900 Steuer- und Zollblatt für Berlin 7. Jahrgang Nr.77 21. September 1957
Das Finanzamt hat‘die Tätigkeit des Bf. in vollem Um- Nach erneuter Prüfung hält der Senat an dieser Auf-
fang als gewerblich angesehen ($2 des Gewerbesteuerge- fassung für die Fälle nicht mehr fest, in denen sich die an
setzes — GewStG —). Im Einspruchs- und Berufungsver- sich freiberufliche Tätigkeit nicht lediglich als Ausfluß
fahren begehrte der Steuerpflichtige Freistellung von der einer gewerblichen Betätigung darstellt und schon aus
Gewerbesteuer. Er drang mit seiner Auffassung weder diesem Grunde als gewerbliche behandelt werden muß. Der
beim Steuerausschuß noch beim Finanzgericht durch. Senat schließt sich vielmehr der Ansicht des I. Senats an,
: . nach der es zu gerechteren steuerlichen Ergebnissen führt,
ann die Rechtsbeschwerde (Rb.) kann keinen Erfolg die gesonderte Behandlung‘ der einzelnen Tätigkeiten so-
) weit als möglich auszudehnen (Urteil des Bundesfinanzhofs
Nach 818 Abs.1 Ziff.1 EStG gehören Einkünfte freibe- I 116/55 U vom 23. Oktober 1956, BStBl 1957 III S.17)%.
ruflich tätiger Ingenieure zu den Einkünften aus selbstän- Auch bei einer gemischten Tätigkeit ist eine getrennte
diger Arbeit. Die Vorinstanz ist deshalb mit Recht davon steuerliche Beurteilung der verschiedenen Tätigkeitsarten
ausgegangen, daß die beratende, gutachtliche und beauf- stets geboten, wenn sie ohne besondere Schwierigkeiten
sichtigende Tätigkeit des Bf. eine selbständige im Sinne möglich ist. Ob jedoch an der in dem letzten Satze des Ur-
dieser Vorschrift ist. Das Finanzgericht hat weiter zu- teils I 116/55 U vertretenen Ansicht, nach der die Grund-
treffend festgestellt, daß die Lieferung von Waren eine ge- sätze des Urteils IV 200/51 U ‘bei einer im Einzelfall nicht
werbliche Betätigung ist, der Beruf des Bf. mithin Merk- möglichen Trennung anzuwenden sind, festzuhalten ist,
male sowohl freiberuflicher wie gewerblicher Art aufweist. kann Bedenken unterliegen; es könnte erwogen werden,
Beide Tätigkeitsarten greifen ineinander über. Sie bedingen das in der Entscheidung IV 250/50 U vom 2. Februar 1951
sich gegenseitig und sind miteinander verflochten. Es be- (Slg. Bd. 55 S. 171, BStBl 1951 III S., 65% — Steuerrecht in
steht ein enger sachlicher und wirtschaftlicher Zusammen- Karteiform, Gewerbesteuergesetz $2 Abs.1 Rechtsspruch
hang zwischen ihnen. Der Reichsfinanzhof hat bei einer 18) als maßgebend bezeichnete Abgrenzungsverhältnis ent-
solchen sogenannten gemischten Tätigkeit die ge- sprechend zur Anwendung zu bringen. Die Frage braucht
sonderte Behandlung der unterschiedlichen Tätigkeitsarten jedoch für die hier streitigen Erhebungszeiträume nicht
für unzulässig gehalten (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs näher erörtert zu werden, da die Entgelte für die gewerb-
VI 471/38 vom 17. August 1938 — Slg. Bd. 44 S. 324, Reichs- liche Tätigkeit im Jahre 1949 fast die Hälfte, im Jahre
steuerblatt (RStBl) 1938 S. 915 = Grundwerk zur Steuer- 1950 mehr als ?/s betragen und damit erheblich über den
rechtsprechung in Karteiform (GW-StRK) II, 372 —, VI in der Entscheidung‘ IV 200/51 U aufgestellten Maßstab
299/38 vom 29. März 1939 — SIlg. Bd. 46 S. 294, RStBl. 1939 hinausgehen. Entscheidend ist, daß sich die vom Bf. aus-
S.759 = GW-StRK III, 393 — und VI 178/42 vom 8.Juli geübten zwei Tätigkeiten unlösbar bedingen und so mit-
1942 — RStBIl. 1942 S. 907 = Mrozek-Kartei, Gewerbe- einander verflochten sind, daß der gesamte Betrieb als
steuergesetz 1936 82 Abs.1 Rechtsspruch 116 —). Auch einheitlicher angesehen werden muß. Diese Beurteilung
der erkennende Senat hat sich in dem Urteil IV 200/51 U ist um so unbedenklicher, als der Bf. in der Einspruchsbe-
vom 12. September 1951 (Slg. Bd. 55 S. 487, Bundessteuer- gründung beide Tätigkeiten als sachlich und wirtschaftlich
blatt — BStBl — 1951 III S. 197%) = Steuerrecht in Kartei- zusammengehörig bezeichnete, die nur einheitlich behandelt
form, Gewerbesteuergesetz $ 2 Abs. 1 Rechtsspruch 19) werden könnten. Scheidet hiernach die Annahme von zwei
dieser Auffassung‘ angeschlossen und zur Besteuerung von selbständigen Betrieben aus, so kann bei dem überwie-
Steuerberatern und Helfern in Steuersachen ausgeführt, genden Anteil der gewerblichen Einnahmen der ganze Be-
ihre Gesamttätigkeit sei als gewerblich anzusehen, wenn trieb nur als ein gewerblicher gewürdigt werden,
der auf die gewerbliche Betätigung entfallende Anteil am Es muß daher bei der Vorentscheidung sein Bewenden
Gesamtumsatz etwa 1!/zs übersteige. haben.
3) StZEBl. Bln. 1957 S. 646.
2) StZBl. Bln. 1952 S. 241. 4) StZBl. Bln. 1951 S. 386.
Grundsteuer aber auf Gegenvorstellungen der beteiligten Landwirte und
Urteil des BFH vom 15. März 1957 — III 17/57 S1Y. ihrer Berufsvertretung wieder in stets widerruflicher Weise
e gestattet. Hierbei mußten sich die Landwirte in einer Ver-
(StZBI. Berlin 1957 S. 900) einbarung mit dem zuständigen Amt für Verteidigungs-
& ? Rn . . lasten noch einer Reihe von Bedingungen und Beschrän-
Grundstücksflächen, die innerhalb eines In Beirich befind- kungen unterwerfen (z.B. Zutrittssperre bis zu 48 Stunden,
lichen Militärflugplatzes legen, Sind auch dann BT undsteuer Verzicht auf jeglichen Schadensersatz am Boden, an Boden-
N SUlZe ern AEE schrie Jandwirtschaftlichern erzeugnissen usw., Art der Bodennutzung). Die Fläche
5 P N selbst, für die innerhalb des Flugplatzes eine beschränkte
GrStG 88 4 Ziff. 1 Buchst. a, 6. landwirtschaftliche Nutzung zugelassen war, verringerte
Der Flugplatz X ist in den Jahren nach 1985 von der sich ständig und machte schließlich nur noch ein Fünftel
früheren deutschen Luftwaffe angelegt worden. Hierbei des ganzen Flugplatzes aus, .
wurde an einem Teil des Flugplatzgeländes eine landwirt- Mit Bescheid vom 7. Februar 1952 stellte das Finanzamt
schaftliche Nutzung zugelassen, wie das bei militärischen zum 21. Juni 1948 für eine zum Gebiet der Gemeinde T ge-
Flugplätzen — auch aus Gründen der Tarnung — üblich hörige Fläche von 146 ha (wovon damals rund 127 ha inner-
war. Die landwirtschaftliche Betreuung des Flugplatzes ob- halb und rd. 19 ha außerhalb des Flugplatzes lagen) einen
lag einem Platzlandwirt. Zur Grundsteuer wurde dieser HEinheitswert von 82 700 DM fest und führte auch eine ent-
Flugplatz wegen Benutzung für öffentlichen. Dienst nicht sprechende Veranlagung des Grundsteuermeßbetrags durch.
herangezogen. Im Mai 1945 wurde der‘ Flugplatz von der Beide Bescheide (der Einheitswertbescheid und der Grund-
Besatzungsmacht beschlagnahmt. Diese veränderte in der steuermeßbescheid) wurden rechtskräftig. Mit Schreiben
Folgezeit mehrfach die räumliche Gestaltung des Platzes, vom 23. November 1954 beantragte die zuständige Bundes-
indem sie neue Flächen hinzunahm und andere, von der vermögens- und Bauabteilung (Beschwerdeführerin
deutschen Luftwaffe seinerzeit in Anspruch genommene — Bfin. —), den Einheitswert fortzuschreiben und dabei
Flächen freigab. Die freigegebenen Flächen liegen außer- die Bewertung auf die außerhalb des Flugplatzes gelegene
halb einer Umzäunung, mit der der Flugplatz selbst um- Fläche zu beschränken. Zur Begründung führte sie an, die
friedet ist. Diese Flächen werden ohne Einschränkung land- Besatzungsmacht habe in einer Weise über die innerhalb des
wirtschaftlich genutzt. Über ihre Heranziehung zur Grund- Flugplatzes gelegenen Flächen verfügt, daß dadurch jede
steuer besteht kein Streit. andere Verwertung sowie die Verwaltung durch den Bund
Nach der Beschlagnahme durch die Besatzungsmacht ließ 2usgeschlossen worden sei. Der Antrag wurde vom Finanz-
der Platzkommandant zu, daß der frühere Platzlandwirt amt abgelehnt.
und nach dessen Weisung noch mehrere Landwirte inner- Einspruch und Berufung blieben erfolglos.
halb des Flugplatzes gelegene Flächen landwirtschaftlich Die Rechtsbeschwerde (Rb.) der Bundesvermögens- und
nutzten. Später wurde jedoch aus militärischen Gründen jeg- Bauabteilung hat Erfolg.
liche landwirtschaftliche Nutzung dieser Flächen untersagt Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß
_ die Weiterbenutzung eines Flugplatzes der früheren deut-
1) BStBl. 1957 III S. 188. schen Wehrmacht für militärische Zwecke einer Besatzungs-