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Volume Nummer 33, 26. April 1956

Full text: Steuer- und Zollblatt für Berlin (Public Domain) Ausgabe 6.1956,1 (Public Domain)

Steuer- und Zollblatt für Berlin 6. Jahrgang Nr.33 26. April 1956 405 
D. Rechtsprechung 
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs 
Zu nicht benachteiligt werden gegenüber einer massiven Wer- 
Urteil des BFH vom 26. Juli 1955 — V z 141/54 U*). bung, die mehr eine marktschreierische Form wähle. 
Die Rb. ist begründet. 
(StZEI. Berlin 1956 8. 403) Die im Streitfalle zu beurteilende Druckschrift ist ein 
A . 7 : Aufsatz von Mitgliedern der Psychiatrisch-neurologischen 
AUSSDZCHTIIGN nt NEE ONE SL Werbemittel ©ncS Universitätsklinik Wien über die Behandlung von Rieidität 
Werbedruckes dann, wenn er sich aus den gesamfen UM- „ng Spastizität mit X. In der Abhandlung stellen die Ver- 
ständen unschwer erkennen 1äßt, fasser zum Schluß fest, daß das neue Präparat X eine 
ZG 8 69 Abs. 1 Ziff. 24 a. wesentliche Beeinflussung der Rigidität und weniger deut- 
ME . : ng lich auch der Spastizität bewirke, ohne Nebenerscheinungen 
Die Beschwerdeführerin. (Bfin.) ließ am 283. April 1954 vortragen werde und hiermit eine wertvolle Bereicherung 
eine Kiste mit 2 kg Arzneiwaren (X-Tabletten) verzollen tperapeutischer Behandlungswege bei diesen Krankheits- 
und stellte gleichzeitig gemäß 8 69 Abs.1 Ziff.24a deS pildern darstelle. Damit wird etwas über das Mittel X aus- 
Zollgesetzes (ZG) den Antrag auf Zollfreischreibung von gesagt, was geeignet ist, zu seiner Verwendung anzuregen. 
4 500 Stück Werbeprospekten (Separatabdrucken aus der Darin liegt auch eine Anregung zum Kaufe dieses Mittels. 
Wiener Medizinischen Wochenschrift), die mit den Arznei- Das ist der typische Fall einer Werbung. Daß die Werbung 
waren in der Kiste verpackt aus Österreich eingegangeN ;n der Form eines wissenschaftlichen Aufsatzes geschieht, 
waren. Die Zollzweigstelle ließ die Prospekte als Ware der steht ihrem Charakter als Werbemittel nicht entgegen, zu- 
Tarifnr. 4912 — B vorläufig zollfrei, forderte aber dann mal da auch die Bfin. unwiderlegt dargetan hat, daß es im 
auf Grund des Untersuchungszeugnisses der Zolltechnischen pharmazeutischen Handelszweig üblich sei, in dieser Form 
Prüfungs- und Lehranstalt vom 15. April 1954, in welchem „71 werben. 
die Ware als „andere Drucke“ im Sinne der Tarifnr. 4912-D ) . . 
bezeichnet wurde, mit Berichtigungssteuerbescheid vom _ Um die Zollbefreiung zu bewirken, ist nach $ 69 Abs. 1 
14. Mai 1954 Eingangsabgaben in Höhe von 19,70 DM nach. Ziff. 24a ZG u.a. auch gefordert, daß der Charakter als 
Werbemittel augenscheinlich ist. Auch diese Voraus- 
Die Anfechtung hatte keinen Erfolg, weil die Vorinstanz setzung bejaht der erkennende Senat. Der Begriff „augen- 
den Prospekten den augenscheinlichen Charakter als scheinlich“ ist nicht wörtlich zu verstehen. Es wäre über- 
Werbemittel absprach und auch das Vorliegen der weiteren spitzt, zu fordern, daß das Erkennen des Charakters als 
Voraussetzung der Ziff. 24a des $ 69 Abs.1 ZG, den Werbemittel bereits auf den ersten oberflächlichen Blick 
wesentlichen Zweck, zum Kaufe der X-Tabletten anzu- hin möglich sein müßte. Das Erfordernis der Augenschein- 
regen, verneinte. lichkeit kann nur bedeuten, daß die Schrift nach den ge- 
N samten Umständen unschwer als Werbemittel erkenn- 
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird geltend gemacht, par sein muß. Eine Prüfung des Inhalts der Druckschrift 
daß die Abdrucke im Auftrage der Firma die Erzeugerin muß den Charakter als Werbemittel offenbar werden 
des in Betracht kommenden Heilsmittels X sei, in Öster- jassen. Schon die oben dargestellte, am Schlusse der Ab- 
reich hergestellt und kostenlos zu Werbezwecken an die handlung getroffene Feststellung, daß das Mittel X eine 
Bfin. geliefert worden seien und von dieser an Ärzte, Kran- wertvolle Bereicherung therapeutischer Behandlungswege 
kenanstalten usw. kostenlos mit einem kurzen Begleit- pej den näher bezeichneten Krankheiten darstelle, läßt mit 
schreiben weitergegeben würden. Es sei in der pharma- hinreichender Deutlichkeit erkennen, daß mit der Druck- 
zeutischen Branche üblich, solche Sonderabäürucke medi- schrift für das Mittel geworben werden soll. Hinzu kommt, 
zinischer Zeitschriften herzustellen und an Ärzte und Kran- qgaß der 4 Seiten umfassende, ausdrücklich als „Separatab- 
kenanstalten zu verteilen mit dem Ziele, diese Interessenten gruck“ bezeichnete Aufsatz über die Behandlung mit X in 
zur Verwendung und Verordnung der in den Abdrucken be- 4500 Exemplaren zusammen mit dem Heilmittel, den X-Ta- 
zeichneten Medikamente anzuregen. Diese Art dezenter bletten, und zwar in der gleichen Kiste verpackt, einge- 
Reklame sei geradezu typisch für die pharmazeutische xangen ist. Absender des Heilmittels und der Prospekte 
Branche, außerdem sei diese Art Reklame der klinischen war die pharmazeutische Fabrik in Österreich, 
Erprobung die beste und aussichtsreichste. Empfänger die Apotheke in ......, die, wie aus der 
. ee 2 x % .. Rechnung vom 12. März 1954 zu ersehen ist, um die Über- 
Eine medizinische Zeitschrift als Ganzes Sei War kein sendung der Prospekte gebeten hatte. Bei dieser Sachlage 
Werbedruck, jedoch schließe die Tatsache, daß ihre Dar- „onnten keine begründeten Zweifel an dem Charakter als 
legungen sachlicher Natur seien, nicht aus, daß einzelne worpemittel bestehen, er war nach den gesamten: Um- 
Abhandlungen, die sich mit neuen Arzneimitteln befaßten, +xngen offensichtlich. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift 
werbenden Charakter hätten. Es sei eine augenscheinliche des 8 69 Abs.1 Ziff. 24a ZG, die mit dazu beitragen soll 
Reklame, wenn derartige Abhandlungen wegen ihrer 3. . N KATrEn . ©. . 
Werbetendenz aus dem Sammelheft herausgenommen und Ss EC AU nd EN 00 20 En er 
in vielen Tausenden Exemplaren an Fachkreise verteilt au ens cheinlich“ echt Zu eng ausgel N d 5 
würden. Wesentlicher Zweck der vorliegenden Druck- ” 8 eng ausgelegt werden. 
schriften sei es daher, zum Kaufe des Heilmittels anzu- Da auch die weiteren Voraussetzungen der Ziff. 24 a des 
regen. Dieser Zweck, den die Vertriebsfirma in Deutsch- $ 69 Abs.1 ZG gegeben sind, hat die Bfin. einen Rechts- 
land mit den Druckschriften verfolge, sei zu offensichtlich, anspruch auf zollfreie Ablassung der eingeführten Pro- 
als daß er besonderer Darlegungen bedürfte. Die saubere, spekte. 
im Interesse der Volksgesundheit liegende. sachliche Re- . x HE 
klame der pharmazeutischen Branche dürfe zollrechtlich UNE CCUEPESCHENT Mr U IT ar 
—_ aufzuheben und die Bfin. freizustellen. Die Kostenent- 
*) BStBl. 1955 III S. 311. scheidung beruht auf 8 309 der Reichsabgabenordnung. 
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