328 Steuer- und Zoliblatt für Berlin 6. Jahrgang Nr.28 %. April 1956
hoch gewesen sei. Eine Prämie sei nicht nur dann unver- die auf unverdiente Versicherungsentgelte entfallende Ver-
dient, wenn der Versicherer in einem bestimmten Zeitraum sicherungsteuer steht keineswegs im Gegensatz zu 8 1
überhaupt kein Wagnis getragen habe, sondern auch dann VersStG, der mit der Besteuerung des Versicherungsent-
und insoweit, als das Versicherungsentgelt im Verhältnis gelts einen Versicherungsumsatz steuerlich erfassen will,
zum Umfang des Wagnisses zu hoch festgesetzt gewesen der bei verdienten Prämien immer gegeben ist.
sei, Im Gegensatz zur Auffassung der Bfin. ist die weitere
Die Rb. hat keinen Erfolg Frage, ob im Streitfall die Versicherungsentgelte unver-
Zu bejahen ist zunächst die Frage, ob sich die Erstat- dient waren, zu verneinen. Denn entgegen der Ansicht der
tungsvorschrift des 810 Abs.1 VersStG nur. auf unver- Bfin. kommt schon dem Umstand, daß die Rückvergütung
dientes Versicherungsentgelt bezieht, wie das in der Be- bei nicht schadensfreiem Verlauf der Versicherung nicht
gründung des Gesetzes mit den Worten „Die Vorschrift gewährt wird, eine ausschlaggebende Bedeutung für die
.... betrifft nur Fälle, in denen der Versicherer dem Ver- Entscheidung der Frage zu, ob das Versicherungsentgelt
sicherungsnehmer unverdiente Prämien zurückvergütet“ Unverdient war oder nicht. Bei der Entrichtung des Ver-
zum Ausdruck kommt. Entgegen der Auffassung der Bfin. Sicherungsentgelts stand fest, daß bei nicht schadensfreiem
ist nämlich in der Begründung keineswegs etwas gesagt, Verlauf der Versicherung der Versicherungsnehmer keinen
was nicht auch aus dem Gesetz entnommen werden kann. Anspruch auf Erstattung eines Teiles des Versicherungs-
Zwar läßt die Vorschrift des 810. Abs. 1 VersStG für entgelts hat. Insoweit hatte das Versicherungsentgelt un-
sich allein nicht ohne weiteres erkennen, daß nur die auf Zweifelhaft keinen vorläufigen Charakter. Bei nicht scha-
unverdientes Versicherungsentgelt entfallende Versiche- densfreiem Verlauf der Versicherung ist also das Ver-
rungsteuer zu erstatten ist. Wohl aber ist aus 810 Abs. 2 Sicherungsentgelt als im vollen Umfang verdient an-
a.a.O., der nur Fälle einer verdienten Prämie betrifft und Zusehen, und zwar auch dann, wenn es etwa nach dem
der sich im Verhältnis zum Abs.1 nicht etwa als Aus- Verlauf der gesamten Risiken bezogen auf die gesamte
nahmevorschrift darstellt, sondern „zur Vermeidung von Prämieneinnahme nach ihrer Höhe unangemessen hoch
Mißverständnissen“ dient (vgl. Begründung zu $ 17 gewesen sein sollte. Ob nun die Versicherung im einzelnen
VerStG 1922, der sachlich dem 810 Abs.1l und 2 VerStG Falle einen schadensfreien Verlauf nehmen würde, war bei
1937 entspricht), in Verbindung mit Abs.1 der Wille des der Entrichtung des Versicherungsentgelts und während
Gesetzes zu entnehmen, daß eine Erstattung nur in den des ganzen Versicherungszeitraums bei jedem Versiche-
Fällen der Zurückzahlung unverdienter Prämien zugelassen "ungsnehmer ebenso ungewiß, wie die Frage, ob sich ein
sein soll. Dieser Wille hat in der Begründung seinen Aus- technischer Mindestüberschuß im Sinn der preisrechtlichen
druck gefunden. Auch: die Rechtsprechung zum Reichs- Bestimmungen ergeben würde. Der Versicherer hatte‘ so-
stempelgesetz hat die Anwendung der grundsätzlich glei- mit bei jedem Versicherungsnehmer das volle Wagnis für
chen Erstattungsvorschrift ($ 206 der Bundesrats-Ausfüh- den bei jedem Versicherungsnehmer möglichen nicht scha-
rungsbestimmungen zum Reichsstempelgesetz 1913) beim densfreien Verlauf der Versicherung getragen. Dieses volle
Vorliegen einer „verdienten Risikoprämie“ verneint (vgl. Wagnis blieb während des ganzen Versicherungszeitraums
Urteil des Reichsfinanzhofs II A 45/20 vom 16. Juli 1920, bestehen. Daran wird nichts dadurch geändert, daß bei
Slg. Bd. 3 S. 203). Die Ausführungen, die die Bfin. zur Be- Schadensfreiem Verlauf der Versicherung im Fall eines
gründung ihrer gegenteiligen — bisher im Schrifttum und technischen Überschusses im Sinn der preisrechtlichen Be-
in der Rechtsprechung noch nicht vertretenen — Auf- Stimmungen das Versicherungsentgelt nachträglich. er-
fassung macht, schlagen. demgegenüber nicht durch. Die Mäßigt wurde und diese Ermäßigung schon vorher vor-
Auslegung von Gesetzen darf allerdings keine solche ent- Besehen war, Aus diesem Grunde ist das Versicherungs-
gegen dem Wortlaut sein, es sei denn, daß die Auslegung Entgelt bei jedem der in Betracht kommenden Versiche-
nach dem Wortlaut zu einem sinnwidrigen Ergebnis füh- rungsnehmer als voll verdient anzusehen.
ren würde. Die Auslegung darf aber andererseits auch Hiernach erübrigt sich ein Eingehen auf das sonstige
nicht am Wortlaut haften, sondern hat den wirklichen Vorbringen der Bfin., insbesondere auch auf das Vorbringen
Willen des Gesetzes sowie den Sinn und Zweck des Gesetzes über den behaupteten vorläufigen Charakter der Versiche-
zu erforschen (vgl. z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs rungsentgelte im Streitfall und über den Zeitpunkt der
II ZR 126/50 vom 23. Mai 1951, Der Betriebsberater 1951 Entstehung, den Grund und die Art des Rückvergütungs-
S. 542). Die Beschränkung der Erstattungsmöglichkeit auf anspruchs.
F. Nichtamtlicher Teil
Hinweise | 16. 3. 1956 Verordnung über die Gewährung von
auf Veröffentlichungen im Gesetz- und Verordnungsblatt Betriebsbeihilfe für Betriebe des Berg-
für Berlin. baues, für Torf, Steine und Erden för-
? dernde Betriebe, für Betriebe aller Art
die von steuerlicher Bedeutung sind. zum Antrieb von Maschinen. zur Strom-
erzeugung sowie für Betriebe der öffent-
(StZBI. Berlin 1956 S. 328) lichen Wasserversorgung (Gasöl-Be-
triebsbeihilfe-VO-Wirtschaft)
Es sind veröffentlicht: und
Verordnung über die Gewährung von
Am 17. März 1956 im Heft Nr. 19: Betriebsbeihilfe für Verkehrsbetriebe
mit _schienengebundenen Fahrzeugen
2. 3. 1956 Verordnung zur Änderung der Verord- (Gasöl-Betriebsbeihilfe-VO-Schienenver-
nung über Zollbegünstigungen zur För- kehr) . =... 255
derung des Luftverkehrs (Luftfahrtbe-
triebsstoffe) und der Verordnung zur Am 29. März 1956 im Heft Nr. 21:
Durchführung des Mineralölsteuerge- 17. 3. 1956 Einundfünfzigste Verordnung über Zoll-
setzes .. ... .... 245 satzänderungen (Konjunkturpolitische
Zollsenkung — 2. Teil) ............... 265
Am 26. März 1956 im Heft Nr. 20: 24. 3. 1956 Verordnung zur Änderung der Einkom-
16. 3. 1956 Gesetz zur Übernahme des Sechsten Ge- mensteuer-Durchführungsverordnung .. 268
setzes zur Änderung. des Umsatzsteuer- 24.3. 1956 Fünfte Verordnung über Erläuterungen
ZeselZeS 1 elekelnrein 249 zum Zolltarif „..... - 7 7269
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