBl. Bln. 1955 S. 1018,