1346 Steuer- und Zollblatt für Berlin ”7.Jahrgang Nr.93 9. November 1957
Auffassung des Bf. nicht von Bedeutung, ob bei der Be- geben. Der Bf. war durch die Nichtzahlung in der Lage,
griffsbestimmung in $ 8 Ziff.1 GewStG die beiden ersten die geschuldeten Beträge weiter in seinem Betrieb arbeiten
Tatbestände nur Beispiele für .den allgemeinen Tatbestand zu lassen. Soweit es ihm gelingen sollte, die Schulden im
„Schulden, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung Verhandlungswege herabzusetzen, wären die Differenz-
des Betriebskapitals dienen“ (siehe GewStR 1951 Ab- beträge Eigenkapital, das ebenfalls bis zu einer etwaigen
schnitt 47) sind, da in jedem Falle die nicht nur vorüber- Privatentnahme der Gewerbekapitalsteuer unterliegen
gehende Stärkung des Betriebskapitals auch ein den beiden würde.
anderen Tatbeständen innewohnendes Wesensmerkmal ist. Schließlich ist es für die Annahme von Dauerschulden
Es spielt hierbei keine Rolle, ob die Schulden mit oder ohne unerheblich, ob die Schulden verzinslich sind oder nicht.
Willen des Gläubigers oder Schuldners entstanden und ob Der Hinweis des $ 12 Abs.2 Ziff.1 GewStG auf 8 8 Ziff. 1
sie im gegenseitigen Einverständnis der Beteiligten „auf- bis 3 GewStG will nur eine nochmalige Aufzählung der
genommen“ sind, sondern es kommt objektiv nur darauf Tatbestände vermeiden, nicht aber die Verzinslichkeit zum
an, daß der Gegenwert das Betriebskapital verstärkt hat Wesensmerkmal einer Dauerschuld machen (siehe Urteil
(vgl. Lenski-Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuer- des Reichsfinanzhofs VI 502/39 vom 2. August 1939, Grund-
gesetz, 1957, $ 8 Ziff.1 Anm.3). Die Verstärkung des Be- werk zur Steuerrechtsprechung in Karteiform — GW-StRK —
triebskapitals kann nicht nur in der Erhöhung, Ergänzung III S. 564; Müthling, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz
oder Wiederherstellung des Betriebskapitals durch Zufüh- 1954, 8 12 Anm.11; Lenski-Steinberg, 8 8 Ziff. 1 Anm.8;
rung von Werten, die im übrigen am Stichtag gar nicht Blümich-Boyens-Steinbring, Kommentar zum Gewerbe-
mehr vorhanden zu sein brauchen, bestehen, sondern Dauer- steuergesetz, 5. Aufl. 8 12 Anm.6). Bei unverzinslichen
schulden können auch dadurch entstehen, daß die Heraus- Dauerschulden entfällt nur eine Hinzurechnung von Zinsen
nahme von Werten aus dem Betrieb und damit eine Ver- im Sinne des 8 8 Ziff.1 GewStG, da Zinsen nicht gezahlt
ringerung des Betriebskapitals durch Unterlassung von worden sind.
Zahlungen vermieden wird. In diesem Sinne hat bereits der Da die Höhe der Verbindlichkeiten und ihr Abzug bei
Reichsfinanzhof in dem Urteil VI 108/39 vom 22. Februar der Feststellung des Einheitswertes unstreitig sind, haben
1939 (Reichssteuerblatt — RStBl. — 1939 S.702) ausge- die Vorinstanzen die sogenannten Lizenzgebühren zutref-
sprochen, daß auch aufgelaufene und dem Schuldkapital fend als nicht nur der vorübergehenden Verstärkung des
zugeschlagene Zinsen in der Regel der Verstärkung des Gewerbekapitals im Sinne des 8 12 Abs.2 Ziff.1 in Ver- Y
Betriebskapitals dienen. Eine entsprechende Sachlage ist bindung mit 8 8 Ziff.1 GewStG dienend dem Einheitswert
hier bei den seit Jahren aufgelaufenen Lizenzgebühren ge- des gewerblichen Betriebes hinzugerechnet.
Lohnsteuer gegeben ist, wie dies bei der Gewährung bloßer Annehm-
Urteil des BFH vom 5. Juli 1957 — VI 108/56 U)D. lichkeiten der Fall zu sein pflegt, z. B. Freitrunk der
. Brauereiarbeiter, Freimilch in gesundheitsgefährdenden
(StZBI. Berlin 1957 S. 1346) Betrieben, sowie Bereitstellung von Sportanlagen, Dusch-
Die Gewährung eines Ferienfreiplatzes durch den Arbeit- gelegenheiten usw.
geber stellt die Zuwendung eines geldwerten Vorteils dar In der Gewährung der Ferienfreiplätze haben die Vor-
und löst Lohnsteuerpflicht aus. instanzen mit Recht mehr als eine nicht steuerpflichtige
EStiG 8 19; LStDV 8 2. Annehmlichkeit ee nämlich die Zuwendung eines
„en . - nn R - geldwerten Vorteils. Diese Auffassung entspricht der
Streitig ist die Lohnsteuerpflicht für Beträge, die von Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wie es die Urteile
der Beschwerdeführerin (Bfin.) für Erholungsfreiplätze für IV 303/53 U vom 14. Januar 1954 (Slg. Bd.58 S. 459, Bun-
ihre Arbeitnehmer aufgewandt wurden, dessteuerblatt — BStBl. — 1954 III S.86)%, IV 178/53 U
Die Bfin. unterhält durch ihr Sozialwerk e.V. seit 1951 vom 4. Februar 1954 (Slg. Bd.58 S.524, BStBl. 1954 III
ein Erholungsheim in X. In diesem erhalten Arbeitnehmer S,111)3 und IV 197/53 U vom 13.Mai 1954 (Slg. Bd. 59
der Bfin., die mindestens vier Jahre im Betriebe tätig sind, S.45, BStBl. 1954 III S.225)% erkennen lassen. Der geld-
einmal im Verlauf von 10 Jahren einen Ferienfreiplatz. werte Vorteil, den der einzelne Arbeitnehmer durch die
Das Sozialwerk e. V. stellt der Bfin. dafür einen Tagessatz Gewährung des Ferienfreiplatzes erhält, erfährt auch keine
von 9 DM in Rechnung. Verringerung dadurch, daß der Arbeitnehmer die An- und
Das Finanzamt erblickte in der Gewährung der Ferien- Rückreise, sowie die Zwischenmahlzeiten und Getränke
freiplätze an die ‚Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil aus eigener Tasche zu zahlen hat. Immerhin erhält der
aus dem Dienstverhältnis im Sinne des 8 2 Abs. 1 der Lohn- Arbeitnehmer freie Unterkunft und drei Mahlzeiten Ver-
steuer-Durchführungsverordnung (LStDV) und forderte Pflegung, ohne daß er dafür irgend etwas aufzuwenden hat.
dafür durch Haftungsbescheid vom 28. Februar 1955 von Wenn die Vorinstanzen für diese freie Unterkunft und
der Bfin. für die Jahre 1951 bis 1954 Lohnsteuer in Höhe Verpflegung in Anwendung der Bestimmung des 8 8 Abs. 2
von 4280,30 DM. des Einkommensteuergesetzes (EStG) den örtlichen Mittel-
Der Einspruch sowohl wie die Berufung, mit denen ein- Preis angesetzt haben und diesen mit einem Tagessatz von
gewandt wurde, daß die Gewährung von Ferienfreiplätzen 9 DM zugrunde legten, ist dies nicht zu beanstanden. Ab-
nur die Verschaffung einer Annehmlichkeit darstelle, je- gesehen davon, daß es sich bei diesem Ansatz um die
doch kein Arbeitsentgelt, jedenfalls die Arbeitnehmer ob- Würdigung tatsächlicher Verhältnisse handelt, die mit der
jektiv nicht bereichert seien, blieben erfolglos. Rb. nicht angreifbar ist, entspricht die Bemessung auf den
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) werden die bisherigen T08°0* von 0 DM auch dem tatelichlich von der Bün,
Einwendungen wiederholt, und es wird insbesondere darauf *r ter urchführung: der Freipla zzu wendung aufge-
hingewiesen, daß von einem geldwerten Vorteil für die rin en HT en Tagessatz von N für Den
Arbeitnehmer bei der Gewährung des Ferienfreiplatzes N Holunest UNE VETPZESUNG eine SO evorzugten Y-
deshalb nicht die Rede sein könne, weil die Arbeitnehmer "Olungsort wie X. ist so bescheiden, daß auch die be-
aus eigenen Mitteln die Zu- und Abreise sowie die Zwischen- Kt en den ihnen durch die Gewährung
mahlzeiten und Getränke aufbringen müßten. Somit sei CS LCD atzes zu jeßenden Sachwert subjektiv nicht
kein Raum für einen Steuerabzug. niedriger bewerten Könnten: n N
Die Rb. kann keinen Erfolg haben. Mit Recht sind deshalb ‚die von der Bfin. ihren Arbeit-
N N C .„. nehmern in Form von Ferienfreiplätzen zugewandten Vor-
Nach $ 2 LStDV sind alle Einnahmen, die dem Arbeit- £tojje der Lohnsteuer unter Zugrundelegung eines Tages-
nehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen, Arbeitslohn satzes von 9 DM unterworfen und die Bfin. zur Haftung
und damit dem Steuerabzug unterworfen. Einnahmen sind herangezogen worden.
alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen. Diese : : n
Vorschrift ist allumfassend und findet ihre Grenze erst da, i° Rb. kann nicht durchdringen.
Wo keine objektive Bereicherung des Arbeitnehmers mehr =; StZBl. Bln. 1954 S. 1098
EEE ‚ StZBl. Bln. 1954 S. 710.
1) BStBl. 1957 III S. 279 4) StZBl. Bln. 1954 S. 926.
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