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Volume Nummer 106, 28. Dezember 1957

Full text: Steuer- und Zollblatt für Berlin (Public Domain) Ausgabe 7.1957,2 (Public Domain)

Steuer- und Zollblatt für Berlin 7.Jahrgang Nr. 106 28. Dezember 1957 1499 
Umsatzsteuer Aus der Fassung des $ 11 Abs. 1 UStDB ergibt sich, daß 
x der Verordnungsgeber dabei zunächst an Einzelgegenstände 
Urteil des BFH vom 26. September 1957 — V' 55/57 89). gedacht hat. Nur. ein Einzelgegenstand kann teilweise zur 
(StZBI. Berlin 1957 S. 1499) Verwendung im Unternehmen und teilweise zu anderen 
Zwecken verwendet werden. Bei den Gegenständen, die 
Liefert ein Kohlenhändler Brennstoffe an Abnehmer, die w;e z.B. Kohlen vertretbare Sachen sind, also zu den 
diese Brennstoffe teilweise zu gewerblichen und teilweise Sachen gehören, die nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt 
zu privaten Zwecken verwenden können, So hat er sich von „zu werden pflegen (891 BGB), kann ein Einzelteil davon 
den Abnehmern bestätigen zu lassen, wieviel von der je- immer nur für einen einzigen Zweck verwendet werden. 
weiligen Lieferung für den gewerblichen und wieviel für 7nfolgedessen hat hier die Verwaltungspraxis in Fällen der 
den privaten Zweck bestimmt sein sollen. Der Angabe eines vorliegenden Art stets zu Schätzungen des privaten An- 
Abnehmers entsprechend ist die Lieferung, in eine Groß- +ejls gegriffen, wenn vertretbare Sachen im Großhandel 
nnd in eine Einzelhandelslieferung aufgeteilt, buchmäßig geliefert worden waren. 
sprechende Angabe des Abnehmers die gesamte Lieferung Handwerker und Kleingewerbetreibende benötigen teil 
als Großhandelslieferung aus, so verwirkt er die Steuer- SR U KOM ODE SCH TOR Te 
freiung nach 54 An 4 USIG: Tatsache, daß in den Kreisen der Handwerker und Klein- 
UStG $$81 Ziff. 2, 4 Ziff. 4; UStDB $$ 11 Abs.1, 14 Abs.4 „werbetreibenden die geschäftliche und die private Sphäre 
Ziff. 1, 29 Abs.1 Ziff. 3, 5, 6, 29 Abs. 2 Ziff, 2, ineinander übergehen. Die gewerblich genutzten Räume 
Die Steuerpflichtige betreibt den Groß- und Einzelhandel sind bisweilen Teile der ‚Wohnungen (so vielfach bei 
mit Brennstoffen. Sie hat Bäcker, Kleingewerbetreibende Schneidern), oftmals stehen. sie mit der Wohnung in un- 
und Angehörige freier Berufe mit Kohlen beliefert und da- mittelbarem Zusammenhange (so z.B. vielfach bei Flei- 
für die Umsatzsteuerbefreiung nach $ 4 Ziff, 4 des Umsatz- schern, Bäckern, Lebensmittelhändlern usw.); auch bei den 
steuergesetzes (UStG) in Verbindung mit $ 29 Abs. 2 Ziff.2 Angehörigen freier Berufe findet man öfters einen Zu- 
der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz sammenhang von Unternehmen und Wohnung. Die Familien- 
(UStDB) in Anspruch genommen. Das Finanzamt hat angehörigen helfen bei Handwerkern und Kleingewerbe- 
einen von ihm geschätzten Teil dieser Lieferungen als für treibenden bei Bedarf in dem Unternehmen mit, vor allem 
den Privatbedarf der Abnehmer bestimmt angesehen und bedienen sie im Ladengeschäft die Kundschaft. Das alles 
insoweit bei der Veranlagung den allgemeinen Steuersatz zeigt ein Ineinanderfließen der geschäftlichen und der 
von 4 v.H. zugrunde gelegt. privaten Sphäre. 
In der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird unter Bezugnahme Infolgedessen muß ein Unternehmer, der einen solchen 
auf früheres Vorbringen im wesentlichen geltend gemacht, Handwerker oder Kleingewerbetreibenden oder auch einen 
die Verwaltungspraxis, die in derartigen Fällen einen Angehörigen eines freien Berufs mit vertretbaren Sachen 
Privatbedarf der Abnehmer schätze, sei unbefriedigend. peliefert, die sowohl in dem Unternehmen des Abnehmers 
Der Abnehmer wisse oftmals bei der Bestellung nicht, wie- als auch in dessen Privathaushalt erfahrungsgemäß in 
viel von der bestellten Ware für seinen Privatbedarf ver- größeren Mengen verwendet werden und die der Abnehmer 
wendet werde. Entnehme er für seinen Privatbedarf nach nicht im Rahmen seines Unternehmens weiterzuliefern 
und nach von der Ware, so handle es sich insoweit um pflegt, bei jeder einzelnen Lieferung feststellen, wieviel von 
Eigenverbrauch, der der Umsatzsteuer unterliege. Es Ger gelieferten Menge der vertretbaren Sachen zur Ver- 
komme also zu einer Doppelbesteuerung, wenn vorher die wendung in dem Unternehmen des Abnehmers und wieviel 
Lieferung für den Privatbedarf als Lieferung im Einzel- für den Privatverbrauch des Abnehmers bestimmt ist. Der 
handel angesehen worden sei, Bestellt habe aber der Ab- Apnehmer wird insoweit stets Auskunft geben können, Der 
nehmer die Ware stets im Rahmen seines Unternehmens. |ieferer selbst darf eine Schätzung von sich aus nicht 
Der Vorsteher des Finanzamts hat Anschlußbeschwerde geben, da, wie sich aus 811 Abs.1 Satz 2 UStDB ergibt, 
erhoben, Er begehrt die Heranziehung der gesamten Ent- der Erwerber des Gegenstandes den Verwendungszweck be- 
gelte für die Kohlenlieferungen zur Umsatzsteuer nach dem zeichnen muß. Wenn diese Vorschrift auch deutlich auf 
allgemeinen Steuersatze; denn die Steuerpflichtige hätte HEinzelgegenstände gemünzt ist, so kann sie insoweit doch 
sich von ihren Abnehmern bei jeder einzelnen Lieferung sinngemäß auf vertretbare Sachen erstreckt werden. 
angeben lassen müssen, wieviel von der Lieferung für das Gibt der Abnehmer dem Lieferer an, daß er eine be- 
Unternehmen und wieviel tür ‚den Privatverbrauch be- stimmte Menge von z.B, Kohlen für seinen gewerblichen 
stimmt waren. Die Steuerpflichtige habe sich die Angaben Betrieb, eine weitere Menge für seinen Privatbedarf be- 
nicht machen lassen. Infolgedessen sei der buchmäßige nötige und wird er deranthin mit der gesamten Menge 
Nr OO TAheE N N nt a ODE ea beliefert, so liegem solchenfalls zwei Lieferungen vor, die 
für. die gesamten Kohlenlieferungen. unS gleichzeitig durchgeführt werden, eine Großhandelsliefe- 
N nn N > rung und eine Einzelhandelslieferung. Nur für die Liefe- 
Die Prüfung des Falles führt zu den folgenden Er- rung im Großhandel kommt die Steuerbefreiung nach 8 4 
gebnissen: Ziff.4 UStG in Betracht. Stellt sich später, z.B. anläßlich 
$4 Ziff, 4 UStG befreit unter gewissen Voraussetzungen einer Nachprüfung bei dem Abnehmer heraus, daß dessen 
von der Umsatzsteuer die Lieferungen notwendiger Roh- Angaben hinsichtlich der Menge des Privatverbrauchs un- 
stoffe und Halberzeugnisse im Großhandel. Brennstoffe richtig waren, so wird eine privat mehrverbrauchte Menge, 
gehören nach $29 Abs.2 Ziff.2 UStDB zu den notwen- wenn nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen, umsatz- 
digen Rohstoffen und Halberzeugnissen. Die Voraussetzun- steuerlich nicht beim Lieferer, sondern als Eigenverbrauch 
gen für die Steuerfreiheit enthält neben $4 Ziff.4 UStG nach 81 Ziff.2 UStG bei dem Abnehmer zu. erfassen sein. 
Sn A Ue ae ne EEE LESE Ze Läßt sich der Lieferer von dem Abnehmer nicht die ein- 
nommen ($ 29 Abs.1 Ziff.3 UStDB). und die VOraUE- zelnen Mengen angeben, die jeweils für das Unternehmen 
ei 1 7a ; zn: des Abnehmers und für dessen Privatverbrauch bestimmt 
setzungen der Ziff.1 bis 4 dieses $ 29 Abs. 1 buchmäßig sind, und verbucht er die Gesamtlieferung als eine Liefe- 
DE N DT DD TE (8 29 a Zn > SC En rung im Großhandel, so verstößt er damit gegen die Vor- 
SIDE Deetim ngewilesen ist. © 95.5 A. < schrift über den buchmäßigen Nachweis ($ 29 Abs. 1 Ziff. 5, 
| bestimmt, daß die Menge und die handelsübliche 514 Abs.4 Ziff,1 UStDB), weil er die Mengen der ge- 
Bezeichnung des Gegenstandes aufzuzeichnen sind. lieferten Sachen nicht richtig angegeben hat. Den Aus- 
Eine Lieferung im Großhandel liegt nach 811 Abs.l führungen in der Anschlußbeschwerde des Vorstehers des 
UStDB dann vor, wenn ein Unternehmer einen Gegenstand Finanzamts ist daher insoweit beizutreten. Der Anschluß- 
an einen anderen Unternehmer zur Verwendung in dessen peschwerde wäre auch stattzugeben und damit die Steuer- 
Unternehmen liefert. Wird ein Gegenstand von dem Ab- freiheit der gesamten Lieferungen der Steuerpflichtigen 
nehmer teilweise zu einem solchen Zwecke, teilweise zu nach 84 Ziif.4 UStG zu versagen, wenn bisher allgemein 
anderen Zwecken erworben, so ist der Hauptzweck maß- qjese Grundsätze anerkannt worden, allgemein beachtet und 
gebend. Eine Änderung des Erwerbszweckes nach der nur während eines gewissen Zeitraumes bei der Steuer- 
Lieferung‘ bleibt unberücksichtigt. pflichtigen übersehen worden wären, Da jedoch bisher nicht 
— — allgemein so verfahren worden ist, wäre es ein Verstoß 
1) BStBl. 1957 IIT S. 397. gegen die Billigkeit, rückwirkend für einen Zeitraum,
	        
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